Eine spezielle Subentität: das BRCA-mutierte Ovarialkarzinom

Dr. Katharina Arnheim

Beim BRCA-mutierten Ovarial-Ca sind PARP-Inhibitoren vielversprechend. Beim BRCA-mutierten Ovarial-Ca sind PARP-Inhibitoren vielversprechend. © thinkstock

Auch beim Ovarial­karzinom hat die zielgerichtete Therapie Einzug gehalten: Beim BRCA-mutierten rezidivierten Eierstockkrebs haben mittlerweile zwei PARP*-Inhibitoren eine hohe Aktivität gezeigt. Jede Patientin sollte daher möglichst bereits bei Erstdiagnose auf BRCA1/2-Mutationen getestet werden, wie es Leitlinien und Experten auf dem ESMO-Kongress forderten.

Die BRCA-mutierten Ovarialkarzinome gehen mit einer relativ günstigen Prognose einher: Betroffene Patientinnen leben laut einer gepoolten Analyse von 26 Beobachtungsstudien signifikant länger als Patientinnen mit BRCA-Wildtyp-Tumoren, berichtete Professor Dr. Eric Pujade-Lauraine von der Universitätsklinik Hôtel-Dieu in Paris. Die bessere Prognose ist vermutlich auf die erhöhte Sensitivität gegenüber Platinsalzen zurückzuführen.

Nachweis von BRCA-Mutation hat therapeutische Implikation

Der Nachweis von BRCA-Mutationen hat demnach therapeutische Implikationen, betonte Prof. Pujade-Lauraine. Zudem steht heute mit den PARP-Inhibitoren eine sehr aktive Substanzklasse für BRCA-mutierte Ovarialkarzinome zur Verfügung. So war die Erhaltungstherapie mit Olaparib in einer randomisierten Phase-II-Studie bei Patientinnen mit BRCA-mutiertem platinsensitivem Ovarialkarzinomrezidiv effektiv: Das progressionsfreie Überleben (PFS) wurde signifikant um sieben Monate versus Placebo (11,2 vs. 4,3 Monate; p = 0,0003) verlängert und es zeichnete sich tendenziell ein Überlebensvorteil ab (34,9 vs. 30,1 Monate).

Als ebenfalls sehr beeindruckend bezeichnete Prof. Pujade-Lauraine die lange Ansprechdauer der mit Olaparib behandelten Patientinnen: Ein Viertel von ihnen erhält seit mittlerweile zwei oder mehr Jahren den PARP-Inhibitor.

Die Mutationstestung

Während die Mutationsanalyse beim hereditären Eierstockkrebs mit BRCA-Mutationen in der Keimbahn in Blut- oder Speichelproben erfolgen kann, muss die Testung auf somatische Mutationen in jedem Fall an Tumorgewebe durchgeführt werden. Die Häufigkeit dieser somatischen Mutationen liegt Studien zufolge zwischen 5 und 7 %, beim platinsensitiven Ovarialkarzinomrezidiv sogar deutlich höher.Patientinnen, bei denen der Pathologe im Tumor eine BRCA-Mutation nachgewiesen hat, sollte anschließend eine humangenetische Beratung angeboten werden, um eine eventuelle familiäre Belastung abzuklären und ggf. weitere Familienmitglieder screenen zu können.
Mit Niraparib hat sich in der Phase-III-Studie NOVA gerade ein weiterer PARP-Inhibitor beim platinsensitiven Ovarialkarzinomrezidiv bewährt. Bei Patientinnen mit BRCA-Mutationen in der Keimbahn vervierfachte die Erhaltungstherapie mit Niraparib das PFS (21 vs. 5,5 Monate; p < 0,0001). Dagegen ist die Effektivität von Bevacizumab als Erhaltungstherapie unabhängig vom BRCA-Status. Doch wird derzeit die Kombination mit Bevacizumab plus Olaparib zur Erhaltung in der Studie PAOLA-1 nach platin- und taxanbasierter Erstlinientherapie versus Bevacizumab plus Placebo geprüft.

Die neuen Therapieoptionen machen laut Prof. Pujade-Lauraine eine breite genetische Testung von Patientinnen mit Ovarialkarzinom auf BRCA-Mutationen erforderlich. Dabei sollte man nicht zu restriktiv vorgehen und sich nicht nur auf Frauen mit positiver Familienanamnese oder auf junge Patientinnen beschränken. Denn Studien machen klar, so Prof. Pujade-Lauraine, dass mindestens 25 % aller BRCA-Mutationsträgerinnen älter als 60 Jahre und bis zu 40 % familiär nicht vorbelastet sind. Auch die histologische Klassifizierung (ausgenommen muzinöse Karzinome) ist laut Prof. Pujade-Lauraine kein ausreichendes Kriterium für die BRCA-Testung.

Optimalerweise sollten alle Patientinnen bereits bei der Erstdiagnose eines Ovarialkarzinoms auf BRCA-Mutationen untersucht werden. Damit befindet er sich in Übereinstimmung mit internationalen Leitlinien:
  • So empfiehlt das NCCN** die Testung von Frauen mit epithelialem Ovarialkarzinom unabhängig vom Alter.
  • Laut SGO*** soll-ten bei Frauen mit der Diagnose eines epithelialen Ovarial-, Tuben- oder Peritonealkarzinoms auch bei blander Familienanamnese eine genetische Beratung und Testung erwogen werden.
  • Die aktuellen französischen Empfehlungen sprechen sich bei Patientinnen mit high grade serösem Ovarialkarzinom unabhängig von Alter und Familienanamnese für die BRCA-Mutationstestung aus.

Fazit: breite genetische Testung direkt bei Diagnose

"Es ist an der Zeit, die Genetik auch in die gynäkologisch-onkologische Praxis zu integrieren", resümierte Prof. Pujade-Lauraine. Er wies abschließend darauf hin, dass sich die aktuellen Leitlinien für eine frühe Testung – am besten direkt bei Dia­gnosestellung – aller Patientinnen mit epithelialem Ovarialkarzinom unabhängig von Alter, Familienanamnese und Histologie aussprechen.

* Poly-ADP-Ribose-Polymerase

** National Comprehensive Cancer Network

*** Society of Gynecologic Oncology

Quelle: Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO) 2016

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Beim BRCA-mutierten Ovarial-Ca sind PARP-Inhibitoren vielversprechend. Beim BRCA-mutierten Ovarial-Ca sind PARP-Inhibitoren vielversprechend. © thinkstock