COPD: „Ich kenne kein Medikament, das so etwas schafft“

Manuela Arand

Rauchstopp ist ein ganz alter Hut, der aber nichts von seiner Aktualität verloren hat. Rauchstopp ist ein ganz alter Hut, der aber nichts von seiner Aktualität verloren hat. © iStocl/Sezeryadigar

Über der intensiven Diskussion um die optimale Pharmakotherapie bei COPD wird eines leicht vergessen: Nicht-medikamentöse Maßnahmen bringen mehr als die Arzneimittel leisten können.

Obwohl die Palette der Therapieoptionen bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung immer breiter wird, braucht es in der Regel kein aufwendiges Assessment mit Dutzenden von Untersuchungen und Scores, um eine gute Therapie anbieten zu können. Privatdozent Dr. Tobias Müller, Oberarzt in der Pneumologie am Uniklinikum Aachen, erläuterte die Basics.

Rauchstopp ist ein ganz alter Hut, der aber nichts von seiner Aktualität verloren hat“, so Dr. Müller. Eine Beobachtungsstudie an knapp 6000 Rauchern mit milder Bronchialobstruktion – also vermutlich einer beginnenden COPD – belegt das: Wer es schaffte, dauerhaft aufzuhören, reduzierte sein Risiko deutlich, an einer pulmonalen Ursache zu sterben. Teilnehmer, denen der Ausstieg wenigstens zeitweise gelang, fuhren immer noch besser als die, die weiter rauchten.

ICS/LABA konnte die Mortalität nicht senken

Interessant auch eine weitere Arbeit, die dokumentiert, wie sich der Verlust an Lungenfunktion über die Zeit durch den Verzicht auf die Zigarette entwickelt. Im ersten Jahr gewannen Ex-Raucher sogar ein bisschen Lungenfunktion zurück, dann ging es in beiden Gruppen bergab. Während Raucher aber im Schnitt 62 ml der Einsekundenkapazität (FEV1) pro Jahr verloren, verlief die Kurve bei Ex-Rauchern exakt halb so steil mit 31 ml im Jahr.

Dr. Müller erinnerte in diesem Zusammenhang an die SUMMIT-Studie, die eigentlich zeigen sollte, dass eine ICS/LABA-Kombination die Mortalität senken kann. Das klappte nicht, sodass die Autoren als Erfolg der Studie lediglich eine Reduktion des FEV1-Abfalls im Vergleich zu Placebo um 8 ml/Jahr vorzuweisen hatten. „Das ist klinisch nicht besonders relevant – die 30 ml nach Rauchverzicht schon“, meinte der Pneumologe.

Körperliche Aktivität zu steigern, ist das zweite wichtige Ziel. Denn der COPD-Patient, der sein Sofa nicht mehr verlässt, lebt hochgefährlich, wie eine prospektive Kohortenstudie ergab. In der aktiven Gruppe gab es praktisch keine Todesfälle, die mit „sitzendem“ Lebensstil überlebten zu 90% den Beobachtungszeitraum von 4,5 Jahren. Von den sehr inaktiven Probanden dagegen war am Ende jeder Vierte gestorben.

Behandlung leicht gemacht
Behandlung leicht gemacht
Medikamentöse Therapie
Rauchentwöhnungprimär Bronchodilatation
RehabilitationICS für bestimmte Patienten
körperliche AktivitätInhalationstechnik überprüfen!

Leichter gesagt als getan. COPD-Kranke sind oft kardiopulmonal eingeschränkt und lehnen aus Angst vor der Dyspnoe jede Form von Bewegung ab. Hier kommt die pneumologische Rehabilitation ins Spiel, die für jeden Patienten zumindest dann empfohlen wird, wenn er wegen einer akuten Exazerbation im Krankenhaus gelandet ist. Die number needed to treat ist dabei extrem niedrig: Um eine Rehospitalisierung in den nächsten 25 Wochen zu verhindern, liegt sie bei 4, um einem Todesfall in zwei Jahren vorzubeugen bei 7. „Ich kenne kein Medikament, das so etwas schafft“, betonte Dr. Müller. Die medikamentöse Therapie stützt sich laut internationalem GOLD-Report und deutscher Leitlinie auf lang wirksame Bronchodilatatoren. Die Frage, ob und welche Patienten profitieren, wenn sie zusätzlich ein inhalatives Steroid erhalten, ist immer noch nicht abschließend geklärt. In der Diskussion steht die Eosinophilen-Zahl im Blut als Biomarker, wobei der optimale Cut-off offen ist. Auf jeden Fall sollte die Verordnung auf Patienten beschränkt bleiben, die unter optimaler Bronchodilatation weiter exazerbieren.

Wichtiger als die Wirkstoffe ist das richtige Device

Als Argument gegen ICS wird oft das erhöhte Pneumonierisiko ins Feld geführt. Aber: „Pneumonien sind gefürchtet bei COPD, kommen aber seltener vor als akute Exazerbationen“, betonte Dr. Müller. Außerdem lässt sich das Risiko minimieren, wenn die ICS-Dosis niedrig gehalten und das Risikoprofil des Patienten beachtet wird. Als gefährdet gelten Patienten im höheren Lebensalter, mit schwerer COPD oder einem BMI unter 25kg/m2, vor allem wenn sie bereits eine Pneumonie durchgemacht haben. Wichtiger als die eingesetzten Wirkstoffe ist die Wahl des richtigen Device für den einzelnen Patienten und die Anleitung, wie er es handhaben muss. Als hilfreich empfahl der Kollege die Videos der Deutschen Atemwegsliga, die es für jeden verfügbaren Inhalator gibt. Patienten können sie im Internet z. B. auf YouTube aufrufen und immer wieder prüfen, ob sie noch korrekt mit ihrem Device umgehen.

Sauerstoff-Langzeittherapie und nicht-invasive Beatmung

Die Sauerstoff-Langzeittherapie (LTOT) steht in der Diskussion, seit eine Studie gezeigt hat, dass sie bei unkritischer Anwendung keinen Nutzen bringt. Die aktuelle Empfehlung lautet, die Indikation spätestens nach drei Monaten zu überprüfen, wenn Patienten nach akuter Exazerbation mit LTOT das Krankenhaus verlassen haben. Vier von zehn Patienten erfüllen die Kriterien für eine Weiterverordnung dann nämlich nicht mehr. Wenn zur Überprüfung der Indikation die Blutgase analysiert werden, sollte man auch einen Blick auf das CO2 werfen, riet Dr. Müller. Hyperkapnische Patienten können nämlich erheblich von einer nicht-invasiven Heimbeatmung (NIV) profitieren. Die Zeit bis zur nächsten exazerbationsbedingten Einweisung wird dadurch beträchtlich verlängert. Deshalb wird im aktuellen Update der S2k-Leitlinie zur ambulanten Beatmung bei respiratorischer Insuffizienz empfohlen, bei fortgeschrittener COPD nach beatmungspflichtiger Exazerbation die Indikation für die NIV zu prüfen.

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Rauchstopp ist ein ganz alter Hut, der aber nichts von seiner Aktualität verloren hat. Rauchstopp ist ein ganz alter Hut, der aber nichts von seiner Aktualität verloren hat. © iStocl/Sezeryadigar