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Chronische Pankreatitis lässt sich nicht aufhalten

Fortschreitende irreversible morphologische und funktionelle Veränderungen charakterisieren die chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung. Auf dem Boden einer entsprechenden genetischen oder anatomischen Prädisposition sind es häufig zusätzliche Umweltfaktoren wie Alkoholmissbrauch und Rauchen, die der Erkrankung Vorschub leisten. Etwa die Hälfte der Patienten berichtet von akuten Pankreatitiden in der Vorgeschichte – zunehmend stößt man aber auch auf Betroffene mit leerer Anamnese ohne Abdominalschmerzen, schreibt das Team um den Gastroenterologen Dr. Phil A. Hart vom Ohio State University Wexner Medical Center in Columbus, USA.
Alkohol als Ursache nur bei jedem Zweiten
Lange Zeit galt Alkoholmissbrauch als primärer ätiologischer Faktor. Heute weiß man, dass bei mehr als der Hälfte der betroffenen Patienten Alkohol als Ursache keine wesentliche Rolle spielt. Zudem muss der Konsum schon ziemlich hoch sein, um das Risiko für eine chronische Pankreatitis zu erhöhen: schätzungsweise 4–5 alkoholische Getränke pro Tag konsistent über fünf Jahre. Relativ neu ist die Erkenntnis, dass Rauchen ein dosisabhängiger Risikofaktor sowohl für die akute als auch für die chronische Pankreatitis ist. Zunehmend findet man auch genetische Risikofaktoren für die Pankreatitis.
Da es zurzeit keine Möglichkeit gibt, den Krankheitsverlauf zu stoppen, geht es bei der Therapie vor allem darum, mögliche Komplikationen zu verhindern und die Beschwerden der Patienten zu lindern. Das häufigste Symptom der chronischen Pankreatitis ist der Abdominalschmerz, der meist epigastrisch mit Ausstrahlung in den Rücken auftritt, aber auch sehr variabel sein kann.
An erster Stelle sollten behandelbare Ursachen wie Pankreasgang-Obstruktionen durch Steine endoskopisch oder chirurgisch angegangen werden. Liegt keine Obstruktion vor oder ist der Schmerz nicht sehr ausgeprägt, ist eine medikamentöse Therapie angezeigt. Wenige kontrollierte Studien gibt es in dieser Indikation zu Antioxidanzien und Pregabalin. Antioxidanzien wie Vitamin A, C und E, Selen und Methionin sollen den systemischen oxidativen Stress und damit die schmerzauslösende Gewebeischämie reduzieren. Zwei große Studien brachten hier unterschiedliche Ergebnisse. Pregabalin hat im Vergleich zu Placebo eine Verbesserung der Schmerz-Scores gezeigt – die Anwendung ist aber durch zentralnervöse Nebenwirkungen eingeschränkt. In der Praxis wird daher zumeist nach dem WHO-Stufenschema zur Schmerzbekämpfung verfahren.
Auch für die häufiger angewandte Coeliacus-Plexus-Blockade ist die Datenlage schwach. Bei Patienten, die darauf ansprechen, hält der schmerzlindernde Effekt meist 3–4 Monate an. In Einzelfällen mit nicht kontrollierbaren Schmerzen kann eine totale Pankreatektomie in Verbindung mit einer Inselzell-Autotransplantation in Erwägung gezogen werden.
Eine weitere häufige Komplikation der chronischen Pankreatitis ist der Diabetes mellitus, der eine Punktprävalenz von 40 % aufweist und bei 80 % der Patienten nach mehreren Jahren im Verlauf auftritt. Es wird daher ein jährliches Diabetes-Screening empfohlen. Bei schwerer Hyperglykämie ist in der Regel eine Insulintherapie erforderlich – bei leichteren Formen kann auch zuerst ein Versuch mit Metformin gemacht werden.
Im Langzeitverlauf sind 70 % der Patienten von einer exokrinen Pankreasinsuffizienz betroffen. Diese macht sich vor allem durch eine Fett-Malabsorption bemerkbar. Milde Formen können mit Blähungen und abdominellen Beschwerden einhergehen – bei ausgeprägten Formen kommt es zu Fettstuhl und Gewichtsverlust.
Die Diagnostik der exokrinen Pankreasinsuffizienz ist nicht einfach. Die Bestimmung des Fettgehalts im Stuhl ist der Goldstandard, ist aber mit einer Stuhlsammlung über 72 Stunden sehr aufwendig. Die Bestimmung der fäkalen Elastase führt bei Diarrhö aufgrund des Verdünnungseffektes zu falsch negativen Resultaten. Häufig wird daher in der Praxis die Enzymsubstitution aufgrund der Symptome und hoher Vortestwahrscheinlichkeit eingeleitet. Zu Hauptmahlzeiten werden 25 000–50 000 Einheiten Lipase verabreicht, wobei die Dosis bis zur Besserung der Symptome gesteigert wird. Führt auch dies nicht zum Erfolg, können zusätzlich PPI verabreicht werden.
Bei Diagnosestellung die Knochendichte messen
Etwa 65 % der Patienten mit chronischer Pankreatitis leiden unter einer Osteopenie oder Osteoporose, das Risiko für Frakturen ist erhöht. Dies kann zum einen an gemeinsamen Risikofaktoren, zum anderen aber auch an der chronischen Inflammation und am Vitamin-D-Mangel liegen. Eine Knochendichtemessung als Basisuntersuchung bei Diagnosestellung erscheint daher sinnvoll. Die Therapie der pankreatitisassoziierten Osteopathie unterscheidet sich nicht von der üblichen Osteoporose-Behandlung.
Auch anatomische Komplikationen können sich entwickeln und chirurgische Interventionen erforderlichmachen. Dazu gehören Milzvenenthrombosen, Pankreaspseudozysten, Dünndarmverschlüsse und Gallengangsobstruktionen.
Das Risiko für ein Pankreaskarzinom ist mit einem Lebenszeitrisiko von 4–5 % deutlich erhöht. Ein regelmäßiges Screening wird zwar nicht empfohlen. Allerdings sollte man hellhörig werden, wenn Patienten z.B. berichten, dass sich ihre Schmerzen verändert oder sie Gewicht verloren haben.
Quelle: Hart PA et al. Am J Gastroenterol 2020; 115: 49-55; DOI: 10.14309/ajg.0000000000000421
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