Systemtherapie rückt stärker in den Vordergrund

Birgit-Kristin Pohlmann

Bei kleinen Metastasen gilt weiterhin die stereotaktische Bestrahlung als sinnvoll. Bei kleinen Metastasen gilt weiterhin die stereotaktische Bestrahlung als sinnvoll. © iStock/Mark Kostich

Die Inzidenz von Hirnmetastasen hat speziell beim HER2+ Mammakarzinom in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Neue Optionen bieten sich unter anderem im Bereich der Systemtherapie, die in den aktuellen Empfehlungen der AGO Mamma in ihrer Wertigkeit nach vorne gerückt ist. Eine interdisziplinäre Therapieplanung hat damit höchste Priorität.

Etwa ein Drittel der Betroffenen mit HER2+ oder triple-negativem Brustkrebs (TNBC) entwickelt im Krankheitsverlauf Hirnmetastasen, erläuterte Prof. Dr. Tjoung-Won Park-Simon­, Medizinische Hochschule Hannover. Vor diesem Hintergrund sei die zunehmende Anzahl klinischer Studien zur Behandlung von Hirnmetastasen zu begrüßen. Wann immer möglich, sollten Betroffene darin eingeschlossen werden.

Die AGO Mamma hat aktuell zudem die Empfehlungen zum Vorgehen bei singulären und Oligometastasen zusammengefasst und präzisiert: Unverändert raten die Expert:innen dazu, Metastasen bis maximal 4 cm stereotaktisch zu bestrahlen (LoE GR AGO 1b B ++). Besteht eine Indikation zur Resektion, gilt für beide Läsionstypen das Tumorbett postoperativ zu bestrahlen; eine Ganzhirn-Radiatio (WBRT) bringt keinen Vorteil (1b B ++). Nicht-resezierte Oligometastasen werden ebenfalls stereotaktisch bestrahlt (1b B ++). Prof. Park-Simon­ wies darauf hin, dass die stereotaktische Bestrahlung (SRS) die Zeit bis zur kognitiven Verschlechterung gegenüber der WBRT deutlich verlängere und mit einer besseren Lebensqualität einhergehe, ohne dass prognostische Nachteile bestünden. 

Ist im Fall eines Nachweises multipler Hirnmetastasen eine SRS nicht sinnvoll, bleibt die WBRT Standard, die ggf. – symptomadaptiert – um die Gabe von Steroiden ergänzt wird, erläuterte Prof. Dr. Diana Lüftner, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Allerdings empfiehlt die AGO Mamma jetzt bei günstiger Prognose den Hippocampus auszusparen, sofern dieser frei von Metastasen ist (1b B +). 

Soweit möglich vorrangig interdisziplinär behandeln

Ein neues Dia erstellte die Arbeitsgruppe zu den Grundsätzen der sys­temischen Behandlung von Hirnmeta­stasen: 
1. Die interdisziplinäre Therapieplanung steht klar im Vordergrund (5 D ++). Für den klinischen Alltag bedeute dies beispielsweise, dass jetzt auch vor einer Bestrahlung eine systemische Behandlung eingesetzt werden könne, betonte Prof. Lüftner. 
2. Besteht im Fall von multiplen Hirnmetastasen eine Indikation zur alleinigen Chemotherapie als Primärbehandlung, hat die AGO Mamma die Empfehlung zugunsten einer zusätzlichen zielgerichteten Strategie erweitert. Dies betreffe insbesondere den HER2+ Brustkrebs. 
3. Bei Erstdiagnose einer zerebralen Metastase und gleichzeitig stabiler extrazerebraler Erkrankungssituation sehen die Expert:innen eine Möglichkeit darin, die aktuelle systemische Behandlung beizubehalten, also die Systemtherapie nicht zu wechseln und die Metastase lokal zu behandeln (2c C +). 

Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Deruxtecan wurde als neue Option in die AGO Empfehlung aufgenommen für HER2+ Patient:innen mit asymptomatischen Hirnmetastasen, die ohne Glukokortikoid- bzw. Antikonvulsiva-Gabe krankheitsstabil sind (2b B +). Die gleiche Bewertung erhielt die Kombination Tucatinib/Trastuzumab/Capecitabin, allerdings nicht nur für stabile, sondern auch für aktive Hirnmetastasen. Wann stabile und wann aktive Hirnmetastasen vorliegen, hat die AGO Mamma unter Berücksichtigung der Studiendaten in einem neuen Dia definiert, das bei der Umsetzung der Empfehlungen zu beachten sei, so Prof. Lüftner. 

Eine wichtige Neuerung gab es laut der Referentin hinsichtlich der Behandlung der Leptomeningeosis carcinomatosa. Hier wurde die intrathekale Therapie abgewertet und sollte nur noch im Einzelfall zum Einsatz kommen (2b B +/-). Die Änderung erfolgt im Zuge einer Homogenisierung mit der S3-Leitlinie.

Quelle: AGO Mammakarzinom – State of the Art Meeting 2022

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Bei kleinen Metastasen gilt weiterhin die stereotaktische Bestrahlung als sinnvoll. Bei kleinen Metastasen gilt weiterhin die stereotaktische Bestrahlung als sinnvoll. © iStock/Mark Kostich