Sexualstörungen bei Diabetikern sind was für den Hausarzt

Dr. Anja Braunwarth

Vertrauen zum Hausarzt nutzen und Problematik aktiv ansprechen! Vertrauen zum Hausarzt nutzen und Problematik aktiv ansprechen! © fotolia/Jenny Sturm

Erektile Dysfunktion? Ach, das soll der Zuckerkranke doch mal mit einem Urologen besprechen. Falsch! Sie und eventuell noch der Diabetologe sind gefragt, wenn es um Sexualstörungen bei diesen Patienten geht.

Zu den Sexualstörungen des männlichen Diabetikers gehören neben der erektilen Dysfunktion (ED) Beeinträchtigungen von Libido, Orgasmusfähigkeit und Ejakulation. Für zuckerkranke Frauen gibt es kaum valide Daten, berichtete Dr. Frank Merfort von der Gemeinschaftspraxis Rheydter Straße in Grevenbroich. Als mögliche Einschränkungen vermutet man aber mangelndes Verlangen, fehlende Befeuchtung der Scheide, Schwierigkeiten beim Orgasmus sowie Vaginismus und Dyspareunie (beides ohne organische Ursachen).

Was die Epidemiologie betrifft, sind Schätzungen zufolge knapp 10 % aller Diabetiker zwischen 20 und 29 Jahren von einer ED betroffen, bei den über 70-Jährigen 95 %. Über alle Altersklassen hinweg liegen die Zahlen bei 35–50 %.

Gespräch geht häufiger vom Patienten aus als vom Arzt

Zwar ergreifen heute immer mehr Ärzte selbst die Initiative und fragen die Patienten nach möglichen sexuellen Problemen, doch nach wie vor geht das Gespräch zu etwa 75 % von den Betroffenen aus. Und fälschlicherweise halten viele Kollegen immer noch den Urologen für zuständig. Doch der „Männerarzt“ ist nicht automatisch Spezialist für Sexualstörungen, betonte Dr. Merfort­. Vielmehr fördert gerade die langjährige und intensive Bindung zum Hausarzt oder Diabetologen die Bereitschaft, über die Angelegenheit zu reden. Der Hausarzt kennt zudem oft die Partner und kann sie einbeziehen, der Diabetologe verfügt durch die hohe Prävalenz der ED bei Diabetikern über große Erfahrung damit.

Man darf auch nicht vergessen, dass eine ED echten Krankheitswert hat. Sie kann zum einen Hinweis auf einen bisher unentdeckten Diabetes sein, aber auch ein Frühmarker der KHK. In einer Studie mit 162 angio­graphierten Männern zeigte sich, dass bei 71 % derer mit chronischer Angina pectoris die ED der koronaren Herzkrankheit vorausging. Diese Tatsache könnte auf der sehr viel geringeren Größe der penilen Arterie beruhen, sodass sich die Obstruktion dort eher bemerkbar macht.

Getrocknete Stierhoden bringen nichts

Diagnostisch genügt laut Dr. Merfort meist das Basisprogramm mit Anamnese, körperlicher Untersuchung, Labor und Fragebögen, eine weiterführende andrologische Abklärung brauchen nur wenige Männer. Therapeutisch haben medikamentöse und mechanische Maßnahmen die gleichen Erfolgsaussichten, aber PDE-5-Hemmer spielen klar die führende Rolle. Offenbar hat entgegen früheren Annahmen auch der Testosteronspiegel bei der ED eine Bedeutung und die Bestimmung kann lohnen, z.B. wenn PDE-5-Hemmer nicht anschlagen.

Alternative Mittel wie getrocknete Stierhoden, spanische Fliege, Tigerkrallen oder Nashornpulver bringen nichts, „das können Sie alles getrost vergessen“, so der Diabetologe. Die Behandlungsmöglichkeiten bei der Frau sind begrenzt, hier stehen u.a. psychologische Interventionen im Vordergrund.

Quelle: 52. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft

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