Gabapentinoide bei Übergebrauch und Abhängigkeit langsam absetzen

Dr. Dorothea Ranft

In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen indiziertem und falschem Gebrauch von Gabapentinoiden oft schwierig. In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen indiziertem und falschem Gebrauch von Gabapentinoiden oft schwierig. © iStock/SARINYAPINNGAM

Die häufig gegen Schmerzen eingesetzten Gabapentinoide bergen Abhängigkeitspotenzial. Umso wichtiger ist es, unter der Therapie auf ein Abgleiten in den riskanten Gebrauch zu achten und rechtzeitig gegenzusteuern.

Zugelassen sind Gabapentin und Pregabalin nicht nur zur Behandlung von Epilepsie, sondern auch von (peripheren) neuropathischen Schmerzen bei Erwachsenen. Pregabalin kann zudem bei der generalisierten Angststörung indiziert sein. Ein Blick in Berichte und verfügbare Daten zeigt jedoch, dass beide Substanzen wahrscheinlich noch bei anderen Indikationen zum Einsatz kommen. Off label. Zudem mehren sich die Hinweise, dass Patienten selbst bei medizinisch indiziertem Einsatz eine Abhängigkeit entwickeln. Pregabalin wird dabei ein höheres Risiko zugeschrieben als Gabapentin.

In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen indiziertem und falschem Gebrauch allerdings oft schwierig, heißt es in der neuen S3-Leitlinie zu medikamentenbezogenen Störungen aus der Feder von DGPPN* und DG-Sucht**. Als besonders gefährdet gelten Patienten mit komorbider Suchterkrankung. Männliches Geschlecht, eine Einnahmedauer von mehr als einem Jahr sowie supratherapeutische Dosen und ein anderweitiger Substanzmissbrauch, beispielsweise von Opioiden, zählen zu den weiteren Risikofaktoren. Am besten fragen Sie schon bei der Suchtanamnese gezielt nach Gabapentinen.

Oft hilft schon die Beratung des Patienten weiter

Wird mit Gabapentinen behandelt, muss der Patient regelmäßig im Hinblick auf potenzielle Missbrauchszeichen wie Toleranzentwicklung, Dosissteigerung und wirkstoffsuchendes Verhalten kontrolliert werden. Besonders wichtig ist dieses Monitoring bei langfristiger Anwendung und im Off-Label-Einsatz. Sicherheitshalber sollten Verordnung und Therapiekontrolle durch denselben Arzt erfolgen oder zumindest in enger Absprache zwischen den Kollegen.

Ergeben sich Hinweise auf einen falschen bzw. schädlichen Gebrauch, kann bereits eine Beratung über die Risiken weiterhelfen. Außerdem sollten Sie kritisch die Indikation der Behandlung prüfen und nach möglichen Alternativen Ausschau halten. Handlungsbedarf besteht vor allem, wenn der Patient die empfohlene Tagesdosis überschreitet oder sich den Wirkstoff von mehreren Ärzten verschreiben lässt.

Etwa ein Drittel der mit Pregabalin Behandelten entwickelt nach dem Absetzen Entzugssymptome. Erste Beschwerden treten i.d.R. etwa sechs Stunden nach der letzten Einnahme auf. Diese können je nach eingenommener Dosis ein bis zwei Wochen anhalten und so schwer verlaufen, dass der Patient stationär behandelt werden muss. Zu den typischen Zeichen zählen

  • vegetative Symptome wie Schwitzen, Tachykardie, Hypertonie, Unruhe mit schwerster Agitiertheit und Dysphorie,
  • Schlafstörungen,
  • Übelkeit,
  • Angst,
  • Durchfall,
  • grippeähnliche Symptome,
  • Krampfanfälle.

Deshalb sollten Gabapentinoide bei Übergebrauch und Abhängigkeit nicht abrupt abgesetzt, sondern langsam ausgeschlichen werden. Die Reduktionsschritte richten sich nach dem individuellen Verlauf. Trizyklische Antidepressiva und niederpotente Neuroleptika können die Entzugssymptome mildern. Wie bei der Alkoholabhängigkeit wird eine multimodale suchtmedizinische Spezialbehandlung empfohlen.

* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
** Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie

Quelle: S3-Leitlinie Medikamentenbezogene Störungen, AWMF-Register-Nr. 038-025

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In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen indiziertem und falschem Gebrauch von Gabapentinoiden oft schwierig. In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen indiziertem und falschem Gebrauch von Gabapentinoiden oft schwierig. © iStock/SARINYAPINNGAM