Stoffwechselkontrolle per Algorithmus?

Manuela Arand

Keine Konkurrenz, sondern technische Hilfe – bisher. Keine Konkurrenz, sondern technische Hilfe – bisher. © Andrey Popov – stock.adobe.com

Im Idealfall würden Menschen mit Typ-2-Diabetes engmaschig geführt, um eine optimale Stoffwechselkontrolle zu erreichen. Die Realität sieht meist anders aus. Technische Helfer könnten dies ausgleichen.

In klinischen Studien schneiden Interventionen immer besser ab, gab Dr. Richard M. Bergenstal, Park Nicollet International Diabetes Center, Minneapolis, zu bedenken. So auch bei Insulin und Insulinanaloga, die in Registern seit 20 Jahren stabil bei 30 % HbA1c-Zielwerterreichung (< 7 %) liegen. In klinischen Studien kommt die Insulintherapie dagegen meist auf ca. 50 %. Neue Medikamente seien hier auch nicht besser, erläuterte der Experte. „Die Lösung kann nicht sein, auf Insulin zu verzichten – wir müssen Insulin effektiver nutzen“, betonte Dr. ­Bergenstal. Ziel sollte sein, engmaschig Therapieadjustierungen dann vorzunehmen, wenn sie nötig sind.

Software gibt Auskunft zu zukünftigen Insulindosen

Das könnten auch Algorithmen übernehmen, so das Ergebnis einer Studie von Dr. Bergenstals Arbeitsgruppe. Geprüft wurde das d-Nav-Insulin-Guidance-System, das Messgerät, Glukosespiegeldokumentator und Dosisrechner vereint: Nach der Messung gibt das Gerät automatisch Rückmeldung, welche Insulindosis bei der nächsten Applikation gebraucht wird. Das System ist nicht auf ein bestimmtes Insulin oder Therapieregime festgelegt. Bislang sei nur die Software, nicht aber das Gerät in den USA zugelassen.

Lieber Patch als Pen

Nicht nur elektronische Helfer, auch neue Applikationsformen könnten Therapieergebnisse verbessern. So geschehen in einer aktuellen, noch unpublizierten Studie mit knapp 280 Patienten, über die Dr. Bergenstal berichtete. Darin erhielt die Hälfte der Teilnehmer das Mahlzeiteninsulin per Pen, die andere Hälfte per Patch, der auf die Bauchhaut geklebt wurde. Die Insulindosis wurde nach einfachen Vorgaben variiert: Zwei Einheiten mehr, wenn die Mahlzeit üppiger ausfiel oder der Glukosespiegel vor dem Essen über 180 mg/dl betrug, zwei Einheiten weniger bei frugalem Mahl oder Blutglukosewerten unter 70 mg/dl. Ärzte wie Patienten zogen den Patch vor. Laut Arzturteil erleichtere der Patch den Einstieg in die Basal-Bolus-Therapie und verbessere die Arzt-Patienten-Beziehung. Nach einem halben Jahr lagen beide Gruppen bei einem HbA1c von 7 % (von über 8,5 % kommend), die Blutzuckerprofile waren flach ohne große Peaks.

In der sechsmonatigen Studie mit rund 180 Teilnehmenden wurde die zusätzliche Nutzung von d-Nav mit der alleinigen Unterstützung aus einem Team von Diabetesberaterinnen und Diabetesberatern verglichen, das Patienten telefonisch coachte und Fragen zur Therapie beantwortete. Bessere Ergebnisse wurden erzielt, wenn der Algorithmus zusätzlich zum Einsatz kam: Der HbA1c sank um durchschnittlich 1 %, in der Kontrollgruppe um 0,3 %, ohne dass es einen Unterschied in der Hypoglykämierate gegeben hätte. Der Insulinverbrauch nahm naturgemäß in der Interventionsgruppe zu (von 0,77 auf 1,24 IE/kg/d), ebenso erhöhte sich das Körpergewicht um 1,6 % (2,3 kg). Dosisanpassungen erfolgten im Schnitt 1,1-mal pro Woche, wobei in jedem fünften Fall die Dosis reduziert wurde. „Über die Zeit gesehen gibt es so etwas wie die richtige Insulindosis nicht. Wir sehen immer Schwankungen“, kommentierte Dr. Bergenstal. Er ist sich sicher: Die Technik kann dabei helfen, die „klinische Inertheit“ zu überwinden.

Quellen:
12th International Conference on Advanced Technologies & Treatments in Diabetes (ATTD)
Bergenstal RM et al. Lancet 2019; 16: 1138-1148

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Keine Konkurrenz, sondern technische Hilfe – bisher. Keine Konkurrenz, sondern technische Hilfe – bisher. © Andrey Popov – stock.adobe.com