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Sturzprophylaxe bei Knochengesunden: Vitamin D fällt in Ungnade

Vor sechs Jahren noch sprach sich die US Preventive Services Task Force für eine Vitamin-D-Ergänzung zur Sturzprophylaxe von selbstständig lebenden Älteren aus. In den 2018 aktualisierten Empfehlungen rückt die Arbeitsgruppe aufgrund neuer Daten von dieser Empfehlung ab. Über 65-Jährige – wohlgemerkt ohne Osteoporose oder Cholecalciferol-Mangel – würden von entsprechenden Supplementen nicht profitieren.1 Training, z.B. in Form von Gang- und Gleichgewichtsübungen, genereller körperlicher Bewegung oder Ausdaueraktivitäten, macht sich in dieser Altersgruppe bei Personen mit hoher Sturzgefahr dagegen in jedem Fall bezahlt.
Multifaktorielle individuelle Interventionen können Risikopatienten ebenfalls angeboten werden, ein routinemäßiger Einsatz für alle Senioren wäre aber nur mit einem kleinen Vorteil verbunden, so die Einschätzung der Experten. Zu derartigen Maßnahmen zählen Ausgleich von Hör-/Sehdefiziten, Ernährungstherapie, Inkontinenz-Management und psychologische Interventionen.
Zusätzlich zu dieser Neubewertung hat die US Preventive Services Task Force auch die Empfehlung zur Primärprävention von Frakturen überarbeitet, die für Knochengesunde ohne Vitamin-D-Defizit und ohne erhöhtes Sturzrisiko gelten.2 Wesentliche Punkte blieben unverändert: Der protektive Effekt von Vitamin-D- und Kalzium-Supplementen alleine oder in Kombination auf die Knochen von nicht pflegebedürftigen Männern und prämenopausalen Frauen ist unklar. Weniger als 400 IU Vitamin D bzw. unter 1000 mg Kalzium bringen bei postmenopausalen, selbstständig wohnenden Frauen definitiv keinen Vorteil.
Mangelt es lediglich an der Adhärenz?
Dr. David Reuben, Geriater von der David Geffen School of Medicine an der Universität von Kalifornien, Los Angeles, kritisiert in einem Editorial die sehr standardisierte Betrachtungsweise seiner Kollegen.3 Wichtige Faktoren wie beispielsweise die Adhärenz würden in derartigen Analysen teils untergehen. So belegen Daten aus der Woman’s Health Initiative, dass bei guter Adhärenz (> 80 % Einnahme) mit Vitamin D und Kalzium 29 % weniger Hüftfrakturen auftraten.
Auf der anderen Seite spiegelt der Erfolg multifaktorieller Interventionen nur die Idealbedingungen mit regelmäßigem Monitoring wider. Hier bedürfe es pragmatischeren Studiendesigns, um den Alltag besser abzubilden, schreibt Dr. Reuben. Klar sei, dass Präventivstrategien immer auch das Engagement der Betroffenen berücksichtigen und fördern sollten.
1. US Preventive Services Task Force. JAMA 2018; 319: 1696-1704
2. US Preventive Services Task Force. A.a.O.: 1592-1599
3. Reuben D. JAMA Intern Med 2018; 178: 892-893
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