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Pilz im COVID-Gewand

Ein 68-jähriger Psoriasispatient, der wegen eines bullösen Pemphigoids seit Längerem immunsuppressiv mit Methylprednisolon behandelt wird und zudem noch an einer COPD leidet, entwickelt über zwei Wochen eine progrediente Belastungsdyspnoe. Als sich Fieber und trockener Husten hinzugesellen, stellt er sich in der Fieberambulanz des Bundeswehrzentralkrankenhauses in Koblenz vor, wo man ihn angesichts der Befunde – u.a. Herzfrequenz 130/min, Atemfrequenz 24/min, Sauerstoffsättigung 86 % – stationär aufnimmt.
Unter dem Verdacht einer SARS-CoV-2-Infektion erfolgt rasch eine HR-CT, in der sich neben Milchglasinfiltraten auch teils kavernös imponierende Läsionen mit zentraler Einschmelzung zeigen. Aufgrund der Laborwerte und der klinischen Symptome vermuten Meike Schüßler und ihre Kollegen zunächst eine bakterielle Superinfektion und starten eine Therapie mit Piperacillin/Tazobactam i.v. Dann aber erweisen sich die SARS-CoV-2-PCR-Tests aus Nasen-Rachen-Abstrich und induziertem Sputum als negativ, sodass die Suche nach anderen Erregern startet.
Da sich der Zustand des Patienten weiter verschlechtert, erfolgt zwei Tage nach der stationären Aufnahme eine bronchoalveoläre Lavage. Sie führt letztlich zur Diagnose einer Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie, die durch eine Klebsielleninfektion verkompliziert wird. Andere Pilze und auch Zytomegalieviren lassen sich nicht nachweisen.
Die antibiotische i.v. Therapie wird entsprechend des Antibiogramms auf hoch dosiertes Cotrimoxazol und Ceftriaxon umgestellt, die Steroidtherapie mit 40 mg/d Prednisolon weitergeführt. Dennoch geht es mit der respiratorischen Funktion des Patienten zunehmend bergab. Wegen eines ARDS muss er schließlich mechanisch beatmet werden. Angesichts steigender Procalcitonin-Werte eskalieren die Ärzte die Antibiotikatherapie von Ceftriaxon auf Meropenem.
In der CT zeigen sich nun dickwandige kavernöse Lungenveränderungen, die zu einer invasiven Aspergillose passen könnten. Eine erneute Lavage bestätigt den Verdacht, sodass der Patient nun zusätzlich Isavuconazol erhält. Allerdings sind die Bemühungen vergeblich. Es kommt zu einer fortschreitenden ventilatorischen Insuffizienz mit pH-relevanter Hyperkapnie. CT-morphologisch zeigt sich jetzt eine destruierte Lunge. In Absprache mit den Angehörigen und unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Patienten verzichten die Ärzte auf die extrakorporale Membranoxigenation. Nach wenigen Tagen stirbt der Patient.
Die Pneumonie durch Pneumocystis jirovecii ist eine wichtige Differenzialdiagnose zu COVID-19. Lange wurde der Erreger als Protozoon eingestuft, in Wirklichkeit handelt es sich aber um einen Pilz. Besonders infektionsgefährdet sind Patienten mit Malignomen oder immunsuppressiver Therapie.
Verdacht schöpfen bei klassischer Symptomtrias
Die durch den Erreger verursachte Lungenentzündung betrifft vor allem Menschen mit rheumatologischen Erkrankungen und Transplantierte. Von den HIV-negativen Patienten, die eine solche Pneumonie entwickeln, stehen bis zu 90 % unter einer systemischen Steroidtherapie mit Dosierungen von zumeist > 15 mg/d Prednisolonäquivalent über 6–12 Wochen. Der klinische Verdacht besteht insbesondere bei der klassischen Symptomtrias aus trockenem Reizhusten, langsam progredienter Belastungsdyspnoe und subfebrilen Temperaturen. In der HR-CT zeigt sich typischerweise eine schmetterlingsförmige interstitielle Zeichnungsvermehrung, die sich beidseitig von hilär ausbreitet. Um die Diagnose zu sichern, braucht man fast immer eine bronchoalveoläre Lavage.
Als Therapie der Wahl gilt die hoch dosierte Applikation von Cotrimoxazol über drei Wochen. Vor allem für Patienten mit schwerem Verlauf wird eine zusätzliche Gabe von Prednisolon (1 mg/kgKG) empfohlen. Trotz intensiver Behandlung liegt die Mortalität der Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie bei 10 %, eine zusätzlich Aspergillose oder Zytomegalievirusinfektion verschlechtert die Prognose.
Quelle: Schüßler M, Müller F, Rauschning D. „Nicht alles Milchglas ist COVID-19 – Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie als Differenzialdiagnose“, Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 603-607; DOI: 10.1055/a-1391-4403 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
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