Keine Angst vor Kortisoncreme

Dr. Anna-Lena Krause

Die grassierende Kortisonphobie führt dazu, dass viele Neurodermitis-Patienten auf topische Kortiko­steroide verzichten. Die grassierende Kortisonphobie führt dazu, dass viele Neurodermitis-Patienten auf topische Kortiko­steroide verzichten. © iStock/Cunaplus_M.Faba

Die grassierende Kortisonphobie führt dazu, dass viele Neurodermitis-Patienten auf topische Kortiko­steroide verzichten. Doch konsequent und richtig eingesetzt, wird man Ekzeme damit schnell und ohne Schäden los.

In allen Bereichen der Medizin gilt: Je besser ein Patient informiert ist, desto weniger unterliegt er Irrtümern und Ängsten. So auch in der Therapie mit Kortikosteroiden. „Dazu gehört, dass der Arzt genau weiß, was er tut“, erklärte Professor Dr. Wolfgang­ Wehrmann, niedergelassener Dermatologe in Münster. Nur so entwickelt der Patient Vertrauen.

Einmal pro Tag auftragen reicht vollkommen aus

Durch die systemische Anwendung drohen unerwünschte Wirkungen wie Hautatrophie, Stiernacken oder Osteoporose. Wer jedoch mit topischen Präparaten arbeitet, kann das getrost vergessen, versicherte der Referent. Die Kortikosteroide der vierten Generation (s. Kasten) umfassen Prodrugs, die von Hautenzymen in ihre wirksame Form umgewandelt werden. Somit haben die Wirkstoffe keinen Effekt auf intakte Hautareale.

Die vierte Generation
Derivate des HydrocortisonsHydrocortisonbutepratz.B. Neuroderm® Akut
Hydrocortisonaceponatz.B. Retef AP
Hydrocortison-17-butyratz.B. Alfason®
Derivate des Prednisolons

Prednicarbatz.B. Prednitop®
Methylprednisolonaceponatz.B. Advantan®

Zudem werden sie noch in der Haut im Sinne eines First-pass-Effektes zu einer systemisch weitgehend unwirksamen Form abgebaut. „Um damit zu schaden, müssen Kollegen oder Patienten sich schon sehr unvernünftig anstellen“, betonte Prof. Wehrmann. Neben ihren antiinflammatorischen Eigenschaften wirken die Steroide auch antiproliferativ. Dieser Effekt ist z.B. im Falle von Betamethason – das nicht zur vierten Generation zählt – ausgeprägt, aber nur bei Psoriasis oder hypertrophen Narben und Keloiden erwünscht. Entzündliche Dermatosen, insbesondere atopische Dermatitiden, erfordern Vertreter der vierten Generation. Diese wirken stark antientzündlich, aber kaum wachstumshemmend. Hinsichtlich der optimalen Frequenz gilt es zu bedenken, dass Kortikosteroide in der obersten Hautschicht, im Stratum corneum, akkumulieren. Somit reicht es völlig aus, das Medikament einmal pro Tag anzuwenden. „Das ist wie bei einem nassen Schwamm – wenn man etwas draufschüttet, läuft es einfach nur weg“, veranschaulichte Prof. Wehrmann­.

Lotion auf nässende Stellen, Salbe auf die Schuppenflechte

Die Devise „Viel hilft viel“ schadet sogar. Denn häufigeres oder dickes Auftragen erhöht nur das Risiko für unerwünschte Wirkungen, genauso wie die Kosten. Zudem steigt die Adhärenz, wenn der Patient die Arznei nur einmal täglich auftragen muss. Fehlt das Stratum corneum jedoch, z.B. bei nässenden Erosionen, sind täglich zwei Applikationen gerechtfertigt. Nun zu einer Salbe zu greifen, wäre aber falsch. Laut dem Experten ist die Galenik entscheidend. Es gilt: feucht auf feucht, trocken auf trocken. Für exsudative Hautareale eignen sich am besten eine Lotion oder eine wässrige Lösung, während auf Psoriasisplaques eine Salbe gehört. Doch auch für diesen Grundsatz gibt es eine Ausnahme. Im Falle von akut exsudativen Formen der Neurodermitis hat der Münsteraner sehr gute Erfahrungen mit fett-feuchten Verbänden gemacht, bei denen eine fettige Grundlage unter einen feuchten Umschlag kommt und über Nacht einwirkt.

Weitercremen, wenn nichts mehr zu sehen ist

Topische Steroide sollten nie dauerhaft zum Einsatz kommen. Ansons­ten entwickelt die Dermatose eine Resistenz gegen den Wirkstoff (Tachyphylaxie). Für akute Formen heißt das aber nicht, das Topikum nur so lange anzuwenden, bis das Ekzem verschwindet. Alle dermatologischen Fachgesellschaften nennen als State of the Art die proaktive Therapie. Nach einer ein- bis zweiwöchigen Behandlung sollte eine wesentliche Besserung eintreten. Falls nicht, handelt es sich vielleicht um das falsche Präparat, erinnerte der Hautarzt. Nach dem Therapieerfolg wird die Behandlung je nach Erkrankungsstärke über vier bis zwölf Wochen ausgeschlichen, indem das Kortison nur noch zweimal pro Woche aufgetragen wird. Dadurch treten seltener Rezidive auf. Liegt eine chronische Dermatose vor, erfolgt die Behandlung intermittierend. Prof. Wehrmann nennt dem Patienten immer genaue Zielvorgaben und erklärt den Unterschied von einer intermittierenden zu einer Dauertherapie. Der Dermatologe kritisiert, dass Hydrokortisonpräparate als OTC-Produkte erhältlich sind. „Das suggeriert: Was ich frei in der Apotheke kriege, ist nicht gefährlich.“ Dabei gehen die freiverkäuflichen Varianten mit stärkeren Nebenwirkungen einher als manch rezeptpflichtige. Daher fordert der Experte, dem Patienten das Risikopotenzial zu verdeutlichen. Zu guter Letzt warnt er Hausärzte davor, auf Wunsch des Patienten einfach das Mittel zu verschreiben, mit dem dieser schon einmal gute Erfahrungen gemacht hat. So eignet sich z.B. Clobetasol nicht für eine langfristige Anwendung. Und Kinder sollten starke Kortikosteroide nur in Ausnahmefällen erhalten. Gibt man einem Kind mit atopischer Dermatitis über zwei Wochen Clobetasol, führt das potenziell zu einem Hautschaden.

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Die grassierende Kortisonphobie führt dazu, dass viele Neurodermitis-Patienten auf topische Kortiko­steroide verzichten. Die grassierende Kortisonphobie führt dazu, dass viele Neurodermitis-Patienten auf topische Kortiko­steroide verzichten. © iStock/Cunaplus_M.Faba