Diabetes mit Fett und Nüssen verhindern?

Dr. Dorothea Ranft

Das relative Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall und Gefäßtod sank durch die an pflanzenfettreiche Mittelmeerkost. Das relative Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall und Gefäßtod sank durch die an pflanzenfettreiche Mittelmeerkost. © Fotolia/Yulia Furman

Streit um die Diabetes­prävention: Die allenthalben empfohlene fettarme Diät könnte genau der falsche Ansatz sein. Eventuell fah­ren die Patienten mit lipidreicher Kost viel besser. Lesen Sie die neuesten Studienergebnisse.

Selbstverständlich sollte man Patienten mit gestörter Glukosetoleranz (IGT) nicht von einer gesunden Lebensweise abraten, aber es bleibt die Frage, wie effektiv die Diabetes-Prävention in diesem Stadium wirklich ist. Die Nachbeobachtung einer chinesischen Studie ergab, dass eine sechsjährige Lifestyle-Intervention bei Patienten mit gestörter Glukosetoleranz auch langfristig wirkt.

Vollfettjoghurt gegen Adipositas, Fischöl fürs Auge

Wichtige Gesundheitshinweise liefern epidemiologische Analysen der PREDIMED-Kohorte. Demnach wirkt sich beim Joghurt die fettreiche Variante günstiger auf die abdominelle Adipositas aus. Zucker- oder süßstoffhaltige Getränke sollten höchstens fünfmal in der Woche konsumiert werden. Eier haben dagegen keinen Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko und der Ersatz von rotem Fleisch durch Geflügel, Fisch oder Eier beugt sogar dem metabolischen Syndrom vor. Schließlich scheint die Aufnahme von > 500 mg Omega-3-Fettsäuren täglich vor einer diabetischen Retinopathie zu schützen.

Nach 15 Jahren lag die Diabetesrate in der Interventionsgruppe mit 60 % vs. 80 % signifikant niedriger als im Kontrollkollektiv. Nach 23 Jahren waren es 72,6 % vs. 89,9 %, berichtete Professor Dr. Stephan Martin, vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum Düsseldorf.

Lebensstiltraining brachte auf Dauer kaum etwas

Bisher wusste man zudem nicht, ob Patienten mit IGT bereits von der ebenfalls beobachteten Senkung der Mortalität profitieren. Einer aktuellen Untersuchung zufolge ereignete sich die Mehrzahl der Todesfälle erst in der Diabetes-Phase. Umso wichtiger erscheint deshalb die frühe Detektion der Stoffwechselstörung. Für erheblichen Zündstoff sorgten die Langzeitergebnisse der bisher größten Studie zur Vorbeugung, der US-Diabetes Prevention Program Outcome Studie, die sich an das Dia­betes Prevention Program (DPP) anschloss. 88 % der DPP-Teilnehmer konnten darin weiter verfolgt werden, alle bekamen dann ein Lebensstiltraining angeboten. Nach 15 Jahren ließen sich kaum Unterschiede in der kumulativen Diabetesrate erkennen: 55 % mit Lebensstil-Intervention, 56 % mit Metformin-Prophylaxe und 62 % in der ursprünglichen Placebogruppe. Auch bei den mikrovaskulären Komplikationen ergab sich kein signifikanter Unterschied, während eine Studie aus China einen Rückgang von Retinopathien ergab. Sollte man angesichts dieser marginalen Ergebnisse schon im Stadium des Prädiabetes intervenieren? Auf jeden Fall nicht mit Metformin, stellte Prof. Martin klar. Die Absage beruht zum einen auf der fehlenden Zulassung für die Prophylaxe und zum anderen auf Nebenwirkungen, die im DPP auftraten (Anämie, Vitamin-B12-Mangel). Was die Lebensstil-Modifikation angeht, war die Fettreduktion möglicherweise die falsche Strategie. Denn in der PREDIMED-Studie schnitt eine mediterrane Ernährung – verstärkt durch eine Extra-Portion Olivenöl oder Nüsse – besser ab als die üblicherweise empfohlene „fettarme Kost“. Teilnehmer waren fast 7500 kardiovaskulär besonders gefährdete Patienten mit und ohne Diabetes.

Viel Pflanzenöl senkt Herz-Kreislauf-Risiko um 30 %

Das relative Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall und Gefäßtod sank durch die an pflanzenfettreiche Mittelmeerkost um rund 30 % – wobei Nüsse ebenso gut wirkten wie Öl. Das Diabetesrisiko lag in der Olivenöl-Gruppe ebenfalls signifikant niedriger (HR 0,60) als im fettsparenden Kontrollkollektiv, in der Nussgruppe nur im Trend. Erstaunlicherweise führte die im Kaloriengehalt nicht limitierte mediterrane Ernährung sogar zu einer leichten Reduktion des Körpergewichts und zu einer geringeren Zunahme der abdominellen Adipositas. Im Gegensatz zu PREDIMED nahmen an der MÉDITA-Studie nur Patienten mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes teil. Eine medikamentöse Therapie startete ab einem HbA1c > 7 %. Dabei zeigte sich, dass man nicht unbedingt sofort damit starten muss, sondern erst einmal Lebensstilveränderungen die Chance geben darf.

Patienten bekommen zu früh Medikamente

Nach Einschätzung von Prof. Martin werden die Patienten in Deutschland im Mittel 2,8 Jahre zu früh behandelt, unter einer kohlenhydratarmen, mediterranen Ernährung sogar 4,8 Jahre zu früh. Nachanalysen bescheinigten der Mittelmeerkost zudem einen günstigen Einfluss auf die sexuelle Funktion bei Männern und Frauen und auf die Progression der Atherosklerose. Inzwischen erscheint sogar eine dauerhafte Remission des Typ-2-Dia­betes machbar: In einer kleinen Studie unterzogen sich 29 Patienten acht Wochen lang einer extrem niedrigkalorischen Diät. Anschließend erreichten sieben von 14 Teilnehmern mit mehr als acht Jahren Krankheitsdauer wieder normale Nüchternglukosespiegel, mit weniger als vier Jahren gelang dies sogar 13 von 15 Teilnehmern (87 %). Angesicht der mageren Ergebnisse der Präventionsstudien stellte Prof. Martin die Frage in den Raum, ob man nicht besser erst beim neu diagnostizierten Diabetes beginnt, zumal die Patienten dann vielleicht stärker motiviert sind.

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Das relative Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall und Gefäßtod sank durch die an pflanzenfettreiche Mittelmeerkost. Das relative Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall und Gefäßtod sank durch die an pflanzenfettreiche Mittelmeerkost. © Fotolia/Yulia Furman