Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Daten bei diversen kardiovaskulären Indikationen

Dr. Susanne Meinrenken/Tobias Stolzenberg

Obwohl die Datenlage für sich spricht, sind die Professoren besorgt, dass die Präparate nur langsam Einzug in die alltägliche Praxis halten. Obwohl die Datenlage für sich spricht, sind die Professoren besorgt, dass die Präparate nur langsam Einzug in die alltägliche Praxis halten. © SciePro – stock.adobe.com

In erster Linie werden SGLT2-Inhibitoren noch immer zur Behandlung des Typ-2-Diabetes verordnet. Doch die Substanzen können weitaus mehr. Sie verbessern die Pro­gnose sowohl bei chronischer als auch bei akuter Herzinsuffizienz und wirken sich positiv auf die Nierenfunktion aus.

Ursprünglich wurden SGLT2-Hemmer lediglich in der Behandlung des Typ-2-Diabetes eingesetzt. In verschiedenen Studien zeigte sich dann, dass Empagliflozin­, Dapagliflozin­ und andere Gliflozine auch das Risiko für kardio­vaskuläre Ereignisse beim Patienten mit Herzinsuffizienz verringern. Der Vorteil ist dabei unabhängig vom Vorliegen eines Typ-2-Diabetes und findet sich nahezu über das gesamte Spektrum der Herzinsuffizienz hinweg, erinnern Prof. Dr. Nicolas­ Girerd­ und Prof. Dr. Faiez­ Zannad­ von der Université­ de Lorraine­ in Nancy­. Die beiden Autoren plädieren dafür, die Medikamente bei Herzinsuffizienz deutlich häufiger einzusetzen.

Gleicher Benefit trotz unterschiedlicher Risikoprofile

Unter anderem verweisen sie auf die Ergebnisse aus DAPA-HF­ und EMPEROR­-Reduced, zwei große Untersuchungen zum Einsatz von Dapagliflozin bzw. Empagliflozin bei chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF). Geprüft wurden die Effekte der Substanzen im Vergleich zur leitliniengerechten Herzinsuffizienztherapie. Primärer Studienendpunkt war die kardiovaskuläre Mortalität, Notfallbehandlung oder Hospitalisierung wegen Herzschwäche. Trotz der Unterschiede in den Risikoprofilen der Teilnehmer beider Studien profitierten die Patienten gleichermaßen vom zusätzlichen Medikament (Hazard­ Ratio, HR­ 0,74 bzw. 0,75 gegenüber Placebo­).

Erst ab einer EF > 65 % verschwinden die Effekte

In EMPEROR­-Preserved wurde die Wirkung von Empagliflozin auf Patienten mit Herzinsuffizienz mit mäßig reduzierter oder erhaltener linksven­trikulärer Ejektionsfraktion (HFpEF­, LVEF­ > 40 %) geprüft. Der Vorteil des zusätzlichen SGLT2-Inhibitors war mit einer HR von 0,79 ähnlich groß wie bei Patienten mit HFrEF­. Ähnliche Resultate lieferte die DELIVER-­Studie für Dapagliflozin (HR 0,82).

Für die beiden Autoren geben die Daten den klaren Hinweis darauf, dass die Ejektionsfraktion nahezu keinen Einfluss auf den Nutzen der Medikamente bei Herzinsuffizienz hat. Lediglich ab einer LVEF­ > 65 % scheinen die Effekte zu verschwinden. HFpEF-Patienten mit so weit erhaltener Pumpleistung seien aber eher selten, merken sie an. Zudem dürften dann ganz andere Pathomechanismen zum Tragen ­kommen.

Auch bei akuter Herzinsuffizienz scheinen sich die SGLT2-Hemmer zu bewähren. So belegen die Daten aus SOLOIST-­WHF, dass zusätzlich gegebenes Sotagliflozin­ das Risiko für kardiovaskuär bedingten Tod, Notfallbehandlung und Hospitalisierung infolge akuter Herzschwäche (mittlere LVEF 35 %) gegenüber Placebo um ein Drittel verringert (HR 0,67). Allerdings waren in dieser Studie lediglich Patienten mit Typ-2-Diabetes eingeschlossen. Zudem handelt es sich bei Sotagliflozin um einen sogenannten dualen SGLT2-Inhibitor, der sich im Wirkmechanismus womöglich von anderen Gliflozinen unterscheidet.

Die Effekte der SGLT2-Inhibition bei chronischer Niereninsuffizienz wurde in der DAPA-CKD-Studie untersucht. Die Teilnehmer wiesen eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) von 25–75 ml/min/1,73 m2 auf, der Albumin-Kreatinin-Quotient im Urin lag zwischen 200 und 5.000 mg/g. Die Patienten der Kontrollgruppe hatten die Standardtherapie mit einem ACE-Inhibitor oder einem Angio­tensin-Rezeptorblocker erhalten, diejenigen im Prüfarm außerdem Dapagliflozin­.

Das zusätzliche Medikament reduzierte das relative Risiko für eine Klinikeinweisung oder kardiovaskulären Tod deutlich (HR 0,71). Mittels Metaanalyse der Daten aus EMPEROR­-Reduced und DAPA-HF ließ sich zudem zeigen, dass die kardioprotektiven Effekte vom Ausmaß der Nierenkrankheit unabhängig sind. Prof. Girerd­ und Prof. Zannad­ verweisen in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse aus EMPA­-Kidney. Diese Studie war aufgrund der überdeutlichen Vorteile von Empagliflozin vorzeitig beendet worden.

Insgesamt werden die SGLT2-Inhibitoren gut vertragen. Patienten, die wegen ihrer Herzschwäche bereits andere Medikamente erhalten, bieten die Substanzen weiteren Schutz. Auch bei einer Medikation mit ARNI* ergänzen sie deren Wirkung. Die Autoren weisen darauf hin, dass Sotagliflozin und Dapagliflozin bei Patienten mit einer eGFR > 25 ml/min/1,73 m2 verwendet werden können, Empagliflozin bis 20 ml/min/1,73 m2. Unter der Therapie steigt die Gefahr für eine Keto­azidose zwar an, das absolute Risiko liegt aber unterhalb von 2 % . In der Behandlung des Typ-1-Diabetes sind SGLT2-Inhibitoren derzeit nicht zugelassen.

Therapeutische Trägheit gefährdet Implementation

Obwohl die Datenlage für sich spricht, sind Prof. Girerd­ und Prof. Zannad­ besorgt, dass die Präparate nur langsam Einzug in die alltägliche Praxis halten. In den letzten Jahrzehnten ließ sich ihnen zufolge eine gewisse therapeutische Trägheit in Sachen Herzinsuffizienz beobachten. Es sei also wesentlich herausfordernder, SGLT2-Hemmer in den Alltag zu implementieren als geeignete Patienten für deren Einsatz zu finden.

*    Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor

Quelle: Girerd N, Zannad F. J Int Med 2023; 293: 550-558; DOI: 10.1111/joim.13620

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Obwohl die Datenlage für sich spricht, sind die Professoren besorgt, dass die Präparate nur langsam Einzug in die alltägliche Praxis halten. Obwohl die Datenlage für sich spricht, sind die Professoren besorgt, dass die Präparate nur langsam Einzug in die alltägliche Praxis halten. © SciePro – stock.adobe.com