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Inhalierte Brennpaste sorgte für lipophile Pneumonie

Trockener Reizhusten, Fieber und starke Schmerzen im rechten Brustkorb beim Einatmen – das lässt primär an Pneumothorax, Lungenembolie, Bronchitis oder aktuell auch an COVID-19 denken. Als sich ein Mann, 35 Jahre, schlank, Raucher und regelmäßiger Konsument von Alkohol, Benzodiazepinen, Kokain und Opiatderivaten, mit eben diesen Symptomen in der Notaufnahme vorstellt, verwerfen die Ärzte um Marit Punzet vom Spital Grabs diese Differenzialdiagnosen aber sofort wieder. Denn der Mann erzählt eine Geschichte, die sie aufhorchen lässt: Am Abend zuvor habe er feuchtfröhlich Junggesellenabschied gefeiert und bereits angetrunken versucht, mit einer öligen Flüssigkeit Feuer zu spucken. Etwa einen halben Tag später hätten seine Beschwerden begonnen.
Das Gefährliche beim Feuerspucken ist, dass es unbemerkt zur Mikroaspiration der Brennpaste kommen kann. Einmal in die Lunge geraten, breiten sich die feinen lipophilen Tröpfchen schnell und diffus aus und dringen tief in die Mukosa ein. Am ersten Tag kommt es zu einer akuten, exsudativen Alveolitis mit Ödem in den Lungenbläschen. Innerhalb von zwei Wochen kann es zu Proliferationen kommen, es drohen Fibrosierungen und eine distale Atemwegsobstruktion. Die Kollegen befürchten daher, dass ihr Patient unter einer solchen „Feuerspucker-Pneumonie“ leidet.
Bakterielle Superinfektion verhindern
Klinisch war der Mann bis auf einen Puls von 107/min und eine Körpertemperatur von 38 °C erst mal unauffällig. Im Labor sind nur das CRP und die Leukozyten leicht erhöht. Das Röntgenbild zeigt allerdings rechts parakardial ein Silhouettenphänomen, das die Verdachtsdiagnose weiter bekräftigt. Um eine bakterielle Superinfektion zu vermeiden, geben die Ärzte prophylaktisch Co-Amoxicillin i.v. und zur Symptomkontrolle Paracetamol und Diclofenac. Außerdem lassen sie ihren Patienten viermal täglich Ipratropiumbromid und Salbutamol inhalieren, um die mukoziliäre Clearance zu verbessern.
Am nächsten Tag bestätigen der deutliche Anstieg des CRP auf 150 mg/l und eine CT die Diagnose. Außerdem sinken die forcierte Vitalkapazität und die Einsekundenkapazität deutlich auf 63 % bzw. 59 % ab. Da sich die Symptome aber rasch wieder bessern, können die Ärzte ihren Patienten nach drei Tagen stationärer Behandlung entlassen.
Auch wenn aufgrund der Seltenheit des Krankheitsbildes keine Evidenz für die Antibiotikaprophylaxe besteht, scheint diese zentral zu sein: Gelingt es, eine bakterielle Superinfektion – für die nach dem Einatmen von Kohlenwasserstoffen eine erhöhte Anfälligkeit besteht – zu verhindern, heilt die Feuerspucker-Pneumonie selbst in schweren Fällen meist folgenlos ab. Auch der junge Mann hat Glück im Unglück. Fünf Monate später liegen seine Lungenfunktionswerte sogar wieder knapp über dem Soll.
Quelle: Punzet M, Bayer M, Schoch O. „Feierlichkeiten mit Folgen: Fieber, Dyspnoe und Thoraxschmerz“, Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 38-40; DOI: 10.1055/a-1298-0162 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
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