Nicht immer ist für Diagnose und Therapie der Facharzt gefordert

Birgit Maronde

In vielen Fällen braucht es gar keinen Dermatologen, um Gesichtsdermatosen richtig einzuordnen In vielen Fällen braucht es gar keinen Dermatologen, um Gesichtsdermatosen richtig einzuordnen © Alessandro Grandini – stock.adobe.com

Ein kurzer Blick und schon ist klar, an welcher Haut­erkrankung der Patient leidet: In vielen Fällen braucht es gar keinen Dermatologen, um Gesichtsdermatosen richtig einzuordnen, sagte Prof. Dr. Thomas Dirschka von der ­Centroderm Klinik Wuppertal. Ein Überblick über die häufigsten ­Diagnosen.

Periorale Dermatitis

Mikro- und Makropapeln auf erythematösem Grund, die um den Mund und manchmal auch um die Augen lokalisiert sind, kennzeichnen die periorale Dermatitis. Ursache ist eine Intoleranz der Haut gegenüber kosmetischen Pflegeprodukten, vor allem Moisturizern, mit denen meis­tens Frauen versuchen, die Fältchen um ihren Mund zu glätten. ­Moisturizer führen zum Aufquellen des Stratum corneum und rufen eine Barriere­störung hervor, die wiederum eine Entzündungskaskade in Gang setzt. Dies verursacht ein Trockenheits- und Spannungsgefühl, sodass erneut zum Cremetiegel gegriffen wird, erläuterte Prof. Dirschka.

Den Betroffenen muss man klar machen, dass sie auf alle ihre Pflegeprodukte verzichten müssen – was die Patientinnen oft gar nicht gut finden. Lokal kommen topische Calcineurininhibitoren, etwa Pimecrolimuscreme (2 x/d über 4–6 Wochen) zum Einsatz, was allerdings off label ist. Topische Steroide gehören auf keinen Fall ins Gesicht, sie können den Befund nur verschlechtern, warnte Prof. Dirschka.

Seborrhoisches Ekzem

Das seborrhoische Ekzem mit Rötung und kleieförmiger Schuppung in den betroffenen Hautarealen und auf der Kopfhaut ist häufig bei alten Menschen mit Parkinsonsyndrom und Immunkompromittierten zu finden. Ursache ist eine psoriatrische Diathese plus Überwucherung der Haut mit dem Pilz Malassezia furfur. Den Patienten kann man zu Feuchtigkeitscremes raten. Außerdem sollten sie eine ketoconazolhaltige Gesichtscreme auftragen und sich die Haare mit einem Shampoo waschen, das Selendisulfid enthält.
Bei stark entzündlichem Befund reicht diese Therapie oft nicht aus. Dann kommen Calicineurininhibitoren zum Einsatz. In manchen Lehrbüchern wird zu Glukokortikoiden geraten, doch Prof. Dirschka warnte ausdrücklich vor den Substanzen. Werden sie wieder abgesetzt, blüht die Dermatose seiner Erfahrung nach anschließend erneut und stärker auf.

Rosazea

Die Rosacea papulopustulosa ist die häufigste Rosazeaform. Sie tritt zumeist im vierten bis fünften Lebensjahrzehnt auf und ist häufig zentrofazial lokalisiert mit Beteiligung der Nase. Die Ausprägung variiert stark. Im Vordergund stehen Papeln und Pusteln auf erythematösem Grund. Auch kann es zu Teleangiektasien und teigiger Schwellung kommen.

Betroffene sollten einmal pro Tag, am besten über Nacht, Ivermectincreme auftragen. Patienten mit stark entzündlichem Befund erhalten zusätzlich niedrig dosiertes Doxy­cyclin (40 mg/d für 14 Tage) mit modifizierter Wirkstofffreisetzung. Dabei macht man sich nicht den antibakteriellen Effekt der Substanz zunutze, sondern einen antiinflam­matorischen, der durch Hochregulation eines antientzündlich wirksamen Peptids entsteht.

Die perakute Variante der Rosazea, das Pyoderma faciale, ist ein Fall für den Facharzt. Sie tritt quasi über Nacht mit maximaler Pustulation auf. In diesen Fällen reicht die übliche Rosazeatherapie nicht aus. Die Patienten benötigen kurzzeitig sys­temische Steroide und Isotretinoin.

Akne

Papeln, Pusteln, geschlossene und offene Komedonen sprechen für eine Acne papulopustulosa. Die Therapie ist relativ simpel. Bei leichten Formen genügt Azelainsäure in Cremeform. In mittelschweren Fällen trägt man einmal täglich ein Retinoid plus Benzoylperoxid oder ein Retinoid plus Clindamycin auf.
„Wir behandeln die Akne eigentlich zu spät“, konstatierte Prof. Dirschka. Häufig sind bei den jungen Patienten schon multiple Narben entstanden. Allerdings haben moderne Retinoide, etwa Trifaroten, einen matrixmodulierenden Effekt und führen über viele Monate angewendet zur weitgehenden Rückbildung der Narben.

Bei der Acné excoriée des jeunes filles liegen eher manipulativ bedingte Exkoriationen als akne­typische Veränderungen vor. Bei den meist jungen Patientinnen wird man zwar eine leichte Aknetherapie mit Azelainsäure durchführen. Viel wichtiger ist jedoch die Verhaltensmodifikation, also den Mädchen klar zu machen, dass sie die Finger aus ihrem Gesicht lassen müssen.

Die schwere Form der Akne, die Acne conglobata, bezieht auch den Stamm ein. Bei den Betroffenen ist immer eine Systemtherapie mit Isotretinoin erforderlich – „niedrig dosiert reicht aus“, sagte Prof. Dirschka. Er startet mit 10 mg/d. Neben- und Wechselwirkungen des Medikaments sind konsequent zu beachten, Frauen dürfen etwa unter der Einnahme nicht schwanger werden.

Was es noch sein kann

  • Artefakte: Hautveränderungen und Narben(-felder) durch Manipulation

  • kutane Sarkoidose: typische vio­lette Knoten mit derbem Tastbefund; Systemtherapie mit Hydroxy­chloroquin, topisch mit lokalen und/oder injizierbaren Glukokortikosteroiden; immer Systemsarkoidose ausschließen

  • Lupus pernio: Variante der Sarkoidose, Differenzialdiagnose zur Rosazea; rötlich-violette Infiltrationen zumeist an Nase oder Wangen

  • chronisch diskoider Lupus erythematodes: zentral vernarbende Herde mit entzündlichem Progressionswall; Therapie systemisch, z.B. mit Hydroxychloroquin

  • systemischer Lupus erythematodes: violettes Schmetterlings­erythem

  • Dermatomyositis: Erythem mit charakteristischer violetter Farbe, häufig Erytheme am Fingerrücken, Hyperkeratosen, Kapillarisierung des Nagelbetts

Quelle: Kongressbericht 17. Allgemeinmedizin-Update-Seminar

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