Der Fuchsbandwurm „fuchst“ Leber, Hirn und Lunge

Michael Brendler

Da steckt der Wurm drin: Diese 2–6 cm großen Zysten steckten in einer Lunge. Da steckt der Wurm drin: Diese 2–6 cm großen Zysten steckten in einer Lunge. © CDC

Keine Rarität mehr: Seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen der alveolären Echinokokkose in Deutschland verdreifacht. Bei Verdacht sollten Ärzte als erstes zum Ultraschall greifen.

Ein Parasit, der infiltratriv wächst und sogar zu Metastasen führt – der Fuchsbandwurm konnte einen schon immer das Fürchten lehren. In den letzten Jahren zeigte sich, dass man Echinococcus multilocularis bisher womöglich sogar noch unterschätzt hat. Er ist viel häufiger als angenommen, wahrscheinlich muss man die Zahl der Infizierten um den Faktor 10 nach oben korrigieren. Bisher wurde die Inzidenz auf zwei Fälle pro eine Million Einwohner taxiert. Doch in einem von 500 Blutseren finden sich Zeichen einer früheren oder aktuellen Infektion.

Der Fuchsbandwurm fühlt sich hierzulande wohl

Die Zahl der symptomatischen Infektionen hat in den letzten zehn bis zwanzig Jahren in Deutschland deutlich zugenommen. Elf Fällen im Jahr 2001 stehen 36 Fälle 2016 gegenüber. Die Inzidenz schwankt jedoch mit den Jahren stark.

Quelle: Robert Koch-Institut. SurvStat@RKI 2.0

Als Grund für diese Fehleinschätzung vermutet die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Guido­ Beldi­ von der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin am Inselspital Bern, dass das menschliche Immunsystem besser als erwartet mit dem Parasiten zurechtkommt. Abortierte Leberläsionen, also vom Immunsystem erfolgreich abgewehrte Attacken, sind kein ungewöhnlicher Zufallsbefund. Dafür, dass die Abwehrzellen den Erreger zumindest zügeln können, spricht auch der fulminante Verlauf, den die Infektionen oft bei immunsupprimierten Patienten nehmen. „Wir nehmen an, dass von 100 immunkompetenten Personen durchschnittlich nur einer an alveolärer Echinokokkose erkrankt“, schreiben die Autoren.

Endoparasit wird durch Hunde verbreitet

Dass sich Echinococcus multilocularis immer weiter verbreitet, könnte zum einen an der zunehmenden Zahl an Füchsen liegen, die man den erfolgreichen Tollwut-Bekämpfungsprogrammen und der vermehrten Urbanisierung der Tiere zuschreibt. Zum anderen, dass die Würmer sich zunehmend unter Hunden verbreiten, die sie wiederum in neue Regionen tragen. Mittlerweile findet man u.a. auch bei Affen in Zoos, Bibern und Hasen immer häufiger den Endoparasiten. Zusätzlich hat wohl auch die Medizin selbst dem Fuchsbandwurm ein Stück weit den Weg bereitet.

Mit der Zunahme immunmodulierender Therapien tritt er immer häufiger als Erreger opportunistischer Infektionen auf.Die Inkubationszeit kann bis zu fünfzehn Jahre betragen. Augenfällig wird die Erkrankung meist erst durch die sekundären Funktionsstörungen der Leber mit Hepatomegalie, Ikterus und biliärer Zirrhose.

So schützen sich Ihre Patienten

Der Parasit wird meist durch Kontakt mit dem Fell infizierter Endwirte übertragen. Eine Ansteckung durch kontaminierte Erde ist ebenfalls möglich, die durch Nahrungsmittel wie Waldbeeren oder Pilze zumindest nicht ausgeschlossen. Wichtige Präventionsmaßnahmen sind die regelmäßige Entwurmung von Hunden und die Fleischbeschau in den Schlachthöfen. Besonders in Endemiegebieten empfiehlt es sich zudem, bodennah wachsende Nahrungsmittel mindestens gründlich zu waschen, besser noch zu kochen bzw. zu trocknen. Nach Kontakt zu Erde die Hände gründlich reinigen.

Quelle: Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber für Ärzte

Metastasierungen treten bei 20 bis 35 % der Patienten im fortgeschrittenen Stadium auf und betreffen vorwiegend Hirn, Lunge und Knochen. Weitere Hinweise gibt die Ultraschalluntersuchung des Patienten, in der sich heterogene, hypodense Läsionen mit irregulärer Begrenzung zeigen. Mittels Sono kann man den Verkalkungsgrad bestimmten sowie zwischen singulären und multiplen Läsionen unterscheiden. Meist ist auch CT und ggf. MRT indiziert, so die Experten. Die CT ermöglicht, Verkalkungen frühzeitig zu detektieren und Hirnläsionen zu charakterisieren. Die MRT kommt für die OP-Planung bei Läsionen von Leber und Galle zum Einsatz. Zur optimalen serologischen Diagnose empfehlen Prof. Beldi und Kollegen gleich ein Terzett aus serologischen Tests: Em2- und Em18-ELISA sowie Em-Westernblot. Der Em18-ELISA liefere zudem wichtige Hinweise für die Verlaufskontrolle.

Nach der Therapie jedes Jahr in den Tomographen

Die Heilung ist nur durch eine Resektion der gesamten Parasitenmasse möglich, gefolgt von einer zweijährigen Gabe des Anthelminthikums Albendazol inklusive Leberwertkontrollen. Selbst 20 Jahre nach der OP können noch Rezidive auftreten. Eine jährliche Nachsorge (z.B. mit PET-CT) ist deshalb essenziell. Kann ein chirurgischer Eingriff nicht durchgeführt werden, müssen Betroffene Albendazol oder ein vergleichbares Mittel meist lebenslang einnehmen, da es i.d.R. nur parasitostatisch und nicht parasitizid wirkt.

Quelle: Beldi G et al. Swiss medical forum 2017; 17: 760-766

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Da steckt der Wurm drin: Diese 2–6 cm großen Zysten steckten in einer Lunge. Da steckt der Wurm drin: Diese 2–6 cm großen Zysten steckten in einer Lunge. © CDC