So sieht die optimale Therapie in der Praxis aus

Dr. Dorothea Ranft

Beim akuten Husten müssen nicht sofort Medikamente ran. Beim akuten Husten müssen nicht sofort Medikamente ran. © iStock/Moyo Studio

Beim Thema akuter Husten gibt es oft Streit: Der Patient fordert ein Antibiotikum, Sie sind dagegen. Eine neue DEGAM-Leitlinie zeigt, was wirklich hilft und wie Sie Ihre Pappenheimer überzeugen.

Als akut wird ein Husten bezeichnet, wenn er nicht länger als drei Wochen anhält. Die häufigste Ursache ist eine harmlose Virusinfektion. Die mit der Erkältung oder akuten Bronchitis einhergehenden Allgemeinsymptome bessern sich meist innerhalb von zwei bis drei Tagen, während der Husten länger anhalten kann (s. Kasten). 

Hustendauer

  • akut ≤ 3 Wochen
  • subakut ≤ 8 Wochen
  • chronisch > 8 Wochen

Bei der Abklärung ist zunächst nach Warnsignalen für einen gefährlichen Verlauf zu fahnden. Als solche gelten Symptome wie Stridor, Dyspnoe und Hämoptysen, aber auch Immunsuppression und Gebrechlichkeit (s. Kasten). Bei erwachsenen Patienten ohne Red Flags dürfen Sie sich diagnostisch auf eine sorgfältige Anamnese und symptom­orientierte körperliche Untersuchung beschränken, heißt es in der neuen S3-Leitlinie der DEGAM. Blut- und Sputumanalysen sind in dieser Situation ebenso wenig erforderlich wie Röntgenthorax-Aufnahmen. 

Red Flags

  • Stridor
  • Hämoptysen
  • schaumiger Auswurf
  • Abfall der Sauerstoffsättigung
  • Dyspnoe, Tachypnoe, Zyanose
  • Tachykardie
  • kürzlich erlebtes Thoraxtrauma
  • Inhalation von reizenden Substanzen oder Rauchgas
  • Gebrechlichkeit
  • schwere Immunsuppression mit Infekt

Aufgrund der selbstlimitierenden Natur der Erkältung oder akuten Bronchitis ist eine medikamentöse Behandlung meist nicht erforderlich. Sie kann aber zur subjektiven Besserung beitragen, schreibt das Autorenteam um Dr. Karen­ Krüger­ vom Institut für Allgemeinmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Zur Selbsthilfe empfehlen die Kollegen eine ausreichende Trinkmenge und rezeptfreie Medikamente. Der Nutzen von Inhalationen oder einer stark erhöhten Flüssigkeitszufuhr ist bisher allerdings nicht belegt. Sinnvoll ist auch eine Nikotinkarenz, denn Rauchen verlängert die Krankheitsdauer.

Codeinhaltige Antitussiva nicht besser als Placebo

Für die Pharmakotherapie stehen zwei Wirkstoffklassen zur Verfügung: Antitussiva und Expektoranzien. Hinsichtlich der Hustenreizlinderung schneiden codeinhaltige Antitussiva bei der akuten Erkrankung nicht besser ab als Placebo, heißt es in der Leitlinie. Sie verbessern jedoch mitunter den Nachtschlaf. Deshalb können Codein und Dihydrocodein bei quälendem Reizhusten kurz­fristig zur Nacht verordnet werden. Ein geringeres Nebenwirkungsspektrum ohne Abhängigkeitsrisiko zeigt Noscapin, ein nicht-sedierender Bestandteil des Opiums. Es ist zur Behandlung des Reizhustens zugelassen und darf auch Kindern verordnet werden. Hinweise auf eine antitussive Wirkung gibt es für Dextromethorphan. Der Effekt scheint allerdings relativ gering zu sein. Zudem muss man mit Interaktionen (Cytochrom P450) und einem gewissen Abhängigkeits­potenzial rechnen. Für die Wirkung von Dropropizin und Pentoxyverin konnten die Leitlinienautoren keine klinischen Studien finden. Expektoranzien sollen bei produktivem Husten die bronchiale Sekretion fördern und die Viskosität des Schleims verringern. Systematische Übersichtsarbeiten ergaben für synthetische Wirkstoffe wie Acetylcystein und Ambroxol höchs­tens eine geringe Reduktion akuter Exazerbationen bei chronischer Bronchitis bzw. COPD. Für eine Wirksamkeit bei Patienten mit akutem Husten gibt es bisher nur eine schwache Evidenz, so die Autoren. Besser ist die Datenlage zu Phytopharmaka. Studien erzielten überwiegend positive Resultate. Sie bescheinigen den pflanzlichen Arzneimitteln eine stärkere bzw. schnellere Besserung der Hustensymptome im Vergleich zu Placebo. Im Einzelnen wurden günstige Ergebnisse mit Kombinationen von Thymian und Primel bzw. Efeu erzielt, ebenso mit einem Wurzelextrakt aus Pelargonium sidoides und mit einer Mischung ätherischer Öle (Eukalyptus, Süß­orange, Myrte, Zitrone). Solche Präparate bieten eine Therapie­option bei entsprechendem Patientenwunsch. Von einer Antibiotikatherapie bei akutem Husten ohne Warnsignale raten die Leitlinienautoren ausdrücklich ab – wegen mangelnder Wirkung und Resis­tenzgefahr. Einer Cochrane-Metaanalyse zufolge verkürzt sich die Krankheitsdauer nur um einen halben Tag bei einer Hustendauer von acht bis zehn Tagen. Gleichzeitig treten bei einem von 24 Patienten störende Nebenwirkungen wie Erbrechen und Diarrhö auf.

Verzögerte Verordnung sorgt für Patientenzufriedenheit

Zur Reduktion nicht indizierter Antibiotikaverordnungen empfiehlt die Leitlinie zwei einfache Strategien. Oft hilft schon eine Erörterung des individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses mit anschließender gemeinsamer Entscheidungsfindung (Shared Decision Making). Studien konnten zeigen, dass die Zufriedenheit der Patienten darunter nicht leidet. Eine weitere Möglichkeit ist die verzögerte Verschreibung. Dabei erhält der Patient ein Rezept, das er nur im Fall einer Symptompersistenz oder Verschlechterung einlösen soll. Alternativ kann man ihm auch anbieten, die Verschreibung bei Bedarf in den nächsten Tagen abzuholen. Analysen ermittelten keinen Unterschied im Symptomverlauf zwischen sofortiger und späterer Verordnung. Die Patientenzufriedenheit war bei dieser Methode höher als bei ausbleibender Antibiotikaverschreibung.

* Eukalyptusöl, Süßorangenöl, Myrtenöl, Zitronenöl

Quelle: S3-Leitlinie „Akuter und chronischer Husten“, AWMF-Register-Nr. 051-013, www.awmf.org

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