Langzeitprognose insbesondere bei HR+/HER2-Brustkrebs immer bedeutender

Birgit-Kristin Pohlmann

Hohes oder niedriges Risiko für ein Rezidiv der Brustkrebserkrankung? Das gilt es korrekt einzuschätzen. Hohes oder niedriges Risiko für ein Rezidiv der Brustkrebserkrankung? Das gilt es korrekt einzuschätzen. © iStock/mkurtbas

Zahlreiche prognostische und prädiktive Faktoren unterstützen eine möglichst individuelle Therapieentscheidung bei Brustkrebs. Jedoch geben diese nur Wahrscheinlichkeiten zum Krankheitsverlauf bzw. Therapieeffekt an. Das hebt die AGO Mamma in ihren Empfehlungen hervor.

Die Bedeutung der klassischen Prognosefaktoren für das frühe, noch nicht fernmetastasierte (M0) Mammakarzinom hat die AGO Mamma jetzt jeweils mit einem Doppelplus aufgewertet (++). Zu den Faktoren zählen u.a. der Östrogenrezeptor-, der Progesteron­rezeptor- und der HER2-Status. Auch ihre Bedeutung zur Abschätzung des molekularen Subtyps wurde berücksichtigt (2b B ++).

Nutzung der Oxford- Einteilung wurde erweitert

Für die Abschätzung des molekularen Subtyps sollte zusätzlich noch der Proliferationsmarker Ki67 beachtet werden. Zudem verwendet die AGO Mamma nun auch für die Prognosefaktoren beim frühen Mammakarzinom die Oxford-Einteilung. Ziel ist eine Vereinheitlichung. Das Evidenzlevel wurde auf die Oxford-Einteilung „rückübersetzt“, erläuterte Professor Dr. Christoph ­Thomssen, Brustzentrum und Frauenklinik des Universitätsklinikums Halle/Saale.

Die Genexpressionsprofile als prognostische Faktoren beim frühen (M0) Mammakarzinom erhielten erneut eine „Kann“-Empfehlung, aber auf höherem Evidenzlevel. Als zusätzliches Instrumentarium zur Prognoseeinschätzung von Patientinnen mit einem HR+/HER2- frühen Mammakarzinom (N0–1) wurde der Breast Cancer Index als Option für den Einzelfall ergänzt (2b B +/-), der speziell bei Frauen ohne Lymphknotenbefall eine gute Differenzierung zwischen low risk und high risk ermögliche, so Prof. Thomssen.

Für die Risikoabschätzung möglicher Spätrezidive vergab die AGO Mamma eine „Kann“-Empfehlung für den Clinical Treatment Score (2b B +). Die Langzeitprognose tritt immer stärker in den Fokus, da „wir immer weniger frühe Rezidive haben“, betonte der Experte. Das Problem der Spätrezidive spiele insbesondere beim HR+/HER2- Mammakarzinom eine wichtige Rolle – es entwickeln sich bis zu 20 % Rückfälle innerhalb von 20 Jahren. Aus diesem Grund sei es wichtig zu wissen, welche Patientinnen etwa Kandidatinnen für eine adjuvante erweiterte endokrine Therapie sind.

Die Genexpressionsbestimmung empfiehlt die AGO Mamma als prädiktive Faktoren für das krankheitsfreie Überleben beim Einsatz einer adjuvanten Chemotherapie +/- zielgerichtete Substanzen. Infrage kommen dafür nun auch:

  • die 70-Gen-Signatur (Mammaprint: 1b A +),
  • der EPclin (EndoPredict: 2b B +) und
  • der PAM-50 (Prosigna: 2b B +).

Es handelt sich jeweils um eine „Kann“-Empfehlung. Neu bei den prädiktiven Faktoren für das Ansprechen mit pathologischer Komplettremission unter neoadjuvanter Chemotherapie differenziert die Kommission jetzt nach hoher und sehr hoher bzw. niedriger und sehr niedriger Wahrscheinlichkeit für das Erreichen solch einer Komplettremission.

Auf die Qualitätssicherung kommt es an

Für die Reproduzierbarkeit auch der klassischen Prognosefaktoren ist eine adäquate Qualitätssicherung essenziell. So liegt die Konkordanzrate beim Grading z.B. nur bei etwa 68 % zwischen zentraler und peripherer Bestimmung. Der behandelnde Arzt sollte vom klinischen Verlauf abweichende pathologische Befunde stets hinterfragen, so Prof. Thomssen.

Neu aufgenommen wurde das metaplastische Karzinom, das nur eine sehr niedrige Wahrscheinlichkeit hat, auf eine neoadjuvante Chemotherapie anzusprechen. Deshalb sollte hier primär operiert werden, empfahl Prof. Thomssen. Beim metastasierten Mammakarzinom wurde die autokrine Rezeptormutation ESR1 als Prädiktor für das Ansprechen auf eine endokrine Therapie ergänzt (2b B +). An den Doppelplus-Empfehlungen für die diversen Therapieoptionen in der metastasierten Situation – endokrin, zytostatisch, anti-HER2, Checkpoint- und PARP-Inhibition – hat sich nichts geändert. Die Gynäkologen seien gefordert, sich aktiv einzubringen, wenn sie eine Patientin im molekularen Tumorboard vorstellen. Sie sollten Vorgaben machen, welche Aussagen und Testungen für die Therapieentscheidung relevant sind, schloss Prof. Thomssen.

Quelle: AGO Mamma State of the Art Meeting 2020

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Hohes oder niedriges Risiko für ein Rezidiv der Brustkrebserkrankung? Das gilt es korrekt einzuschätzen. Hohes oder niedriges Risiko für ein Rezidiv der Brustkrebserkrankung? Das gilt es korrekt einzuschätzen. © iStock/mkurtbas