Paradoxe Antikörpereffekte im Blick haben

Dr. Judith Lorenz

Bei aktiver Entzündung des Darms sind IL-17-Antikörper kontraindiziert. Bei aktiver Entzündung des Darms sind IL-17-Antikörper kontraindiziert. © iStock/yodiyim

Interleukin-17-Blocker sind eine wirksame Option bei vielen rheumatischen Erkrankungen. Die Therapie mit ihnen hat allerdings einen Haken: Bei einigen Patienten kommt es zur Manifestation einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung.

Die inflammatorischen Zytokine Interleukin(IL)-17A und -F werden von aktivierten Th17-Lymphozyten produziert und spielen eine wichtige Rolle in der Pathogenese verschiedener Autoimmunerkrankungen. Der gegen den IL-17-Rezeptor gerichtete monoklonale Antikörper Brodalumab sowie die gegen IL-17A gerichteten Antikörper Secukinumab und Ixekizumab werden bereits erfolgreich zur Therapie der Psoriasis bzw. Psoriasisarthritis sowie der ankylosierenden Spondylitis eingesetzt.

Kein Nutzen bei Crohn und Colitis

Da Th17-Zellen, IL-17 und weitere assoziierte Zytokine auch die inflammatorischen Prozesse bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen dominieren, prüfte man, ob Patienten mit einem Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa ebenfalls von den Antikörpern profitieren.

Diese Hoffnung bestätigte sich jedoch nicht, berichten Wissenschaftler um Dr. Marine Fauny von der Abteilung für Rheumatologie an der Universitätsklinik Nancy. Unter der Therapie kam es in einigen Fällen zu paradoxen Effekten im Sinne einer Exazerbation der Darmentzündung. Zudem belegen Studien, dass mit IL-17-Blockern behandelte rheumatologische Patienten gehäuft inflammatorische Darmerkrankungen entwickeln. Die Inzidenzrate liegt hier bei 2,4 pro 1000 Patientenjahre.

Welche pathophysiologischen Mechanismen diesen Beobach­tungen zugrunde liegen, ist im Wesentlichen unklar, so die Forscher. Vermutlich spielen Th17-Zellen und IL-17 eine wichtige Rolle bei der gastrointestinalen Immunantwort gegen Bakterien und Pilze sowie bei der Aufrechterhaltung der intestinalen Homöostase. Eine IL-17-Suppression scheint diese protektiven Funktionen erheblich zu stören.

Vor Therapiebeginn fäkales Calprotectin bestimmen

Vor einer Therapie mit IL-17-Blockern sollten eine familiäre Belastung mit inflammatorischen Darmerkrankungen sowie gastrointestinale Symptome erfragt werden, raten Dr. Fauny und ihre Kollegen.

Um subklinische intestinale Entzündungen auszuschließen, empfehlen sie zudem die Bestimmung des fäkalen Calprotectins. Fällt der Messwert normal aus, spricht nach Risikoauf­klärung und unter engmaschigem Monitoring nichts gegen die Behandlung. Bei neu auftretenden gastrointestinalen Beschwerden wie einer Diarrhö muss sie allerdings unterbrochen und eine fachärztliche Abklärung eingeleitet werden.

Sind die Calprotectinkonzentrati­onen erhöht, sollte der Patient ­einem Gastroenterologen vorgestellt werden und gegebenenfalls eine Ko­loskopie erhalten. Eventuell wird eine weitere Bildgebung notwendig. Eine aktive Darmentzündung stellt eine Kontraindikation für den Einsatz von IL-17-Antikörpern dar. Auch bei einer inaktiven Inflammation sollten, wenn möglich, alternative Therapien bevorzugt werden.

Quelle: Fauny M et al. Ann Rheum Dis 2020; 79: 1132-1138; DOI: 10.1136/annrheumdis-2020-217927

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Bei aktiver Entzündung des Darms sind IL-17-Antikörper kontraindiziert. Bei aktiver Entzündung des Darms sind IL-17-Antikörper kontraindiziert. © iStock/yodiyim