Experte erwartet Zulassung

Dr. Daniela Erhard

Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat ist gegen Nektin-4 gerichtet, das von den meisten Urothelkarzinomen exprimiert wird. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat ist gegen Nektin-4 gerichtet, das von den meisten Urothelkarzinomen exprimiert wird. © iStock/mi-viri

Ohne Platin geht in der Therapie des metastasierten Urothelkarzinoms nichts. Checkpoint-Inhibitoren und Antikörper-Wirkstoff-Konjugate können aber helfen, noch mehr für den Patienten herauszuholen.

Die cisplatinbasierte Therapie ist der Erstlinien-Standard in der Behandlung des metastasierten Urothelkarzinoms. Je nach Studie und Regime sprechen zwischen 36 % und 71 % der Erkrankten darauf an – wenn auch nur mit eher geringen Raten an Komplettremissionen und einem medianen Gesamtüberleben um die 14 Monate, fasste Professor Dr. Jürgen Gschwend vom Klinikum rechts der Isar, München, zusammen.

Das Problem: Personen, die bereits stark eingeschränkt sind, eine Kreatinin-Clearance von maximal 60 ml/min haben oder unter Hörverlust, Neuropathien bzw. Herzinsuffizienz leiden, kommen leitliniengemäß für Cisplatin nicht infrage. Und das seien, so der Referent, etwa die Hälfte der Patienten. Sie sollten laut der Leitlinie auf Carboplatin ausweichen, allen anderen wird das jedoch nicht empfohlen. Denn die Verbindung stelle mit geringerem Ansprechen und einigen Monaten kürzerer Überlebenszeit keinen adäquaten Ersatz dar. Prof. Gschwend mahnte daher, Carboplatin nicht vorschnell einzusetzen. Lieber solle man die Cisplatindosis splitten, um die Substanz trotzdem verwenden zu können.

Avelumab als „Game Changer“ in der Erstlinie

Allerdings könnte sich die Lage in der ersten Linie grundlegend bessern. Und zwar durch eine Erhaltungstherapie mit Avelumab. Als „Game Changer“ bezeichnete der Urologe den PD-L1-Inhibitor, der in der JAVELIN-Bladder-100-Studie als erster Checkpoint-Blocker einen Vorteil und das beste Ergebnis bisher beim metastasierten Urothelkarzinom bot.

Patienten, die auf eine platinbasierte Chemotherapie mindestens mit einer stabilen Erkrankung angesprochen hatten und zur Erhaltung mit Avelumab randomisiert worden waren, erreichten darin mit 22,1 Monaten ein um 7,5 Monate längeres medianes Gesamtüberleben als Personen der Best-Supportive-Care-Gruppe (HR 0,70; 95%-KI 0,56–0,86; p = 0,0008).

Dabei bildete der PD-L1-Status einen wichtigen Prädiktor für den Benefit. Ob die Betroffenen vorher Cis- oder Carboplatin erhalten hatten, spielte keine Rolle. Zusammen mit der initialen Chemo erziele man so ein medianes OS von etwa 25 Monaten, weshalb der Wirkstoff nun auch die Zulassung erhalten habe, sagte Prof. Gschwend.

Nicht ganz harmlos

Das Nebenwirkungsprofil von Avelumab beschrieb der Referent als vertretbar, auch wenn fast jeder Studienteilnehmer Begleitbeschwerden entwickelte. Im Vergleichsarm waren es aber auch mehr als drei Viertel. Knapp 12 % hätten die Avelumab-Therapie wegen unerwünschter Effekte abgebrochen, zwei Todesfälle waren wohl ebenfalls auf die Behandlung mit dem Antikörper zurückzuführen.

Auch für spätere Linien stellte der Experte eine Substanz vor, der er einen großen Stellenwert vorhersagte: Enfortumab-Vedotin. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat ist gegen Nektin-4 gerichtet, das von den meisten Urothelkarzinomen exprimiert wird. Es verbesserte in der EV-301-Studie als Drittlinientherapie das mediane OS auf knapp 13 Monate. Das waren rund vier Monate mehr als unter der Standardbehandlung mit Docetaxel, Paclitaxel oder Vinflunin und entsprach einer Reduktion des Sterberisikos um 30 % (HR 0,70; 95%-KI 0,56–0,89; p = 0,0014) – obwohl die Teilnehmer schwer vortherapiert waren. Auch viele Subgruppen profitierten von Enfortumab-Vedotin, darunter Patienten mit Lebermetastasen. Die Nebenwirkungen bewertete der Referent in beiden Studienarmen als ähnlich. Von mind. Grad 3 seien sie unter dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat eher geringer gewesen. Hier bildeten Hautausschläge mit 7 % die häufigste schwerere Nebenwirkung. Unter Chemotherapie dominierten ab Grad 3 die Abnahme der Neutrophilen bis hin zur (febrilen) Neutropenie, die B-Zell-Reduktion und die Anämie, die 5–13 % der Behandelten betrafen. Prof. Gschwend erwartet, dass das Präparat in Europa bald zugelassen wird und dann auch hierzulande als Option in der Zweit- und Drittlinie zur Verfügung steht. 

Quelle: Gschwend JE. 73. Kongress der DGU; Session AF01.1
73. Kongress der DGU

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat ist gegen Nektin-4 gerichtet, das von den meisten Urothelkarzinomen exprimiert wird. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat ist gegen Nektin-4 gerichtet, das von den meisten Urothelkarzinomen exprimiert wird. © iStock/mi-viri