Den Narkoleptiker von der Schnarchnase unterscheiden

Dr. Alexandra Bischoff

Nachts schlief der 52-Jährige schlecht, dafür nickte er am Tag immer wieder weg. Nachts schlief der 52-Jährige schlecht, dafür nickte er am Tag immer wieder weg. © iStock/andresr

Leidet Ihr Patient an Tagesmüdigkeit, Einschlafattacken und Schlafstörungen? Dies könnten Anzeichen einer Narkolepsie sein, die mit erheblichen Defiziten im Alltag einhergeht. Untersuchungen im Schlaflabor sichern die Diagnose.

Aufgrund erhöhter Tagesschläfrigkeit mit imperativen Einschlafattacken stellte sich ein 52-Jähriger in der neurologischen Abteilung eines Krankenhauses vor. Die Attacken traten insbesondere während monotoner Tätigkeiten auf und dauerten 15–30 Minuten. Seine nächtliche Gesamtschlafdauer gab der Mann mit sechs Stunden an, ohne jedoch durchschlafen zu können. Morgens fühlte er sich dann wie erschlagen.

Überdrucktherapie linderte die Beschwerden nicht

Zudem berichtete er über unwillkürliche muskuläre Verkrampfungen und ein Gefühl des „Weichwerdens“ der Extremitäten beim Lachen. Da vor einigen Jahren der konsultierte Kollege den Verdacht einer schlafbezogenen Atmungsstörung geäußert hatte, war damals eine Überdruck­therapie mittels Continuous Positive Airway Pressure erfolgt. Sie hatte die Symptome jedoch nicht gebessert.

Das vermeintliche Schlaf-Apnoe-Syndrom ließ sich in der Polysomnographie nicht bestätigen, schreibt der Neurologe Dr. Reinhard­ Stark­ vom Bundeswehrkrankenhaus Hamburg. Die Organdiagnostik zeigte keine Auffälligkeiten und auch Stoffwechselstörungen oder psych­iatrische Begleiterkrankungen lagen nicht vor. Dagegen war der Hypocretinspiegel im Liquor mit 44 pg/ml­ deutlich niedriger als der Normalwert von über 110 pg/ml. Der multiple Schlaflatenztest ergab mehrere verfrühte REM-Schlafphasen (SOREM, Sleep-Onset-Rapid-Eye-Movement).

Die Vigilanztestung bestätigte die Monotonieintoleranz und erhöhte Einschlafneigung, da in den Testverfahren SLEEP® und Vigil®­ nur Werte zwischen 4 % und 20 % erreicht wurden. Bis 15 % spricht man von einer unterdurchschnittlichen Leistung. Zudem betrug der Pupillenunruheindex in der Pupillographie 13,8, der Normalwert liegt bei etwa 6,6.

Als wegweisend für die Diagnose „monosymptomatische Narkolepsie mit beginnender Kataplexie“ erwiesen sich der niedrige Hypocretinwert, die mehrfachen SOREM-Phasen und der Ausschluss anderer Ursachen.

Dem Patienten wurde daraufhin eine Tagesstrukturierung empfohlen:

  • Schlafhygiene mit ausreichend Nachtschlaf
  • regelmäßige Schlafzeiten
  • mehrfache Tagesnickerchen von optimalerweise zehn Minuten (bis maxi­mal 30 Minuten)
  • Schlaftagebuch
  • Alkohol meiden

Die medikamentöse Therapie umfasste zu Beginn 100 mg Modafinil morgens bis hin zu 200 mg/Tag im Verlauf. Regelmäßig erfolgten eine EKG-Kontrolle sowie Blutdruck-, Blutbild-, Leber- und Nierenwertbestimmungen. Zudem wurde der Patient bis auf Weiteres für fahruntauglich erklärt.

Er besuchte anschließend quartalsweise die Schlafsprechstunde und berichtete, dass sich u.a. die Tagesmüdigkeit gebessert hatte und Einschlafattacken verschwunden waren. Laut dem Neurologen spiegelte sich die Entwicklung auch in den Ergebnissen der Testdiagnostik wider.

Die Prävalenz der Narkolepsie liegt zwischen 26 bis 50 pro 100 000 Einwohner, wobei die Dunkelziffer trotz eindeutiger Diagnosekriterien hoch sein dürfte. Die chronische Erkrankung zählt zu den hirn­organischen Funktionsstörungen mit einem pathologisch veränderten Schlaf-Wach-Rhythmus und beginnt meist schleichend zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr. Die Ursache ist bis dato ungeklärt.

Diagnose der Narkolepsie mit Kataplexie

  • über mindestens drei Monate (beinahe) tägliche intensive Tagesschläfrigkeit
  • Kataplexie liegt vor
  • Bestätigung über niedrigen Hypo­cretin-1-Spiegel oder Schlaflatenztest (mittlere Einschlafdauer unter acht Minuten, mindestens zwei SOREM-Phasen)

Nach der dritten Fassung der International Classification of Sleep Disorders

Zu Beginn tritt meist nur die Tagesschläfrigkeit auf

Typischerweise leiden die Betroffenen tagsüber an Einschlafattacken, Kataplexien, Schlaflähmungen und/oder Hypnagogie. Jedoch weist nur etwa ein Drittel der Patienten alle Symptome auf. Anfangs dominiert häufig monosymptomatisch die Tagesschläfrigkeit, bevor im Laufe der Jahre die genannten Symptome hinzukommen. Der Spiegel des Hormons Hypocretin-1 (Orexin A) ist bei vorliegenden Kataplexien erniedrigt, bei fehlenden Kataplexien jedoch nur in 10–20 % der Fälle. Die Diagnostik sollte in einem Schlaflabor mit neurologischer Expertise erfolgen. Die Tagesschläfrigkeit wird abgesehen von Modafinil mit Methylphenidat behandelt. Bei den mit REM-Schlaf assoziierten Symptomen haben sich Clomi­pramin und Natriumoxybat bewährt. Zudem sollten die Patienten auf eine konsequente Schlafhygiene achten. Dennoch sind Spon­tanremissionen möglich, betont Dr. Stark.

Quelle: Stark R. Wehrmedizinische Monatsschrift 2017; 118-126

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Nachts schlief der 52-Jährige schlecht, dafür nickte er am Tag immer wieder weg. Nachts schlief der 52-Jährige schlecht, dafür nickte er am Tag immer wieder weg. © iStock/andresr