
Leitlinie zur koronaren Herzkrankheit überrascht mit neuer Definition

Mit der Dauer der KHK steigt das Risiko für Tod und Herzinfarkt linear an, erklärte Professor Dr. William Wijns, The Lambe Institute for Translational Medicine, National University of Ireland, Galway. Am geringsten fällt es aus, wenn die Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose revaskularisiert wurden und anschließend eine optimale Kontrolle der Risikofaktoren inklusive Lebensstiländerungen sowie eine adäquate Sekundärprävention erfolgt. Besonders gefährdet sind Menschen, die wiederholt ein akutes Koronarsyndrom (ACS) erleiden und schlecht eingestellt sind.
KHK ist seltener als gedacht die Ursache einer Angina
Verschiedene Erkenntnisse der letzten Jahre haben Einfluss auf die Leitlinie genommen. Zum Beispiel die Tatsache, dass hinter anginösen Beschwerden viel seltener eine KHK steckt als bisher angenommen. In aktuellen Daten aus 2019 ergab sich bei 57 % der Betroffenen mit Brustschmerzen nur noch eine Pre-Test-Wahrscheinlichkeit für die Krankheit von 15 %. Diese lässt sich zunächst aus einer Tabelle ablesen, die Symptome, Geschlecht und Alter berücksichtigt.
Klinisch sollten dann noch die Befunde aus EKG, UKG, CT sowie Risikofaktoren einbezogen werden, erklärte Professor Dr. Juhani Knuuti vom finnischen Turku University Hospital. Die Bildgebung hat Fortschritte gemacht und hilft heutzutage enorm weiter, denn sie liefert nun sowohl invasiv als auch nicht-invasiv Hinweise auf anatomische und funktionelle Veränderungen.
Lebensstilempfehlungen für KHK-Kranke
- Rauchen: Pharmakologische Strategien und Verhaltensinterventionen nutzen, um Patienten beim Ausstieg zu helfen. Passivrauchen vermeiden.
- Ernährung: Möglichst viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte essen. Den Fettanteil auf weniger als 10 % der Gesamtaufnahme begrenzen, nicht mehr als 100 g pro Woche oder 15 g Alkohol pro Tag trinken.
- Körperliche Aktivitäten: 30–60 min moderate physische Aktivität an den meisten Tagen. Aber auch unregelmäßige Bewegung hilft.
- Gewicht: Ein gesundes Gewicht (BMI <25 kg/m2) erhalten oder durch Verringerung der Energiezufuhr und vermehrte Bewegung reduzieren.
- Sonstiges: Medikamente wie verordnet einnehmen. Sexuelle Aktivitäten auf niedrigem bis moderatem Level stellen für stabile, asymptomatische Patienten nur ein niedriges Risiko dar.
Spontaner Infarkt lässt sich durch Stent besser verhindern
Wenn eine obstruktive KHK sehr wahrscheinlich ist, die Symptome nicht auf Medikamente ansprechen oder typische Anginabeschwerden bei geringer Belastung auftreten, erfolgt eine Angio. Zur Revaskularisierung rät die Leitlinie bei Stenosen über 90 % oder solchen mit gesichertem Bezug zur Ischämie sowie schweren Funktionsstörungen. Ein spontaner Infarkt lässt sich mit einer Revaskularisierung besser verhindern als mit konservativer Therapie. Im Vergleich brachte ein Stenting, gesteuert durch die fraktionelle Flussreserve (FFR), eine Reduktion des relativen Risikos um 28 %.Eine optimale Medikation für alle gibt es nicht
Ansonsten gilt es, mit der Therapie vor allem Symptome zu lindern und belastungsinduzierte Ischämien zu verhindern, sagte Professor Dr. Christian Funck-Brentano vom Krankenhaus Pitié-Salpêtrière und der Sorbonne Universitätsmedizin in Paris. Eine optimale Medikation für alle gibt es nicht, sie muss vielmehr individuell an die Charakteristika und Vorlieben der Patienten angepasst werden. Man startet aber in jedem Fall mit einem oder zwei Antianginosa, ergänzt durch die nötige Sekundärprävention. Je nach Ansprechen kann dann stufenweise eskaliert werden (s. Tabelle).Langzeittherapie für symptomatische KHK-Patienten (Angina und/oder Dyspnoe) | ||||
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1. Schritt | 2. Schritt | 3. Schritt | 4. Schritt | |
Standardtherapie | Betablocker oder CCB* | Betablocker plus DHP-CCB | Zweitlinientherapie** hinzufügen | Nicorandil, Ranolazin oder Trimetazidin zugeben |
Hohe Herzfrequenz (z.B. > 80/min) | Betablocker oder Nicht-DHP-CCB | Betablocker plus Nicht-DHP-CCB | Ivabradin zugeben | |
Niedrige Herzfrequenz (z.B. < 50/min) | DHP-CCB | lang wirksames Nitrat | lang wirksames Nitrat plus DHP-CCB | |
Linksventrikuläre Dysfunktion oder Herzinsuffizienz | Betablocker | lang wirksames Nitrat oder Ivabradin zugeben | ein weiteres Zweitlinienmedikament zugeben | |
Niedriger Blutdruck | Betablocker niedrig dosiert oder Nicht-DHP-CCB niedrig dosiert | lang wirksames Nitrat niedrig dosiert zugeben | Ivabradin, Ranolazin oder Trimetazidin zugeben |
CCB = Kalziumkanalblocker, DHP= Dihydropyridin
* Die Kombi aus Betablocker und DHP-CCB sollte als erster Schritt erwogen werden, alternativ kommt als erster Schritt die Kombi aus Betablocker bzw. CCB mit einer Zweitlinientherapie infrage
** lang wirksames Nitrat, Nicorandil, Ranolazin, Ivabradin, Trimetazidin
Quelle: ESC* Congress 2019
* European Society of Cardiology
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