Erektile Dysfunktion, verringerte Libido – Männer über das Post-Finasterid-Syndrom aufklären

Dr. Angelika Bischoff

Hätte er es vorher gewusst, hätte der Patient womöglich die Behandlung mit Finasterid erst gar nicht begonnen. (Agenturfoto) Hätte er es vorher gewusst, hätte der Patient womöglich die Behandlung mit Finasterid erst gar nicht begonnen. (Agenturfoto) © iStock/ia_64

Vielleicht wollte der Mann mit dem schüttern werdendem Haar durch die Haarwuchstherapie nur wieder etwas männlicher Wirken. Der Schuss ging aber gehörig nach hinten los. Hätte der behandelnde Dermatologe ihn besser aufklären müssen?

Gerade bei Maßnahmen, die nur aus kosmetischen Gründen erfolgen, ist eine umfassende Aufklärung des Patienten über die Risiken extrem wichtig, um eventuelle juristische Konsequenzen zu vermeiden. In diese Kategorie fällt auch ein kürzlich von Professor Dr. Percy­ Lehmann, Universitätsklinikum Wuppertal, publizierter Fallbericht.

Ein damals 31-jähriger Mann suchte wegen starken Haarausfalls im Jahr 2013 einen Dermatologen auf, um sich nach Therapiemöglichkeiten zu erkundigen. Der Arzt diagnostizierte nach entsprechenden Untersuchungen eine androgenetische Alopezie und verordnete dem Patienten Finasterid (1 mg). Laut Patientenakte hatte er ihn über häufige Nebenwirkungen aufgeklärt, darunter passagere erektile Dysfunktion und verminderte Libido. Diese Probleme stellten sich bei dem Patienten tatsächlich ein. Weil der Dermatologe nach seinem damaligen Wissensstand von einer Reversibilität der Nebenwirkungen ausging, stellte er mit dieser Erklärung einige Folgeverordnungen aus.

Als der Patient Monate später die Therapie beendete, blieben seine sexuellen Schwierigkeiten aber weiterhin bestehen. Im Internet stieß der Mann dann auf das Post-Finasterid-Syndrom. Da er unter erheblichem Leidensdruck stand, wandte er sich über einen Bevollmächtigten an die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungen bei der Ärztekammer und machte 2017 einen Behandlungsfehler geltend wegen mangelnder Aufklärung. Der Mann bestritt außerdem, dass die vom Arzt in der Patientenakte dokumentierte Aufklärung stattgefunden habe.

Damals waren nur Einzelfälle bekannt

Ein urologischer Fachgutachter bestätigte den Behandlungsfehler mit der Begründung, dass der Hautarzt den Patienten über eine derart schwerwiegende Nebenwirkung wie eine anhaltende Erektionsstörung hätte informieren müssen, obwohl zum damaligen Zeitpunkt nur Einzelfälle des Post-Finasterid-Syndroms bekannt waren und in der Regel eine Reversibilität zu erwarten war. Er hielt es für plausibel, dass sich der Patient möglicherweise nicht für diese rein kosmetische Therapie entschieden hätte, wenn er diese Information gehabt hätte.

Das Kommissionsmitglied für Dermatologie der zuständigen Gutachterkommission widersprach mit dem Argument, es hätte 2013 nur zwei Publikationen zum Post-Finasterid-Syndrom in weniger bekannten Journalen vorgelegen, die auch nicht zu einer Änderung der Fachinformation geführt hätten. Inzwischen seien zwar mehrere Fälle bekannt und die Fachinformation sei angepasst worden, da sich aber die Beurteilung auf den Wissensstand von 2013 stützen müsse, sei dem Facharzt kein Behandlungsfehler vorzuwerfen. Die übrigen Mitglieder der Kommission schlossen sich dem Dermatologen an.

Quelle: Lehmann P. Akt Dermatol 2020; 46: 519-522; DOI: 10.1055/a-1023-3102

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Hätte er es vorher gewusst, hätte der Patient womöglich die Behandlung mit Finasterid erst gar nicht begonnen. (Agenturfoto) Hätte er es vorher gewusst, hätte der Patient womöglich die Behandlung mit Finasterid erst gar nicht begonnen. (Agenturfoto) © iStock/ia_64