Erweiterte Indikation für die BRCA1/2-Testung

Birgit-Kristin Pohlmann

Brustkrebsrisiko und Prävention: Konkretisierung für den klinischen Alltag.
Brustkrebsrisiko und Prävention: Konkretisierung für den klinischen Alltag. © Fotolia/Axel Kock

Frauen mit einer BRCA1/2-Mutation haben ein besonders hohes Risiko, an einem Mamma- oder Ovarialkarzinom zu erkranken. Die Frage ist, welche Frauen getestet werden sollten. In ihrer aktualisierten Empfehlung hat die AGO Mamma die Einschlusskriterien für eine BRCA1/2-Testung erweitert. Diese gehen nun über die Einschlusskriterien nach Checkliste bzw. nach Vorgabe des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs hinaus.

Frauen mit positiver Familienanamnese sollten laut AGO Mammakarzinom auf Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 getestet werden (2b B ++). Die Einschlusskriterien für die Tes-tung bzw. Definition einer „positiven Familienanamnese“ basierten bislang auf den Vorgaben des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs (DK-FBEK). Sie wurden mittels genetischer Analyse bei etwa 25 000 Familien definiert, die bis 2015 auf BRCA1/2 getestet worden waren und für die sich bei Nachweis jeweils eines der aufgeführten Kriterien eine Mutationsnachweisrate von mindestens 10 % ergeben hatte.

Diese Einschlusskriterien bleiben erhalten, wurden aber im Rahmen der Aktualisierung der AGO-Empfehlung erweitert, betonte Professor Dr. Rita Schmutzler, Direktorin des Zentrums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs der Universitätsklinik Köln.

Testung ohne positive Familienanamnese

Die AGO Mamma hat die BRCA1/2-Testung auf Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom (TNBC) oder singulärem Ovarialkarzinom auch ohne positive Familienanamnese ausgeweitet. Während die Erweiterung der Einschlusskriterien für Patientinnen mit singulärem Ovarialkarzinom unabhängig vom Lebensalter gilt, sind beim TNBC nur Patientinnen eingeschlossen, die bis zum 60. Lebensjahr an dem TNBC erkrankt sind.

„Es gibt Hinweise, dass Patientinnen mit TNBC oder mit singulärem Ovarialkarzinom auch ohne auffällige Familienanamnese Trägerinnen einer BRCA1/2-Mutation sein können“, erläuterte Prof. Schmutzler. Aktuelle Daten zeigen jedoch für Patientinnen mit triplenegativem Mammakarzinom eine Altersabhängigkeit. So liegt die Mutationsnachweisrate jenseits des 60. Lebensjahres beim TNBC deutlich niedriger (< 10 %). Keine Alterskorrelation ergab sich dagegen bei Patientinnen mit singulärem Ovarialkarzinom.

Einschlusskriterien harmonisieren

Demnach bestehen derzeit für beide Patientinnengruppen – singuläres TNBC bzw. Ovarialkarzinom – jeweils drei Szenarien für eine genetische Testung:

  • 1. nach Checkliste (über EBM),
  • 2. in Kooperation mit dem DK-FBEK (über Spezialverträge, §140a) und
  • 3. entsprechend der aktuellen AGO-Empfehlung.

Neue Risikogene in der Diskussion

Ein potenzielles neues Hochrisiko-Gen ist PALB2, das derzeit von der AGO nur im Einzelfall zur Testung empfohlen wird (3a B +/-). Hier müssen weitere Daten abgewartet werden, erläuterte Prof. Schmutzler.

Das gelte auch für die beiden moderaten Risikogene ATM und CHEK2, deren Testung die AGO Mamma derzeit nicht empfiehlt (jeweils 3a C -). Da es wichtig ist, neue Daten zu generieren, empfiehlt die AGO Mamma hier die Teilnahme an prospektiven Studien oder Registern.

Die Expertin wies darauf hin, dass genetisch bedingte Mammakarzinom-Subtypen in der Regel einen spezifischen Phänotyp aufweisen, den es weiter zu validieren gilt.

Wie sicher ist der Genbefund?

Eine weitere Frage ist in diesem Zu-sammenhang, wie sicher der Gen-befund ist. Prof. Schmutzler wies darauf hin, dass pathogene und nicht-pathogene Mutationen unterschieden werden. Das eigentliche Problem im klinischen Alltag sind die „Varianten unklarer Signifikanz“, die sogenannten VUS. Für eine genetische Testung kommen nur Frauen mit einer eindeutig oder wahrscheinlich pathogenen Gen-Variante infrage. Die Prävalenz der VUS ist mit der Detektion neuer Gene von 6 auf 25 % angestiegen.

Die Strategie müsse daher sein, so die Referentin, die klinische Relevanz neuer Gene in prospektiven Kohorten zu validieren. Die AGO Mammakarzinom empfiehlt die Zuweisung entsprechender Patientinnen an spezialisierte Zentren des Konsortiums oder an kooperierende Zentren (5 D +). Die klinische Interpretation von Genbefunden müsse nach einer einheitlichen und konsentierten Terminologie erfolgen.

Vorsicht Vergütungslücke

Hinsichtlich der Testung nach AGO-Empfehlung ist jeweils eine Vergütungslücke zu beachten. Im Konsens zwischen DK-FBEK und Kassen können derzeit Patientinnen mit TNBC bis zu einem Alter von 50 Jahren auf eine BRCA1/2-Mutation getestet werden. Bei Frauen mit singulärem Ovarialkarzinom wird eine BRCA-Testung bis zum 80. Lebensjahr von den Kassen finanziert. Der Konsensus deckt die AGO-Empfehlung damit jeweils nicht komplett ab. Eine wichtige Herausforderung besteht laut Prof. Schmutzler daher darin, die unterschiedlichen Einschlusskriterien zu harmonisieren.

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Brustkrebsrisiko und Prävention: Konkretisierung für den klinischen Alltag.
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