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Faziale Schmerzen richtig einordnen und behandeln

Trigeminusneuralgien machen ein Drittel der Fälle von Gesichtsschmerzen aus. Fast genauso oft steckt ein Clusterkopfschmerz dahinter, und bei etwa jedem zehnten Patienten eine postherpetische Neuralgie oder ein atypischer idiopathischer Gesichtsschmerz. Die Schmerzcharakteristik (s. Kasten), mögliche Trigger und Begleiterkrankungen müssen daher genau erfragt werden, betonte Privatdozent Dr. Tim Jürgens von der Klinik für Neurologie an der Universitätsmedizin Rostock.
Bis zu 200 Attacken pro Tag
Ein Hub Lidocainspray verschafft Linderung
Bei der klassischen Form liegt meistens ein Kontakt zwischen Gefäßen und Nerven plus eine Atrophie des Trigeminus zugrunde. 11 % der Fälle werden als idiopathisch klassifiziert, 15 % stehen im Zusammenhang mit einer Grunderkrankung, z.B. der Multiplen Sklerose oder einem Tumor. In der akuten Situation verschafft ein Hub Lidocainspray Linderung. Ganz schwer Betroffene, die womöglich nicht mehr essen können, erhalten Phenytoin 250 mg intravenös über 15 Minuten. Ansonsten erfolgt die Therapie vorzugsweise mit Carbamazepin (200–1600 mg oral). Das initiale Ansprechen auf das Arzneimittel gilt als bezeichnend für die Trigeminusneuralgie. Eine Alternative, allerdings mit schwächerer Evidenz, ist Oxcarbazepin (300–1800 mg). Als zweite Wahl gelten Gabapentin, Pregabalin und Lamotrigin. Wenn alle Medikamente versagen, kommen interventionelle Verfahren zum Einsatz. Im ersten Jahr lassen sich 70 % der Patienten medikamentös befriedigend einstellen, bei bis zu 50 % werden im Verlauf Interventionen nötig. Ganz anders als die Trigeminusneuralgie präsentiert sich der anhaltende idiopathische Gesichtsschmerz, früher bekannt als atypischer Gesichtsschmerz. Nahezu täglich quält die Betroffenen ein undulierender, tief wühlender Schmerz, anfangs lokal begrenzt in einer Gesichtshälfte, später kann er sich ausbreiten. Neurologische Defizite liegen nicht vor, vor allem keine Hypästhesie. Außerhalb der Beschwerden gibt es keine auffälligen Befunde. Allerdings finden sich gehäuft psychiatrische Komorbiditäten, vor allem affektive und somatoforme Störungen. Die Kranken durchlaufen oft eine wahre Odyssee an Arztbesuchen. Viele bekommen mehrere oder sogar alle Zähne gezogen, weil sie immer wieder über heftige Odontalgien klagen. „Doch der Schmerz nimmt nach dem Ziehen des ersten Zahns eher zu“, warnte Dr. Jürgens. Das oberste therapeutische Gebot lautet daher: auf alle nicht dringlich indizierten Behandlungen beim Dentisten verzichten! Zur Prophylaxe der Schmerzen eignen sich in erster Linie Amitriptylin, Amitriptylinoxid, Doxepin und Clomipramin. Medikamente der zweiten Wahl sind Gabapentin, Pregabalin, Venlafaxin und Duloxetin. Als nicht-medikamentöse Option sollte man eine kognitive Verhaltenstherapie in Betracht ziehen.Quelle: Online-Kopfschmerztage 2020
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