Multiples Myelom: Neue Empfehlungen zur Prävention und Therapie von Skeletterkrankungen

Dr. Miriam Sonnet

Das Multiple Myelom geht mit Knochendefekten und Osteoporose einher, was eine Röntgenuntersuchung des Skelettes erforderlich macht. Das Multiple Myelom geht mit Knochendefekten und Osteoporose einher, was eine Röntgenuntersuchung des Skelettes erforderlich macht. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Die International Myeloma Working Group hat ihre Empfehlungen für die Prävention und Therapie von Multi­plen Myelom-assoziierten Knochenerkrankungen aktualisiert. Die Experten sprechen sich dafür aus, von den Bisphosphonaten Zoledronsäure zu bevorzugen. Denosumab kann ebenfalls zum Einsatz kommen, besonders bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion.

Rund 80 % der Menschen mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom (MM) leiden unter osteolytischen Läsionen, die wiederum das Risiko z.B. für Frakturen und Rückenmarkskompressionen erhöhen. Die International Myeloma Working Group um Professor Dr. Evangelos Terpos­, National and Kapodistrian University of Athens, veröffentlichte kürzlich neue Empfehlungen für die Prävention und Behandlung Myelom-bedingter Knochenerkrankungen.

Bisphosphonate

Bisphosphonate eignen sich für Patienten mit aktivem MM, und das unabhängig von der Anwesenheit (Empfehlungsgrad A) oder der Abwesenheit (Grad B, nur für Zoledronsäure) von Myelom-assoziierten Knochenerkrankungen.

Die Zoledronsäure ist der Pamidosäure überlegen. Die Indikation besteht für die Behandlung von Myelom-bedingten Hyperkalz­ämien (Grad B). Personen mit einem schwelenden Myelom (SMM), einer monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) oder solitären Plasmozytomen sollten Bisphosphonate nur erhalten, wenn gleichzeitig eine Osteoporose besteht. Betroffene gilt es, gemäß den Osteoporose-Leitlinien zu überwachen und zu therapieren (Grad C).

Zoledron- oder Pamidronsäure beim aktiven Myelom

Das Management solitärer Plasmozytome beinhaltet eine lokale Bestrahlung. Schlägt diese nicht an und erhält der Patient eine Behandlung für ein aktives Myelom, sollten Bisphosphonate zum Einsatz kommen (Grad D). Kollegen können Menschen mit Hochrisiko-SMM oder einem SMM mit einer fokalen Läsion ebenfalls für diese Therapie in Betracht ziehen.

Wer unter einem symptomatischen MM leidet, sollte Zoledron- oder Pamidronsäure zur Prävention von Skeletterkrankungen erhalten (Grad A). Die Applikation von ersterer umfasst eine 15-minütige Infusion von 4 mg alle 3–4 Wochen. Dies erachten die Autoren als praktikabler als die Infundierung von 30 mg oder 90 mg Pamidronsäure, die im gleichen Zeitraum je nach Dosierung 45 Minuten bzw. zwei Stunden benötigt. Zudem verringert Zoledronsäure signifikant die Mortalitätsrate (Grad B). Es ist Clodronsäure hinsichtlich Skelett-bedingter Ereignisse und dem Gesamtüberleben überlegen und daher vorzuziehen (Grad A). Verglichen mit einem Placebo oder keiner Behandlung konnte nur Zoledronsäure das progressionsfreie und Gesamt­überleben verlängern, schreiben die Experten (Grad A).

Laufzeit der Therapie
Substanz
Gabe bis zu sehr guter partieller Response
Mögliches Vorgehen ab sehr guter partieller Response
Zoledronsäuremindestens 12 MonateGabe alle 3 oder 6 Monate bzw. Stopp erwägen. Bei biochemischen Relaps erneut monatliche Infusion.
Denosumabmindestens 24 Monatemindestens 6 Monate nach letzter Applikation Einzelgabe von Bisphosphonaten oder halbjährlich Denosumab infundieren

Denosumab

Die Kollegen empfehlen, Denosumab bei Patienten mit neu diagnostiziertem MM einzusetzen (Grad A) und bei solchen mit einer rezidivierten/refraktären Erkrankung, für die die Evidenz eines multiplen Myelom-assoziierten Knochenleidens besteht (Grad B). Der Wirkstoff ist ebenso effektiv wie Zoledronsäure, wenn es darum geht, die Zeit bis zum ersten Skelett-bedingten Ereignis zu verringern (Grad A). Denosumab könnte das PFS bei Personen mit neu diagnostiziertem MM und multiplen Myelom-bedingten Knochen­erkrankungen, die für eine autologe Stammzelltransplantation infrage kommen, verbessern (Grad B). Onkologen können Denosumab gegenüber Zoledronsäure bei Betroffenen mit einer eingeschränkten Nierenfunktion vorziehen (Grad B). Denosumab kommt ebenfalls infrage für Patienten mit

  • einer Kreatinin-Clearance unter 30ml/min (Grad D) und
  • Myelom-assoziierten Hyperkalz­ämien (besonders in solchen, die gegenüber Zoledronsäure refraktär sind; Grad B).

Erkrankten mit SMM, MGUS oder solitären Plasmozytomen empfehlen die Autoren der Leitlinie den Wirkstoff nur, wenn gleichzeitig eine Osteoporose besteht (Grad D).

Weitere Methoden

Patienten mit neu diagnostiziertem MM und einem hohen Risiko für knochenbedingte Ereignisse sollten zusätzlich für eine frühe muskuloskelettale Intervention in Erwägung gezogen werden. Die IMWG-Experten empfehlen eine Ballonkyphoplastie (Grad A) und eine Vertebroplastie (Grad C) für Personen mit schmerzhaften vertebralen Kompressionsfrakturen. Eine Bestrahlung wiederum kann bei unkontrollierten Schmerzen aufgrund einer Rückenmarkskompression oder pathologischen Frakturen zum Einsatz kommen (Grad C).

Eine Operation kommt in Betracht zur Prävention bzw. Wiederherstellung von (Grad C):

  • pathologischen Frakturen der Röhrenknochen,
  • einer instabilen Wirbelsäule und
  • einer Rückenmarkskompression mit Knochenfragmenten im Spinalweg.

Ärzte sollten im Falle von pathologischen Frakturen der Röhrenknochen aufgrund eines Plasmozytoms eine Bestrahlung erwägen, besonders für Erkrankte mit minimalem oder keinem Ansprechen auf eine systemische Therapie. 

Blutwerte im Auge behalten

Die Experten empfehlen die Supplementierung von Calcium und Vitamin D. Jedoch erst, nachdem sich im Falle einer Hyperkalzämie der Calciumlevel im Blut normalisiert hat (Empfehlungsgrad A). Unter Denosumab kann ebenfalls die Gabe von Magnesium und Phosphaten infrage kommen. Zum monatlichen Monitoring gehören Kreatinin-Clearance, Serum-Elektrolyte und Harn-Albumin, abhängig der Werte muss die Dosierung von Bisphosphonaten bzw. Denosumab adaptiert werden (Grad A). Dentale Kontrollen ergänzen die Vorsorge, im Falle einer Zahnbehandlung sollte die Therapie – falls möglich – pausiert werden (Grad C). Ebenso, wenn der Kiefer von einer Osteonekrose befallen ist.

Fazit

Bisphosphonate oder Denosumab sollten als Standard im Management Myelom-bedingter Skeletterkrankungen erachtet werden. Die Entscheidung, ein Medikament einem anderen vorzuziehen, hänge dabei auch von u.a. Kosten, Patientenpräferenz und Nebenwirkungsprofil ab. Die Autoren sprechen sich dafür aus, Zoledronsäure für Personen ohne Befunde für Myelom-assoziierte Knochenleiden in der Bildgebung zu präferieren. Denosumab wiederum sei bevorzugt bei Betroffenen mit eingeschränkter Nierenfunktion einzusetzen. Zementaugmentation, Bestrahlung und Operation sollten in spezifischen Situationen zum Einsatz kommen.

Quelle: Terpos E et al. Lancet Oncol 2021; 22:  e119-e130; DOI: 10.1016/S1470-2045(20)30559-3

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Das Multiple Myelom geht mit Knochendefekten und Osteoporose einher, was eine Röntgenuntersuchung des Skelettes erforderlich macht. Das Multiple Myelom geht mit Knochendefekten und Osteoporose einher, was eine Röntgenuntersuchung des Skelettes erforderlich macht. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.