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Der Weg zu einer adaptiven Insulinversorgung

Ab Beginn der 1990er kam verstärkt die Insulinpumpentherapie (CSII) bei der Behandlung von Patienten mit Typ-1-Diabetes zum Einsatz. Diese stellte die an die physiologischen Verhältnisse des Organismus am besten angepasste Form der Insulinbehandlung dar. Das bedeutete eine möglichst strikte Trennung von nahrungsabhängiger und -unabhängiger Insulingabe. Allerdings lassen das die unter Intensivierter Insulintherapie (ICT) verwendeten Sorten von Verzögerungsinsulinen und -analoga nur unzureichend zu.
Im Gegensatz dazu wird die Basalrate bei der CSII ausschließlich über die Infusion von kurz wirksamem Insulin realisiert. Durch dessen gute Steuerbarkeit ist (theoretisch) eine subtile Einstellung auf den individuellen basalen Insulinbedarf eines Patienten möglich. Diese Basalrate wird bei der CSII in die Pumpe einprogrammiert und kontinuierlich abgegeben. Die Boli zu den Mahlzeiten oder bei erhöhten Glukosewerten gibt sich der Patient selbstständig, wie unter der ICT auch, er kann die Bolusform aber an Mahlzeiten mit unterschiedlicher Zusammensetzung anpassen. Wesentlich unter der CSII ist es, eine möglichst optimale Basalrate für den jeweiligen Patienten zu finden. Ist diese nicht optimal eingestellt, erfordert dies das ständige Korrigieren durch den Patienten, was dessen Lebensqualität einschränkt oder auch nicht-adäquate Glukosewerte zur Folge hat.
Insulingabe mit CGM beobachten und managen
Mit der Verwendung des kontinuierlichen Glukosemonitorings (CGM) hat der Patient anhand der Glukosedaten einen besseren Überblick. Das hat dazu geführt, dass – im Gegensatz zu den frühen Zeiten der CSII – häufig die Anpassung der Basalrate an veränderte Lebensumstände als Bestandteil des Diabetesmanagements betrachtet wird. Dabei zeigt sich aber auch, dass eine Basalrate grundsätzlich falsch sein kann, z.B. nach unsachgemäßer Veränderung. An dieser Stelle hilft die Unterstützung des Therapiemanagements durch CGM. Bei der Sensorunterstützten Pumpentherapie (SuP) mit automatisiertem Hypoglykämiemanagement unterbricht die Insulinpumpe bei Gefahr der Entwicklung einer Hypoglykämie die Insulinabgabe automatisch.
Eine falsch eingestellte Basalrate zeigt sich dann darin, dass es zu vergleichbaren Tageszeiten an konsekutiven Tagen immer wieder zur Unterbrechung der Insulinabgabe kommt (falls nicht zu hohe Bolusabgaben dafür verantwortlich sind). Das vereinfacht eine Basalratenoptimierung. Allerdings stellen die Betroffenen immer wieder auch fest, dass selbst eine optimale Basalrate an verschiedenen, aber vergleichbaren Tagen nicht zu der gleichen guten Stoffwechselsituation führt. Offensichtlich gibt es hier eine Grenze für eine normoglykämische Einstellung trotz eines sorgfältigen Therapiemanagements. Ausdruck dafür ist, dass auch unter der CSII im Durchschnitt nur ca. 60 % der Werte im Glukosezielbereich („Time in Range“ [TiR] von 70–180 mg/dl [3,9–10,0 mmol/l]) liegen, was aber besser ist als unter der ICT (hier liegt der Anteil bei ca. 50 %).
Die optimale Rate
- Bei jeder Nahrungsaufnahme ist ein Bolus zu geben,
- ohne Nahrungsaufnahme sollte ein Bolus möglichst selten gegeben werden,
- in den Nachtstunden gilt: Glukosewert zum Ende ~ Glukosewert zu Beginn der Nacht (mit geringer nächtlicher Schwankungsbreite),
- wenn keine Nahrungsaufnahme, kein Sport etc. erfolgten, sollten die Glukosewerte ebenfalls näherungsweise stabil sein.
Konstanter Glukosespiegel als Therapieziel
Allein schon die adaptive basale Insulinabgabe ist effektiv: Während bei der fest programmierten Basalrate die Insulinabgabe konstant gehalten wird, weshalb die Glukosespiegel von Tag zu Tag variieren können, so ist das bei der adaptiven Insulinabgabe umgekehrt. Nun wird versucht, die Glukosespiegel konstant zu halten, was nur eine variable Insulingabe ermöglicht. Die Effektivität dessen belegen Daten, die sowohl unter Studienbedingungen, als auch durch Real-World-Erhebungen mit dem in den USA und anderen Ländern kommerziell verfügbaren System MiniMed™ 670G (Medtronic) erzielt wurden. Immerhin erreichen die Patienten im Durchschnitt eine TiR > 70 %, ohne schwere Hypoglykämien, bei einem HbA1c-Wert < 7 %. Solche Ergebnisse verhindern nicht nur weitgehend akute Komplikationen, sondern reduzieren auch deutlich das Risiko für die Entwicklung diabetischer Folgeerkrankungen. Auch aus regulatorischer Sicht erscheint die zunächst nur adaptive basale Insulingabe als unkritisch. Die Basalrate hat bei Erwachsenen zwar normalerweise einen Anteil am Tagesinsulinbedarf von ca. 40–50 %, es werden aber immer nur geringe Mengen Insulin pro Zeiteinheit abgegeben. Eine inadäquate Basalrate unter der CSII kann zwar dazu führen, dass die Glukosewerte teilweise nicht im Zielbereich liegen (TiR), sie stellen aber keine so hohe Gefahr in Bezug auf Hypoglykämien dar wie die Gabe eines Bolus, bei welchem eine größere Insulindosis über einen kürzeren Zeitraum wirksam wird. Auf dem Weg zu einer vollkommen autonom geregelten Insulingabe auch in Bezug auf die Mahlzeitenboli müssen deshalb höhere regulatorische Hürden überwunden werden. Seitens der Technik bzw. Algorithmen existieren dazu bereits genügend positive Daten. Bei einem vollautomatischen AID-System muss aber gewährleistet sein, dass Sicherheitsalgorithmen zuverlässig sind. Grundsätzlich erfährt das „Basalgerüst“ eine tief greifende Veränderung beim Übergang von der programmierten Basalrate der CSII/SuP zur adaptiven basalen Insulingabe bei AID-Systemen, egal ob auch die Abgabe des nahrungsabhängigen Insulins manuell oder CGM-gesteuert erfolgt.Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).