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Empfehlungen zur Pharmakotherapie bei Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern
Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern teilen sich nicht nur die Risikofaktoren wie Alter, Hypertension, Übergewicht und Schlafapnoe. Auch elektrophysiologische und zelluläre Ereignisse bei Vorhofflimmern aggravieren die Herzinsuffizienz und umgekehrt. „Dies ist ein Teufelskreis, der sich gegenseitig hochschaukelt“, erklärte Professor Dr. Stefan Hohnloser, Kardiologische Universitätsklinik Frankfurt.
Das zeigt sich auch am Mortalitätsrisiko, wie aus Studiendaten einer Framingham-Kohorte hervorgeht. So lag die Mortalität von Patienten mit Vorhofflimmern dreifach höher, wenn gleichzeitig eine Herzinsuffizienz bestand. Und umgekehrt: Vorhofflimmern verdoppelte die Mortalität von Herzinsuffizienz-Patienten.
Vorhofflimmern verdoppelt die Mortalität von Herzinsuffizienz-Patienten
Doch woran sterben antikoagulierte Patienten mit Vorhofflimmern? Eine Antwort gab die ENGAGE-AF-Studie mit Edoxaban: Der ischämische Schlaganfall spielte mit einer Rate von 8,8 % aufgrund einer effektiven Antikoagulation kaum mehr eine Rolle. Noch geringer war der Anteil fataler Blutungen mit 7,5 % der Todesursachen. Aber 45 % der Patienten verstarben am plötzlichen Herztod und 23 % an einer akuten Herzinsuffizienz mit kardiogenem Schock.
Die Eckpfeiler der medikamentösen Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern sind RAAS-Blocker, Aldosteronantagonisten und orale Antikoagulanzien. Für diese Therapien ist eindeutig eine Besserung des „Outcomes“ belegt. Weniger klar scheint dies bei einer Reihe anderer Therapien, z.B. der Frequenzreduktion.
Jeder zweite Patient stirbt den plötzlichen Herztod!
Betablocker verbessern zwar insgesamt das Überleben von Patienten mit Herzinsuffizienz um 32 %. Am meisten profitieren Betroffene im Sinusrhythmus, sie erfahren eine Reduktion um 37 %. Bei Vorhofflimmern zeigte sich zwar auch eine gewisse Abnahme des Mortalitätsrisikos um 14 %, die jedoch nicht statistisch signifikant ausfiel. „Die Betablocker liefern aber ein gutes Beispiel dafür, dass wir auch bei der Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern die Ära der personalisierten Medizin betreten haben“, so Prof. Hohnloser.
Eine Studie mit dem nicht selektiven Betablocker Bucindolol hat gezeigt, dass das Überleben von Herzkranken, die einen Arg/Arg-Polymorphismus im Beta-1-Rezeptor-Gen aufweisen, durch Bucindolol hoch signifikant um fast 75 % verbessert wurde, während sich bei heterozygotem Polymorphismus kein Effekt zeigte. Diese retrospektiv erhobenen Daten werden derzeit in einer prospektiven Studie validiert.
Rezeptor-Polymorphismus bestimm Betablocker-Effektivität
Als weiterer „Wackelkandidat“ gelten Digitalisglykoside. In den europäischen Leitlinien wird empfohlen, Digoxin eventuell bei Patienten mit Herzinsuffizienz einzusetzen, um das Hospitalisierungsrisiko zu senken bzw. die Frequenz zu kontrollieren. Diese Klasse-II-Empfehlung gründet auf einer einzigen randomisierten kontrollierten Studie aus den 1990er Jahren (DIG-Studie).
Die Mortalität sank den Studiendaten zufolge nicht, aber das Hospitalisierungsrisiko nahm um 13 % ab. Alle Studienteilnehmer wiesen einen Sinusrhythmus auf. Entsprechende Daten zur Herzinsuffizienz mit Vorhofflimmern gibt es nicht. Trotzdem erhielt mindestens ein Drittel der Patienten in Studien über neue orale Antikoagulanzien Digitalisglykoside, wie Prof. Hohnloser kritisierte.
Digoxin erhöht die Mortalität!
Eine systematische Meta-Analyse zum Einfluss von Digoxin (Frequenzkontrolle) auf die Mortalität ermittelte eine 27%ige „Übersterblichkeit“, die mit dem Arzneimittel assoziiert war. Auch wenn Digoxin zur Therapie der Herzinsuffizienz gegeben wurde, beobachtete man eine zwar geringere, aber immer noch signifikante „Übersterblichkeit“.
Von den Antiarrhythmika kommt für Patienten mit Herzinsuffizienz nur Amiodaron in Betracht. Die Empfehlung von Amiodaron in den aktuellen Leitlinien basiert auf einer Studie aus dem Jahr 2008, in der Rhythmus- und Frequenzkontrolle bei Patienten mit Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern verglichen wurden. Die kardiovaskuläre Mortalität war in beiden Gruppen vergleichbar.
Bis auf Amiodaron sind alle Antiarrhythmika kontrainduziert
Es gibt aber auch Studien mit ungünstigerem „Outcome“. „Amiodaron ist zwar das einzige Antiarrhythmikum, das wir leitliniengemäß geben dürfen; aber ich habe dabei Bauchschmerzen“, schloss Prof. Hohnloser.
Als vielversprechendes neues Konzept gilt die Hemmung des späten Natriumeinstroms, z.B. durch Ranolazin, das einen moderaten Effekt auf Vorhofflimmern gezeigt hat. Effektiver ist die fixe Kombination aus Dronedaron und Ranolazin. In der HARMONY-Studie nahm die Flimmerlast von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern unter 750 mg Ranolazin plus 225 mg Dronedaron um 60 % ab.
Quelle: 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.; Mannheim, April, 2015
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