Rheuma: Autoimmunerkrankungen entzünden auch den Gastrointestinaltrakt

Dr. Dorothea Ranft

Eine Vaskulitis kann ischämie­bedingt zur Appendizitis führen. Eine Vaskulitis kann ischämie­bedingt zur Appendizitis führen. © Albertinen-Krankenhaus, Hamburg

Von Pharynxproblemen bis zum akuten Bauch, bei Rheumapatienten müssen Sie jederzeit mit gastrointestinalen Symptomen und Komplikationen rechnen. Oft verstecken sich die Diagnosen hinter unscheinbaren Symptomen.

Rheumatiker haben an vielen Fronten zu kämpfen. So befallen rheumatoide Erkrankungen häufig das gastrointestinale System. Die rheumatoide Arthritis (RA) manifestiert sich dort z.B. dominierend über oropharyngeale Probleme. Mit einem Anteil von 75 % liegt die Larynxbeteiligung hierbei hoch.

Fast jeder Fünfte leidet an Mundtrockenheit. Bei anderen verursacht Arthritis im Kiefergelenk Kauschmerzen oder Abnormitäten der Halswirbelsäule führen zu Schluckstörungen. Betroffene klagen über Fremdkörpergefühl, Heiserkeit, Dysphagie und Dyspnoe – bis hin zur Asphyxie, schreibt Professor Dr. Tilo Andus von der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie und Internistische Onkologie am Klinikum Stuttgart. Vorhandene Schluckbeschwerden erschweren zudem die orale Einnahme von Medikamenten (cave Bisphosphonate!).

Eine frühe Diagnose ist essenziell, bevor der Zustand irreversibel wird. Mittels Laryngoskopie lassen sich Ödeme, Motilitätsstörungen, Rheumaknoten im M. vocalis sowie eine Arthritis des Cricoarythaenoidgelenks detektieren. Eine zusätzliche CT liefert Hinweise zu Erosionen oder Subluxationen. Therapeutisch können sie auf Medikamente bzw. Logopädie zurückgreifen, manchmal geht es aber nicht ohne OP.

Entsteht durch die RA eine Vaskulitis, kommt es unter Umständen zu ischämischen Krankheiten. Hier sind Cholezystitis, Appendizitis, Ulzera, Pankolitis, Infarkte oder Hämorrhagie durch beschädigte Viszeralaneurismata zu nennen. Auch andere rheumatoide Erkrankungen können die gastroenterologische Funktionalität teilweise schwerwiegend beeinflussen.

Spondyloarthritis erhöht die Darmpermeabilität

Das adulte Still-Syndrom ist häufig mit einer asymptomatischen Hepatitis verbunden. Allerdings sind fulminante Verläufe möglich, die bei akutem Leberversagen eine Transplantation erfordern.

Die verminderte Speichelsekre­tion beim Sjögren-Syndrom führt zu oralen Sicca-Beschwerden mit Xerostomie, Dysgeusie, Zahnschäden und Cheilitis. Dr. Andus rät diesen Patienten, auf gute Mundhygiene zu achten, öfter kleinere Mengen Wasser zu trinken und zuckerfreie Kaugummis zu kauen. Aufs Rauchen sollte man unbedingt verzichten. Sekretagoga (Pilocarpin, Cevimeline, Bromhexin) können bei der Therapie hinzukommen. Komplikationen betreffen meist Leber (asymptomatische Enzym­anstiege) oder Gallenwege (primär biliäre Cholangitis).

Patienten mit Spondyloarthritis haben nachweislich eine erhöhte Darmpermeabilität, chronisch entzündliche Darmerkrankungen treten entsprechend gehäuft auf. Per Kapselendoskopie lassen sich vermehrt Erythreme, Aphthen, Ulzera und Erosionen, koloskopisch zudem mikroskopische Entzündungen nachweisen. Ein erhöhtes Risiko tragen Männer sowie Patienten mit aktiver Entzündung und axialer Spondyloarthropathie. Des Weiteren besteht der Verdacht, dass auch umgekehrt eine chronische Darmentzündung eine Progression der Spondylo­arthritis fördert.

Der systemische Lupus erythematodes verschont den Magendarmtrakt ebenfalls nicht. Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sind mitunter erste Anzeichen. Im chronischen Verlauf kommt es u.a. zu Enteropathie, Hypalbuminämie oder Zottenatrophie. Die SLE äußert sich häufig über orale Läsionen, schwieriger gestaltet sich dagegen, auftretende akute Bauchschmerzen differenzialdiagnostisch abzugrenzen, da diese manchmal behandlungsbedingt auftreten oder verschiedene andere Ursachen haben. Im Zweifel also frühzeitig laparotomieren.

Wann PPI unverzichtbar sind

Die Therapie mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) kann den unteren Magendarmtrakt angreifen und zu Ulzera und Blutungen führen. Erwähnen sollte man in diesem Zusammenhang besonders Naproxen und Ibuprofen. Kommen zusätzlich ein hohes Alter, ein Befall mit Heliobacter pylori oder die Einnahme zusätzlicher Medikamente wie Steroide, Antikoagulanzien oder selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer hinzu, steigt das Risiko. Die NSAR-Therapie sollte bei ungünstiger Konstellation deshalb unbedingt mit Protonenpumpeninhibitoren begleitet werden.

Motilitätsstörungen können sich im gesamten Gastrointestinaltrakt manifestieren. Einerseits weisen sie auf eine systemische Sklerose hin und treten je nach dem schon Jahre vor der Autoimmunerkrankung auf. Andererseits befallen auch Poly- und Dermatomyositis theoretisch den gesamten Magendarmtrakt, beschränken sich aber häufig auf Ösophagusdysfunktionen. Wichtig bei der Betreuung Erwachsener mit Dermatomyositis: Unter der Erkrankung bilden sich vermehrt Malignome, warnt der Experte. Sind bei Vaskulitiden mittlere oder große Gefäße betroffen, besteht die Gefahr, dass die Verschlüsse Ischämien und Nekrosen auslösen. Bei kleinen Gefäßen führen Entzündung und Granulome potenziell zu Koliken, Diarrhöen und Blutungen.

Quelle: Andus T. internistische Praxis 2018; 59: 574-582

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Eine Vaskulitis kann ischämie­bedingt zur Appendizitis führen. Eine Vaskulitis kann ischämie­bedingt zur Appendizitis führen. © Albertinen-Krankenhaus, Hamburg
Appendizitis durch Vaskulitis Appendizitis durch Vaskulitis © Albertinen-Krankenhaus, Hamburg