Gonarthrose: Schmerzen aus den Knien zwingen

Dr. Dorothea Ranft

Bei der Gonarthrose gibt es viele verschiedene medikamentöse Möglichkeiten, um das Knie wieder in Schwung zu bringen. Bei der Gonarthrose gibt es viele verschiedene medikamentöse Möglichkeiten, um das Knie wieder in Schwung zu bringen. © wikimedia/Scuba-limp

Schmerzen gelindert, aber Magen, Nieren und Herz ruiniert? Die medikamentöse Therapie der Gonarthrose ist ein zweischneidiges Schwert. Eine neue Leitlinie beschreibt, wie Sie NSAR möglichst organschonend einsetzen und wann Alternativen zum Zuge kommen sollten.

Schon mit der passenden Galenik kann man das gastrointestinale Risiko der NSAR erheblich senken. Salbe vor Tablette, lautet deshalb die Devise – insbesondere in der Gruppe der über 75-jährigen Arthrosepatienten. So fordert es die aktuelle Leitlinie Gonarthrose unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chir­urgie (DGOOC). Beispielsweise zeigte sich topisches Diclofenac in direkten Vergleichsstudien ebenso wirksam wie orales. 

Erst wenn die topische Anwendung nicht ausreichend wirkt, kommt eine orale NSAR-Therapie infrage. Diese sollte allerdings immer nur befristet erfolgen, während der Schmerzperioden und bis zum Abklingen der Entzündung. Patienten mit erhöhtem gastrointestinalem Risiko benötigen zusätzlich einen Protonenpumpenhemmer (PPI). Denken Sie auch an die Aufklärung: Schließlich wissen viele Anwender nicht, dass sie die Einnahme bei Oberbauchschmerzen oder Teerstuhl abbrechen und einen Arzt aufsuchen sollen. 

Cave mit NSAR für Ü60er

Um das Risiko unerwünschter Effekte zu minimieren, gilt insbesondere für Patienten über 60 Jahre:
  • Einsatz von NSAR mit kurzer Halbwertszeit
  • Ulkus-Prophylaxe
  • routinemäßige Überwachung von Magen-Darm-Trakt, Blutdruck und Nierenfunktion
  • altersadaptierte Reduktion der Tagesdosis

Kortisonspritze kann den Knorpel schwinden lassen

Falls jemand trotz Ulkusblutung in der Anamnese ein NSAR braucht, ist die Kombination von COX-2-Hemmer und PPI zu bevorzugen. Bei erhöhtem Herzrisiko sollte man die Analgetika nur unter strenger Indikation verordnen (bevorzugt Naproxen) oder gleich Alternativen in Betracht ziehen. Erfolgt gleichzeitig eine kardiovaskuläre Sekundärprävention mit niedrig dosiertem ASS, plädiert die Leitlinie für ein klassisches NSAR plus Magenschutz. Zu beachten ist, dass durch die Gabe die antihypertensive Wirkung von ACE-Hemmern und Diuretika abgeschwächt werden kann. Eine Alternative bei unzureichendem Effekt, Kontraindikationen oder erhöhtem Nebenwirkungsrisiko bieten intraartikulär applizierte Kortikosteroide. Mit ihrer Hilfe lässt sich im Entzündungsschub eine kurzfristige Schmerzreduktion (max. vier Wochen) erreichen. Funktionelle Parameter wie Steifheit, Gehstrecke und Lebensqualität werden dagegen weniger beeinflusst. Die Steroide sollten in möglichst niedriger, aber wirksamer Dosierung injiziert werden. Größere Mengen können einer Metaanalyse zufolge die Knorpelmasse reduzieren. Strenge Asepsis ist Voraussetzung, weshalb die Applikation durch mit dem Verfahren vertraute Ärzte erfolgen sollte. Auch Hyaluronsäure-Injektionen können eingesetzt werden, wenn NSAR kontraindiziert sind oder unzureichend wirken. Metaanalyen bescheinigen der intraartikulär applizierten Hyaluronsäure eine klinisch relevante Schmerzlinderung. Die Therapieform ist aber nach wie vor umstritten, US-Kollegen befürworten die Injektion nicht – allerdings beruhe deren Analyse zum Teil auf falsch verwendeten mathematischen Methoden, räumen die Leitlinienautoren ein. Die einzelnen Präparate unterscheiden sich biochemisch stark, was die Übertragung klinscher Ergebnisse von einem auf das andere und eine konkrete Empfehlung erschwert. Bei aktivierter Arthrose kann die gemeinsame Injektion von Steroid und Hyaluronsäure die Schmerzhemmung beschleunigen. Die orale Gabe von Glucosamin ist einen Versuch wert. Die Applikation kommt infrage, wenn Patienten NSAR nicht vertragen bzw. ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko besteht (z.B. bei kritischen Begleiterkrankungen, höherem Alter).

Kurzzeitige Opioidgabe nur in Extremsituationen

Auch der Wunsch des Patienten nach einer komplikationsarmen Therapie sollte berücksichtig werden. Allerdings sind die bisher publizierten Daten zur analgetischen und funktionsverbessernden Wirkung widersprüchlich. In einer Studie mit fast 1600 Gonarthrose-Patienten linderte Glucosamin die Schmerzen nicht besser als Placebo. Für einen knorpelschonenden Effekt fehlt bisher ebenfalls der Beweis. Bei Chondroitinsulfat sieht die Daten­lage ähnlich uneinheitlich aus.

Thrombozyten ins Gelenk?

Plättchenreiches Plasma (PRP) wird durch Zentrifugation von patienten­eigenem Vollblut gewonnnen. Je nach Herstellungsverfahren enthält PRP unterschiedliche Mengen an Thrombozyten und Wachstumsfaktoren – mit ggf. differenter Wirkung. Bis zu 800 bisher bekannte Botenstoffe und Proteine gelangen ins behandelte Gelenk. Laut Leitlinie kann PRP für degenerative Erkrankung noch nicht empfohlen werden. Eine systematische Studienübersicht zur Gonarthrose ermittelte eine klinisch relevante Verbesserung von Schmerz, Gelenkfunktion und Steifigkeit zwischen drei und zwölf Monaten nach der intraartikulären Injektion. 

Kritisch äußert sich die Leitlinie zum Einsatz von Opioiden: Eine kurzfristige Behandlung mit schwach wirksamen Opioiden eignet sich demnach nur in Extremsituationen, z.B. für inoperable Patienten oder um die Zeit bis zu einem Eingriff zu überbrücken. Die Präparate sind zwar gastrointestinal verträglicher als NSAR, aber hinsichtlich der Wirkung nicht überlegen. Denn sie führen vermehrt zu ZNS-Effekten wie Sturzneigung, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen. Entsprechend sind Mortalität, Frakturrate und kardiovaskuläre Nebenwirkungen unter Opioiden zwei- bis viermal häufiger als unter klassischen nicht-steroidalen Antirheumatika. 

Quelle: S2k-Leitline Gonarthrose, AWMF-Register Nr. 033-004, www.awmf.org

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