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Gonarthrose – Was tun, wenn’s im Knie knirscht?

Eine Frau jenseits der Wechseljahre kommt in die Sprechstunde. Obwohl sie nie Knieprobleme hatte, schmerzen die Gelenke nun seit einigen Monaten. Zunächst leicht, mittlerweile immer stärker und vor allem nach längerer Belastung. Es sei ein dumpfer Schmerz, sagt sie, der das gesamte Gelenk umfasse. Nach längeren Pausen seien die Knie außerdem häufig steif. Geschwollen oder gerötet waren sie bislang aber nie.
Eingeschränkte Flexion und Osteophyten als Wegweiser
Schilderungen wie diese sind charakteristisch für eine Gonarthrose, erklärt Professor Dr. Leena Sharma von der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago. Eine Erkrankung, die mehr als ein Drittel der Senioren über 60 Jahre betrifft und die Patienten schwer beeinträchtigen kann. Denn sie zieht nicht nur den Knorpel, sondern das gesamte Knie in Mitleidenschaft.
Um die Diagnose im genannten Fall zu sichern, empfiehlt die Rheumatologin, die Patientin gründlich zu untersuchen und die Knie zu röntgen. Krepitation, Osteophyten oder eingeschränkte Flexion der Knie gehören dann zu den Wegweisern. Möglicherweise findet man auch Fehlstellungen sowie weitere betroffene Gelenke. Entzündungszeichen seien dagegen meist gering, so die Autorin. Stark gerötete, geschwollene und warme Gelenke sprächen eher für bakterielle oder chronische Inflammationen. Röntgenaufnahmen können helfen einzuschätzen, wie weit die Arthrose bereits fortgeschritten ist. Häufig stimmen Symptomstärke und Schweregrad der Schäden nicht überein, gerade zu Beginn der Erkrankung.
Neben der Diagnostik braucht es vor allem eine sorgfältige Anamnese. Welche Therapie am besten ist, hängt auch von den Begleitumständen ab. Physische und psychische Komorbiditäten spielen dabei ebenso eine Rolle wie der Lebensstil der Patienten.
Medikamentöse Basis stellen vor allem die nicht-steroidalen Antirheumatika dar – wenn möglich topisch, sonst oral. Für Letzteres empfiehlt Prof. Sharma, im Vorfeld das Kreatinin zu bestimmen. Außerdem sollte man Dosis und Dauer so gering wie möglich halten. Gemäß Leitlinien sind entweder nicht-selektive NSAR plus PPI oder COX-2-Hemmer zu bevorzugen. Nur bei Patienten mit Herz- und Gefäßkrankheiten verzichtet man auf orale NSAR, da sich sonst das Risiko für Herzinfarkte erhöht.
Alternativen dazu gibt es kaum. Eventuell kann man es kurzzeitig mit Paracetamol versuchen. Bei regelmäßigem Gebrauch riskiert man jedoch Leberschäden. Betroffenen mit weitreichenden Schmerzen oder Depressionen könnte der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin helfen, so Prof. Sharma. Sogar Tramadol sei in seltenen Fällen möglich, wenn die Schmerzen sehr stark sind und NSAR nicht infrage kommen. Allerdings muss man den Einsatz des Opioidrezeptorantagonisten sorgfältig gegen die Gefahr von Abhängigkeit und erhöhter Mortalität abwägen.
Intraartikuläre Glukokortikoide hält sie dagegen nur für spezielle, punktuelle Anlässe bedenkenswert. Kurzfristig lindere eine Injektion zwar die Schmerzen, allerdings sei Physiotherapie oft genauso effektiv und auf Dauer sogar besser. Regelmäßig verabreicht, erhöhen Glukokortikoidinjektionen nämlich den Knorpelverlust.
Auch aus diesem Grund haben nicht-medikamentöse Ansätze eine große Bedeutung, allen voran Bewegung. Sie reduziert Schmerzen und bessert Funktion sowie Lebensqualität. Bereits eine Stunde wöchentlich erhöht die Chance, ohne Behinderung weiterleben zu können. Als nützlich erweisen sich dabei eine Vielzahl an sportlichen Aktivitäten – z.B. Wassersport, leichte Gymnastik, Gleichgewichtsübungen oder Tai-Chi. Übergewichtige sollten zusätzlich ihre Ernährung umstellen.
Idealerweise führe ein Physiotherapeut in die Übungen ein und passe sie individuell an, so Prof. Sharma. Durch Techniken zum Umgang mit Schmerzen, Stress und Ängsten lassen sich die positiven Effekte verstärken – was auch online funktioniert. Gerade das sogenannte „Katastrophisieren“ von Schmerzen sollte man dabei angehen. Dies fördere das Vermeiden von Bewegung, was nicht nur bei Gonarthrose kontraproduktiv ist.
Ganz oder gar nicht, und nicht nur ein bisschen
Ist der Gelenkverschleiß dennoch nicht aufzuhalten und schon fortgeschritten, sollte man an einen Knieersatz denken. Von sonstigen Eingriffen wie Meniskusteilresektionen raten die Rheumatologin wie auch praktische Leitlinien ab.
Quelle: Sharma L. N Engl J Med 2021; 384: 51-59; DOI: 10.1056/NEJMcp1903768
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