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Lebensgefahr durch Präeklampsie

Die früher EPH-Gestose genannte Präeklampsie ist gekennzeichnet durch das Auftreten einer Gestationshypertonie plus mindestens einer Organmanifestation, etwa in Form einer Proteinurie. Hinzu kommt eine uteroplazentare Dysfunktion mit einem potenziell lebensgefährlichen Missverhältnis zwischen fetaler Blutversorgung und Bedarf, schreiben Prof. Dr. Laura Magee vom King’s College London und Kollegen. Die Präeklampsie kann sich auf eine vorbestehende chronische Hypertonie aufpfropfen, ein alleiniger Anstieg der Blutdruckwerte genügt jedoch nicht für die Diagnose.
Mindestens zwei Drittel der Präeklampsien entwickeln sich nach der 33. SSW. Die Symptome sind dann überwiegend leicht ausgeprägt und bilden sich kurz nach der Entbindung zurück. Schwere Verläufe treten vor allem nach einer früheren Manifestation auf. Sie gehen mit lebensbedrohlichen Komplikationen für Mutter und Kind einher.
Risiko fürs Herz
Patientinnen, die eine Präeklampsie durchgemacht haben, benötigen eine langfristige Nachsorge. Denn sie tragen ein vierfach gesteigertes Risiko für die Entwicklung einer Hypertonie und ein verdoppeltes für Diabetes und Dyslipidämie. Außerdem entwickeln 15 % der einmal betroffenen Frauen in der nächsten Schwangerschaft erneut eine Präeklampsie.
Für eine gezielte Prävention ist körperliche Bewegung essenziell. Sie tut allen Schwangeren gut und kann das Auftreten einer Präeklampsie um 40 % reduzieren. Mindestens 140 Minuten pro Woche sollten es sein – bei moderater Intensität: Die Herzfrequenz ist erhöht, sich unterhalten noch möglich, singen nicht.
Acetylsalicylsäure bei hoher Gefährdung
Durch eine multimodale Diagnostik (Risikofaktoren, Ultraschall etc.) lassen sich etwa 90 % der frühen Präeklampsien schon in der 11. bis 13. SSW identifizieren. Bei hoher Gefährdung wird eine Prophylaxe mit Acetylsalicylsäure (≥ 100 mg/d) empfohlen. Sie sollte vor der 16. SSW beginnen und kann die Wahrscheinlichkeit einer Präeklampsie um etwa 60 % verringern. Das leicht erhöhte Blutungsrisiko wird durch eine Beendigung der ASS-Einnahme in der 36. SSW deutlich verringert und vom Nutzen mehr als aufgewogen, versichern Prof. Magee und Kollegen.
Manifestationen der Präeeklampsie
- Gestationshypertonie (nach mindestens 20 SSW ≥ 140/90 mmHg plus einem oder mehreren neu aufgetretenen Organschäden)
- Proteinurie (z.B. ≥ 300 mg/24 h)
- hämatologische Komplikationen(Thrombozytopenie etc.)
- neurologische Komplikationen (z.B. schwere Kopfschmerzen, Klonus, persistierende Skotomata)
- Lungenödem
- akute Nierenfunktionsstörung (z.B. Kreatinin ≥ 1 mg/dl)
- Leberschaden (erhöhte Transaminasen etc.)
Schwangeren, die sich kalziumarm ernähren (< 900 mg/d), raten die Autoren ab der 20. SSW zu einer Supplementierung mit mindestens 500 mg/d des Minerals. Gefährdete Frauen sollten außerdem auf verdächtige Signale wie Kopfschmerzen oder reduzierte Bewegungen des Fötus achten. Die Selbstkontrolle des Blutdrucks ist mittlerweile häufig üblich, ob sie eine frühere Diagnose ermöglicht, ist aber noch unklar.
Eine Geburtseinleitung vor der 24. SSW wird bei einer Präeklampsie empfohlen, wenn ein hohes Risiko für maternale Komplikationen und den Tod des Kindes besteht. Unabhängig von der SSW sollte eine Induktion erfolgen, wenn bei Mutter oder Kind schwerwiegende Probleme auftreten. Sofern keine Komplikationen vorliegen, ist auch bei Präeklampsie eine Entbindung zum errechneten Termin anzustreben.
Eine krankheitsmodifizierende Therapie ist bei Präeklampsie bisher nicht möglich, wohl aber eine Kontrolle der mitunter lebensbedrohlichen Hypertonie. Schwer betroffene Patientinnen mit systolisch ≥ 160 mmHg oder diastolisch ≥ 110 mmHg müssen notfallmäßig behandelt werden. Parenterales Labetalol erzielt dabei vergleichbare Effekte wie parenterales Hydralazin und orales Nifedipin.
Auch bei weniger ausgeprägter Hypertonie wird eine Behandlung empfohlen. Gleiches gilt für Schwangere mit vorbestehendem chronischem oder gestationsbedingtem Hochdruck. Die Zielwerte liegen bei 135/85 mmHg.
Blutdrucksenkung bringt positive Effekte
Den Erfolg der Blutdrucksenkung im Hinblick auf schwere Präeklampsien, Geburtseinleitungen vor der 35. SSW, vorzeitige Plazentalösung sowie fetale bzw. neonatale Mortalität belegt eine aktuelle Studie, bei der vorwiegend Labetalol zum Einsatz kam. Der Endpunkt aus der Kombination dieser Ereignisse wurde nach Medikation seltener erreicht, ohne dass vermehrt untergewichtige Kinder (≤ 10. Perzentil) zur Welt kamen.
Eine weitere Option ist Magnesiumsulfat (i.v. oder i.m.), das sich sowohl zur Prophylaxe als auch zur Behandlung der Präeklampsie eignet. Empfohlen wird es unter anderem für Schwangere, die eine schwere Hypertonie plus Proteinurie oder eine Hypertonie in Verbindung mit neurologischen Symptomen aufweisen. Eine pränatale Steroidbehandlung wirkt zwar nicht gegen die Präeklampsie, beschleunigt aber die fetale Lungenreifung und verringert so die Neugeborenensterblichkeit.
Quelle: Magee LA et al. N Engl J Med 2022; 386: 1817-1832; DOI: 10.1056/NEJMra2109523
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