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Bei angeborenen Kardiomyopathien die Angehörigen zum Gentest schicken

Je nach Erkrankungstyp treten die ersten Symptome einer angeborenen Kardiomyopathie erst nach der Pubertät oder im frühen Erwachsenenalter auf. Viele Patienten bleiben sogar bis an ihr Lebensende asymptomatisch, schreiben Dr. Chris Miles und Kollegen von der St. George’s Universität London. Der plötzliche Herztod aus dem scheinbaren Nichts – vor allem bei starker körperlicher Belastung – ist zum Glück selten.
Die angeborenen Kardiomyopathien umfassen im Wesentlichen drei Entitäten: die hypertrophe, die dilatative und die arrhythmogene Kardiomyopathie (HCM, DCM, ACM). Sie manifestieren sich zunächst unspezifisch über Belastungsdyspnoe, Brustschmerz, Synkopen und Palpitationen vor allem bei Sport oder anderen körperlichen Belastungen.
In diesen Fällen stehen die Hausärzte an vorderster Front. Sie sind es, die die Zeichen richtig deuten und frühzeitig Untersuchungen einleiten müssen, betonen die Herzspezialisten. Spätestens wenn die Patienten zusätzlich über eine familiäre Häufung von Herzkrankheiten oder plötzlichem Herztod berichten, sollte nachgeforscht werden. Auch bei jungen Athleten ist besondere Vorsicht nötig.
Konkrete Hinweise auf eine Kardiomyopathie gibt das 12-Kanal-EKG. Verdächtige Befunde werden optimalerweise an einen Kardiologen weitergeleitet und ggf. durch weitere Spezialuntersuchungen ergänzt. Die kardiale Bildgebung liefert weitere Hinweise z.B. zu Hypertrophie und anderen Gewebeanomalien und hilft zusätzlich bei der Abgrenzung z.B. gegen einen Amyloidose- oder Morbus Fabry-Hintergrund.
Den meisten angeborenen Kardiomyopathien liegt eine einzelne Genmutation zugrunde, die autosomal dominant vererbt wird. Eine genetische Untersuchung unterstützt und sichert die Diagnose, wenngleich ein negativer Befund eine angeborene Störung nicht vollständig ausschließt. Auch können genetische Varianten detektiert werden, deren klinische Relevanz bisher nicht sicher beurteilt werden kann.
Bei positivem genetischem Befund sollten sich auch Angehörige testen lassen. Damit wird den Erwachsenen meist Unsicherheit genommen, psychische Belastungen durch die Tests sind laut qualitativen Studien selten. Bei einer Gentestung von Kindern können allerdings unnötige Ängste geschürt werden. Außerdem kann das Kind durch übervorsichtige Eltern in seiner selbstständigen Entwicklung gehemmt werden, so die Erfahrung der Kardiologen. Auswirkungen hat die genetische Testung möglicherweise auch auf die Familienplanung. In allen Fällen mit genetisch positivem, klinisch aber unauffälligem Befund wird in jährlichen Abständen auf mögliche Einschränkungen hin untersucht. Ohne genetischen Befund raten die Experten zu zwei- bis fünfjährlichen Intervallen.
Therapie-Empfehlungen auf Basis einer Risikoabschätzung für klinisch symptomatische Patienten gibt der Kardiologe. Dieser kann beurteilen, ob zur Vorbeugung schwerer Herzattacken ein Kardioverter-Defibrillator (ICD) implantiert werden sollte. Es gilt: In der Sekundärprävention ist die ICD-Implantation anerkannt, in der Primärprävention dagegen umstritten und allenfalls Hochrisikopatienten vorbehalten. Medikamentös stehen für die symptomatische HCM in der Erstlinie Betablocker bis zur Maximaldosis zur Verfügung. Bei der DCM kommen ggf. Antiarrhythmika zum Einsatz, bei ACM Betablocker und bei komplexen Krankheitsbildern ebenfalls Antiarrhythmika.
In der Lebensstilberatung stehen Rauchverzicht, ein gesunder BMI und körperliche Aktivität im Vordergrund. Einer regelmäßigen moderaten Bewegung und sportlicher Betätigung steht nichts im Wege, so die Kardiologen, bei Wettkampfsportarten sollte aber der Spezialist befragt werden. Das gilt auch für positiv getestete, aber asymptomatische Personen, die Wettkampfsport betreiben wollen. Bei der Salz- und Flüssigkeitszufuhr gibt es keine Sonderempfehlungen.
Quelle: Miles C et al. BMJ 2019; 365: I1570
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