Krank durch Eosinophile

Dr. Dorothea Ranft

Zahlreiche Eosinophile umzingeln ein Blutgefäß von einem Patienten mit Churg-Strauss-Syndrom. Zahlreiche Eosinophile umzingeln ein Blutgefäß von einem Patienten mit Churg-Strauss-Syndrom. © wikimedia/Nephron

Eosinophile Granulozyten erfüllen zwar wichtige Funktionen in der Immunabwehr. Sie sind aber auch an zahlreichen entzündlichen Erkrankungen ursächlich beteiligt. Biologische Therapien können Symptome und Prognose der Betroffenen erheblich verbessern.

Ein typisches Beispiel für den Einfluss der Eosinophilen ist das Asthma bronchiale. Bei vielen Patienten finden sich in Blut und Atemwegen erhöhte Werte für diese Granulozyten. Sie sind an vielfältigen pathologischen Prozessen beteiligt­ – von Epithelschäden und gestörter Zellreparatur bis zur Hypertrophie der glatten Muskulatur. Klinisch korreliert die Eosinophilie mit einem erhöhten Schweregrad und schlechterer Krankheitskontrolle, schreiben Dr. Michael Wechsler­ vom National Jewish Health Hospital in Denver und Koautoren­.

Ein Teil der Betroffenen leidet trotz zuverlässig durchgeführter inhalativer Therapie an häufigen Exazerbationen und bleibt deshalb auf orale Steroide angewiesen. In diesen schweren Fällen können Antikörper gegen IL-5 oder dessen Rezeptor (Mepolizumab, Reslizumab, Benralizumab) die Symptomlast deutlich reduzieren. Auch das IL-4 und IL-13 inhibierende Dupilumab hat sich als wirksam erwiesen, ebenso der IgE-Antikörper Omalizumab bei Patienten mit allergischem Asthma. Typisch für die eosinophile Typ-2-Inflammation ist ein Anteil von ≥ 2 % im Sputum und/oder ≥ 150 Zellen/µl Blut.

Auch bei anderen respiratorischen Erkrankungen scheinen die Eosinophilen eine wesentliche Rolle zu spielen. In einer Subgruppe von COPD-Patienten fungieren diese Granulozyten als Trigger für die Exazerbation.

Biologikum lindert auch gastrointestinale Beschwerden

Eine erhöhte Zellzahl spricht für ein Ansprechen auf inhalative Steroide. Mepolizumab und Benralizumab können die Exazerbationsrate reduzieren. In der Therapie der chronischen Rhinosinusitis mit Nasenpolypen haben sich Omalizumab, Dupilumab und Mepolizumab als wirksam erwiesen.

Ein weiteres Einsatzfeld für die Anti-IL-5-Therapie sind hyper­eosinophile Erkrankungen wie das Churg-Strauss-Syndrom. Die heute kurz EGPA* genannte Erkrankung manifestiert sich meist mit Sinusitis, Asthma und pulmonalen Infiltraten, häufig auch mit Vaskulitis und Neuropathie. Auch hier haben Antikörper die Therapiemöglichkeiten erheblich verbessert. Sie verlängern die Remissionszeit, senken die Rezidivrate und ersparen dem Patienten steroidbedingte Nebenwirkungen.

Proinflammatorische Granulozyten fungieren auch bei gastrointes­tinalen Erkrankungen mitunter als treibender Faktor. Diese können im gesamten Darmtrakt auftreten – von der Speiseröhre bis zum Kolon. Ein typisches Beispiel ist die eosinophile Ösophagitis. Dupilumab reduziert nachweislich die intraepitheliale Eosinophilenzahl und verringert die Dysphagie. Vorläufige Ergebnisse deuten zudem für den Nutzen einer Antikörpertherapie bei Gastritis und Duodenitis hin.

Wahrscheinlich haben Eosinophile auch einen hohen Stellenwert in der Malignomabwehr. Dafür spricht beispielsweise die Beobachtung, dass höhere Blutspiegel bei metastasiertem Melanom und Hodgkin-Lymphom mit einer verlängerten Überlebenszeit korrelieren. Allerdings vernichten die aktivierten Eosinophilen den Krebs nicht selbst, sondern agieren quasi als Mittler. Sie locken mit ihren Botenstoffen zytotoxische T-Zellen (CD8+) in das maligne Gewebe, die die Zellen attackieren. Außerdem normalisieren die Eosinophilen die Gefäße im Tumor und fördern so dessen Zerstörung. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Suppression der Eosinophilen durch eine Anti-IL-5-Therapie das langfristige Krebsrisiko erhöhen könnte. Die vorliegenden Daten zu Mepolizumab und Reslizumab über einen Zeitraum von bis zu viereinhalb Jahren deuten darauf hin, dass dies nicht der Fall ist.

Aktuelle Daten sprechen zudem dafür, dass die Eosinophilen auch zur Viruselimination beitragen. Diese ist bei Asthmapatienten häufig eingeschränkt, was viral bedingte Exazerbationen begünstigt. In vitro konnte eine Reduktion der RSV-Titer durch Proteine dieser Leukozytenfraktion gezeigt werden, ebenso eine Wirkung gegen das Parainfluenzavirus. Noch ist unklar, ob eine antieosinophile Therapie die Anfälligkeit für Virusinfektionen erhöhen kann.

Trotz Asthma keine schwereren COVID-Verläufe

Ein besonderes Interesse gilt aktuell der Rolle dieser Granulozyten bei COVID-19. Nach derzeitiger Einschätzung führt eine erhöhte Eosinophilenzahl nicht zu einer mangelhaften Viruskontrolle. Dafür spricht auch die Beobachtung, dass Asthmapatienten kein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben.

* Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis

Quelle: Wechsler ME et al. Mayo Clin Proc 2021; DOI: 10.1016/j.mayocp.2021.04.025

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Zahlreiche Eosinophile umzingeln ein Blutgefäß von einem Patienten mit Churg-Strauss-Syndrom. Zahlreiche Eosinophile umzingeln ein Blutgefäß von einem Patienten mit Churg-Strauss-Syndrom. © wikimedia/Nephron