Spätestens nach dem ersten Bagatellunfall des Seniors Fahrverzicht ansprechen

Friederike Klein

Sollte Ihr Oldie den Autoschlüssel ab­geben? Die „Seniorenberatung aufgrund fahreignungsrelevanter Einschränkungen“ (SAFE) hilft bei der Einschätzung. Sollte Ihr Oldie den Autoschlüssel ab­geben? Die „Seniorenberatung aufgrund fahreignungsrelevanter Einschränkungen“ (SAFE) hilft bei der Einschätzung. © iStock/Willowpix

Welcher betagte Bürger darf noch ans Steuer? Bisher gibt es keinen Standard-Test zur Beurteilung der Fahreignung. Das bloße Alter ist auch kein guter Indikator für eine vom autofahrenden Senioren ausgehende Gefahr. Umso wichtiger ist Ihre gezielte Beratung.

In der Presse ist der „Opa am Steuer“ als Verkehrsrisiko allgegenwärtig. Die Unfallstatistik sagte etwas anderes: Nicht die über 65-Jährigen, sondern die um die 20-Jährigen sind die eigentlichen Gefährder, betonte Privatdozent Dr. Albert Lukas vom Zentrum für Altersmedizin am Malteser-Krankenhaus Seliger Gerhard in Bonn. Einen verpflichtenden Gesundheitscheck nur aufgrund eines gewissen Alters hält er kaum für begründet.

Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass eine solche Maßnahme die Unfallzahlen senkt. Im Gegenteil: In Norwegen nahm die Zahl der zu Fuß verunfallten Senioren nach Einführung eines Medichecks sogar zu. In Deutschland wird auch weiterhin wie in Frankreich und Österreich gelten: Freie Fahrt für alte Bürger. Die Beurteilung der Fahreignung im Einzelfall ist und bleibt allerdings eine medizinische Frage und ist damit Aufgabe des betreuenden Arztes. Das betrifft die Aufklärung über möglicherweise zumindest kurzfristig die Fahrtauglichkeit einschränkende Medikamente wie Antihypertensiva. Es gilt aber auch, wenn die Fahrtauglichkeit durch bestimmte Erkrankungen bzw. Stadien nicht mehr gegeben ist, z.B. bei M. Parkinson, Demenz oder aktiven Anfallsleiden.

Beratungsresistente immer wieder darauf ansprechen

Das Problem sind nicht die älteren Autofahrer, die ihre nachlassenden Sinneskräfte und Multitasking-Fähigkeiten durch langsames Fahren in bekanntem Terrain wettmachen. Schwierigkeiten bereiten die Senioren mit handfestem Gefährdungspotenzial und mangelnder Einsicht. Dr. Lukas empfiehlt, spätestens nach einem ersten Bagatellunfall in fortgeschrittenem Alter über das Ende des Autofahrens zu sprechen. Wichtig dabei sind alternative Perspektiven, damit der Verzicht nicht gleichbedeutend ist mit dem Verlust der Unabhängigkeit und des sozialen Lebens.

Bei mangelnder Einsicht empfiehlt der Experte, nicht nachzulassen, son­dern bei jedem Termin wieder auf das Thema zu sprechen zu kommen und auf Konsequenzen hinzuweisen. Dazu gehört die mögliche Gefährdung anderer – überzeugend ist oft der Verweis auf Unfälle mit Kindern. Ein wichtiges Thema ist auch der Verlust des Versicherungsschutzes im Falle eines Unfalls und der Nachfrage der Versicherung beim Arzt. Die wiederholte Sicherungsaufklärung sollte sorgfältig dokumentiert werden.

Standard-Tests zur Beurteilung der Fahreignung gibt es bisher nicht. Hilfreich zur Identifikation kritischer Kandidaten ist nach Dr. Lukas‘ Erfahrung „SAFE“, die Seniorenberatung aufgrund fahreignungsrelevanter Einschränkungen, die von der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie publiziert wurde. Entsprechende Arbeitsmaterialien können heruntergeladen werden (s.r.). Erfasst werden u.a. bisherige Unfälle, Sehen, Aktivitäten des täglichen Lebens, Medikation und kognitive Tests. Ist ein Patient völlig uneinsichtig, muss der Arzt versuchen, ihn mit anderen Mitteln von der Verkehrsteilnahme abzuhalten.

Schweigepflicht darf gebrochen werden

Als letztes Mittel ist der Arzt durchaus befugt, eine Meldung an die Fahrerlaubnisbehörden zu machen und damit die ärztliche Schweigepflicht zu übergehen. Eine Pflicht dazu gibt es aber nicht und der behandelnde Arzt sollte den Patienten vorher gegebenenfalls darüber informieren, dass er eine solche Meldung erwägt, meinte Johannes Blank vom Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin in Heidelberg. Idealerweise lässt man den Patienten die Aufklärung über dieses Vorgehen unterschreiben. Ein solcher Schritt ist aber nur dann legitim, wenn Gefahren für die Allgemeinheit von dem Patienten als Fahrer nicht anders abwendbar sind, betonte der Arzt und Jurist.

Quelle: 124. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

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Sollte Ihr Oldie den Autoschlüssel ab­geben? Die „Seniorenberatung aufgrund fahreignungsrelevanter Einschränkungen“ (SAFE) hilft bei der Einschätzung. Sollte Ihr Oldie den Autoschlüssel ab­geben? Die „Seniorenberatung aufgrund fahreignungsrelevanter Einschränkungen“ (SAFE) hilft bei der Einschätzung. © iStock/Willowpix