
Entgleiste Leberzirrhose: Durchbruch in der Pharmakotherapie bleibt aus

Die dekompensierte Leberzirrhose mit Aszites, Varizenblutung und/oder hepatischer Enzephalopathie ist schon schlimm genug. Wenn dann noch ein Systemic Inflammatory Response Syndrom – meist im Rahmen einer bakteriellen Infektion oder Alkoholhepatitis – oder ein hepatorenales Syndrom dazukommt, verschärft sich die Lage. Nicht zuletzt deshalb wurden die Ergebnisse aus zwei Studien ungeduldig erwartet, in der Hoffnung, zumindest die schlimmsten Symptome der Dekompensation in den Griff zu bekommen, schreibt Professor Dr. Guadalupe Garcia-Tsao, Yale School of Medicine, New Haven, in ihrem Kommentar.1 Allerdings funktionierten beide Vorgehensweisen nicht so, wie sie sollten.
In der CONFIRM-Studie behandelten Dr. Florence Wong von der University of Toronto und ihre Kollegen 300 Patienten mit Leberzirrhose und hepatorenalem Syndrom vom Typ 1, d.h. mit schnell zunehmender Niereninsuffizienz.2 Sie erhielten randomisiert 14 Tage lang im Verhältnis 2:1 entweder Terlipressin oder Placebo. Dahinter stand die Annahme, dass Terlipressin als potenter Vasokonstriktor das Blutvolumen aus dem Pfortaderbereich in den Kreislauf zurückführen und damit den Nieren etwas Gutes tun sollte. Die Mehrzahl der Patienten erhielt außerdem Albumin.
Die Zahlen sahen zunächst ermutigend aus: Bei einem fast doppelt so hohen Anteil der Terlipressin-Patienten bildete sich das hepatorenale Syndrom zurück (32 % vs. 17 % unter Placebo). Ebenso benötigten diese Kranken seltener ein Nierenersatzverfahren. Aber der Vorteil war teuer erkauft. Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfälle und Ateminsuffizienz traten unter dem Verum wesentlich häufiger auf. Und schließlich starben bis Tag 90 signifikant mehr Terlipressin-Teilnehmer an einer respiratorischen Krankheit (11 % vs. 2 %).
Mehr Lungenödeme in der Verumgruppe
In die ATTIRE-Studie nahmen Dr. Louise China vom University College London und Kollegen insgesamt 777 Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose auf.3 Bei ihnen bestand ein Albuminmangel mit einem Spiegel < 30 g/l und sie erhielten randomisiert entweder täglich bis zur Entlassung bzw. für maximal zwei Wochen Humanalbumin 20 % oder die Standardbehandlung. Letztere konnte allerdings auch Albumin beinhalten, etwa nach Parazentesen. Das Infusionsvolumen in der Interventionsgruppe richtete sich nach dem aktuellen Albumingehalt, die Ärzte strebten einen Zielwert von mindestens 30 g/l an.
Allerdings blieben die Infusionen ohne Erfolg: Unter der Eiweißgabe entwickelten ähnlich viele Patienten (jeweils ca. 30 %) eine neue Infektion, ein Nierenversagen oder starben (kombinierter primärer Endpunkt). Zudem traten bei den aktiv Behandelten deutlich mehr schwere Nebenwirkungen auf, vor allem eine Volumenüberlastung bzw. ein Lungenödem (23 vs. 8 Patienten) – möglicherweise als Folge der deutlich höheren Albumin-Infusionsmenge von 200 g (Kontrollgruppe: 20 g).
Quellen:
1. Garcia-Tsao G. N Engl J Med 2021; 384: 869-871; DOI: 10.1056/NEJMe2034425
2. Wong F et al. A.a.O.; 818-828; DOI: 10.1056/NEJMoa2008290
3. China L et al. A.a.O.; 808-817; DOI: 10.1056/NEJMoa2022166
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).