Gefäß zu, Schmerz weg

Dr. Elke Ruchalla

Wenn die Schmerzen durch die Gonarthrose unerträglich sind, muss eingegriffen werden. Wenn die Schmerzen durch die Gonarthrose unerträglich sind, muss eingegriffen werden. © iStock/stefanamer

Frühformen der Gonarthrose werden zunächst konservativ behandelt – dazu gehören körperliche Aktivität, Schmerzmittel und Gewichts­abnahme. Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung hilft das aber nicht weiter. Für sie gibt es eine neue Option.

Bei höhergradiger Gonarthrose bleiben, wenn alle nicht-chirurgischen Verfahren ausgeschöpft sind, oft nur operative Interventionen bis hin zur Implantation einer Kniegelenk-Total­endoprothese. Die TEP eignet sich aber nicht für jeden Patienten gleich gut: Bei sehr jungen steht z.B. ziemlich sicher fest, dass die Prothese nach einiger Zeit gewechselt werden muss – ein wesentlich aufwendigerer Eingriff als die Erst-OP, schreiben der Radiologe Professor Dr. Peter Minko­ von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Orthopäde Professor Dr. Patrick Orth vom Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar. Ebenso sind Ältere mit zahlreichen Begleit­erkrankungen von Herz und/oder Lunge nicht die idealen Kandidaten für einen operativen Eingriff.

Seit einigen Jahren gibt es eine weitere Option: die temporäre Embolisation der kleinen Kniegelenkarterie (A. genicularis). Dabei punktiert man die A. femoralis und injiziert zunächst Kontrastmittel. Gibt der Patient dabei die typischen Arthroseschmerzen an, kann das ein prognostisch güns­tiges Zeichen für den Therapieerfolg sein. Danach wird unter Durchleuchtungskontrolle ein kleiner Katheter bis in die Zielgefäße vorgeschoben. Zum Verschluss der Gefäße eignen sich entweder kleine Mikrosphären oder eine Antibiotikamischung (Imipenem/Cilastatin). Sinn der Sache ist die Ausschaltung der kleinen Arterien, die für die schmerzauslösende Hypervaskularisation verantwortlich sind (s. Kasten), ohne die großen Gefäße­ zu beeinträchtigen.

Sie wirkt – aber wie?

Da der erste Schritt hin zur Arthrose eine Entzündungsreaktion darstellt, bei der proinflammatorische Zyto- und Chemokine freigesetzt werden, nehmen Fachleute eine darauffolgende Gefäß- und Nervenneubildung an (synoviale Angiogenese), die zu den immer stärker werdenden Schmerzen beiträgt. Vermindert man die Blutversorgung, wie es bei der Embolisation der Fall ist, sollten also die Inflammation und ihre Folgen abklingen. Darüber hinaus entfällt durch die Schmerzmedikation eine Schonhaltung und damit Fehlbelas­tung des Knies.

Vorsicht bei Niereninsuffizienz und Gerinnungsstörungen

Die Punktionsstelle in der Leiste wird zunächst manuell und dann mit einem Druckverband für 24 Stunden komprimiert. Nach dem Eingriff muss der Patient sechs Stunden liegen – daher empfiehlt sich eine stationäre Aufnahme – und darf zwei Tage lang keinen Sport treiben. Infrage kommt die Embolisation für:
  • Patienten mit einer Arthrose ≥ Grad 1 nach Kellgren-Lawrence
  • nach unzureichender oder bei kontraindizierter konservativer Therapie (weiterhin chronische Knieschmerzen) auch mit Schmerzmitteln (NSAR, Opioide nur ausnahmsweise)
  • junge Patienten sowie solche, die nach Knie-TEP über weiter bestehende Schmerzen klagen – aber nur nach Ausschluss aller anderen Schmerzgründe (z.B. Infektion, Prothesenlockerung oder -fehllage)
  • eventuell ältere, multimorbide Patienten z.B. unter Antikoagulation
Eine absolute Kontraindikation stellt ein akuter Infekt im Gelenk dar, relative Kontraindikationen umfassen eine Niereninsuffizienz (Kontrastmittel!) und eine Gerinnungsstörung (Quick unter 50 % bzw. INR* über 1,5).

Auch eine Option für die Frozen Shoulder?

Bislang berichten die veröffentlich­ten Studien positive Ergebnisse mit geringeren Schmerzen (Reduktion um bis zu 50 %) und besserer Funktionalität des Gelenks nach dem Eingriff. Zudem lässt sich die Methode bei Bedarf problemlos wiederholen und steht mit keinem anderen Eingriff in Konflikt. Dementsprechend denken die Experten auch schon über weitere Indikationen nach, etwa bei Frozen Shoulder­, Epicondylitis und Arthrosen des Sprunggelenks.

* International Normalized Ratio

Quelle: Minko P, Orth P. Schmerzmedizin 2021; 37: 20-23; DOI: 10.1007/s00940-021-3132-3

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Wenn die Schmerzen durch die Gonarthrose unerträglich sind, muss eingegriffen werden. Wenn die Schmerzen durch die Gonarthrose unerträglich sind, muss eingegriffen werden. © iStock/stefanamer