Früher oder später trifft die Kardiomyopathie jeden Diabetiker

Dr. Anja Braunwarth

Es ist nicht der Zucker selbst, der das Herz eines Diabetikers attackiert und zur Kardiomyopathie führt. Es ist nicht der Zucker selbst, der das Herz eines Diabetikers attackiert und zur Kardiomyopathie führt. © iStock/deepblue4you

Diabetiker entwickeln schneller eine Herzinsuffizienz als Stoffwechselgesunde, noch dazu mit schlechterer Prognose. Die Forschung trägt dem Rechnung und konzentriert sich zunehmend auf das mögliche kardioprotektive Potenzial verschiedener Antidiabetika.

Jeder Anstieg des HbA1c um 1 % erhöht das Risiko für eine Herzinsuffizienz bei Typ-2-Diabetikern um 8 %, bei Typ-1-Diabetikern sogar um 30 %, berichtete Professor Dr. Rebecca Ritchie vom Baker Heart and Diabetes Institute in Melbourne. Wie eine Studie mit 842 Typ-2-Diabetikern mit erhaltener Ejektionsfraktion zeigte, lassen sich klinisch und echokardiographisch drei kardia­le Phänotypen unterscheiden:

  • Männer mit erhaltener systolischer und diastolischer Funktion
  • Männer mit linksventrikulärer Hypertrophie und systolischer Funktionsstörung
  • übergewichtige und hypertensive Frauen mit diastolischer Dysfunktion

Erwartungsgemäß erhöhte jegliche Beeinträchtigung der kardialen Leis­tung das Risiko der Patienten für kardiovaskuläre Mortalität und Hospitalisation. Auf lange Sicht schwebten vor allem die kardial vorgeschädigten Männer in Gefahr: Etwa jeder Fünfte von ihnen erreichte innerhalb von acht Jahren den Studienendpunkt.

Zwar spielen Adipositas und Hypertonie eine wichtige Rolle in der negativen kardiovaskulären Entwicklung. Doch auch der Diabetes selbst greift über verschiedene Pathomechanismen das Herz direkt an. Dazu gehören z.B. verschlechterte Kalziumregulation, Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, inflammatorische Prozesse und die Beeinträchtigung der mitochondrialen Funktion. Das heißt, man muss bei jedem Zuckerkranken früher oder später mit einer diabetischen Kardiomyopathie rechnen, betonte Prof. Ritchie.

Zwei Substanzgruppen punkten auch kardiovaskulär

Seit 2008 verlangen die amerikanischen und europäischen Behörden, dass Antidiabetika ihre kardio­vaskuläre Sicherheit unter Beweis stellen müssen. Damit stieg die Zahl der Studien, die sich mit deren Einfluss auf Herz und Kreislauf beschäftigten. Punkten können hierbei vor allem GLP-1-Rezeptorantagonisten und SGLT-2-Inhibitoren.

GLP-1-Rezeptorantagonisten bessern die endotheliale Funktion, steigern die Aktivität der endothelialen Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS), mindern den Stress für das endoplasmatische Retikulum und senken den systolischen Blutdruck um 2–3 mmHg. Zudem gibt es erste Hinweise darauf, dass die Substanzen die linksventrikuläre Funktion langfristig stützen. Einige dieser Eigenschaften sind gänzlich unabhängig von der glykämischen Kontrolle.

Den positiven Langzeiteinfluss auf den linken Ventrikel scheinen SGLT-2-Inhibitoren ebenfalls zu haben. Außerdem zeigten sie einen klaren Benefit in puncto herzinsuffizienzbedingter Hospitalisierungen. Über welche Mechanismen sie das Herz schützen, ließ sich noch nicht genau klären. Man vermutet u.a. Modulationen am Natrium-Wasserstoff-1-Austauscher und am autonomen Nervensystem oder gegensätzliche Effekte zum Leptin. Als wesentliche Nebenwirkung nannte die Referentin eine erhöhte Rate an Amputationen unter SGLT-2-Inhibitoren.

Zukünftig werden sich die Bemühungen vermutlich darauf konzentrieren, Strategien zu enwickeln, die direkt an den zugrunde liegenden Pathologien der diabetischen Kardiomyopathie ansetzen, so der Ausblick von Prof. Ritchie.

Quelle: ESC (European Society of Cardiology) Congress 2018

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Es ist nicht der Zucker selbst, der das Herz eines Diabetikers attackiert und zur Kardiomyopathie führt. Es ist nicht der Zucker selbst, der das Herz eines Diabetikers attackiert und zur Kardiomyopathie führt. © iStock/deepblue4you