Für Kopf und Körper

Dr. Moyo Grebbin

Zerebrale Metastasen verschlechtern die Prognose und die Lebensqualität Betroffener. Zerebrale Metastasen verschlechtern die Prognose und die Lebensqualität Betroffener. © Science Photo Library/Wilson, Jessica

Hat er ins ZNS gestreut, ist HER2+ Brustkrebs schwer aufzuhalten. Dank einer Phase-2-Studie zur intrakraniellen Wirksamkeit von Pyrotinib plus Capecitabin wächst jetzt der Bestand prospektiver Daten zu medikamentösen Optionen. Mit einer Ansprechrate von rund 75 % profitierten vor allem nicht vorbestrahlte Patientinnen.

Gegen Hirnmetastasen des Mammakarzinoms kommen derzeit hauptsächlich Lokaltherapien zum Einsatz. Eine systemische Behandlung wird meist erst nach dem Progress infolge einer Resektion oder Bestrahlung erwogen. Dabei hätte sie, sofern sie wirkt, den Vorteil, zugleich intra- als auch extrakranielle Absiedlungen zu kontrollieren, schreiben die Autoren der Studie PERMEATE.1 Gegen HER2 gerichtete TKI wie Tucatinib seien vorhergehenden Arbeiten zufolge vermutlich ausreichend hirngängig und wirksam gegen HER2+ ZNS-Läsionen. Das Team um Dr. Min Yan, Henan Cancer Institute, Universität Zhengzhou, untersuchte nun erstmals prospektiv, inwiefern Gehirnmetastasen auf den pan-HER-Inhibitor Pyrotinib in Kombination mit Capecitabin ansprechen.

In die multizentrische, einarmige Studie waren 78 Patientinnen mit HER2+ Brustkrebs und ZNS-Beteiligung eingeschlossen. Diese gliederten die Studienärzte in zwei Gruppen:

  • Kohorte A: 59 Erkrankte mit radio­therapienaiven Hirnmetastasen
  • Kohorte B: 19 Frauen mit ZNS-Progress nach Radiotherapie

Die meisten Teilnehmerinnen waren zuvor mit Trastuzumab behandelt worden (51/59 in A; 18/19 in B). Extrakranielle Metastasen hatten 88 % der Frauen (A: 52/59; B: 13/19). Zum Zeitpunkt der Auswertung lief die Studie noch, das mediane Follow-up betrug 15,7 Monate.

Objektive Ansprechrate erreichte in Arm A rund 75 %

Die Autoren bezifferten die intrakranielle objektive Ansprechrate in Kohorte A auf 74,6 % und in Kohorte B auf 42,1 %. Sieben der radiotherapienaiven Patientinnen (12 %) und eine Teilnehmerin mit vorheriger Radiatio erreichten ein komplettes Ansprechen. Im Median dauerte das Ansprechen 12,5 Monate (A) bzw. 7,7 Monate (B) an. Das mediane PFS betrug 11,3 Monate bzw. 5,6 Monate. Die Überlebensdaten waren noch nicht reif.

Als häufigste Grad-3-Nebenwirkung trat wie erwartet Diarrhö auf (24 % in Kohorte A; 21 % in Kohorte B), gefolgt von verringerter Leukozytenzahl (14 %; 16 %). In Kohorte A kam es zudem bei 14 % zu Grad-3-Reduktionen der Neutrophilen, in Kohorte B bei 16 % zu Grad-3-Hyperkaliämien. Eine Grad-4-Anämie in Kohorte A wurde als therapiebedingt eingeschätzt. Todesfälle löste die Behandlung nicht aus.

Während das progressionsfreie Überleben für radiotherapie­naive Erkrankte unter Lapatinib plus Capecitabin in der LANDSCAPE-Studie lediglich 5,5 Monate erreicht hatte, hielt es unter der Kombination mit Pyrotinib mit 11,3 Monaten etwa doppelt so lange an, wie die Autoren betonen.

In einem Kommentar schätzten Dr. ­Caroline ­Bailleux vom Centre Antoine Lacassagne in Nizza und Prof. Dr. ­Thomas ­Bachelot vom Centre Léon Bérard in Lyon die Ergebnisse aus PERMEATE als wichtigen Erkenntnisbeitrag zum Feld der medikamentösen Behandlung ein.2 Prospektive Daten wie diese seien nötig, denn zukünftige Strategien würden sich vermehrt sys­temischen Optionen zuwenden müssen. Nach Lapatinib, Neratinib und Tucatinib sei Pyrotinib nun der vierte HER-gerichtete TKI, der in diesem Zusammenhang prospektiv untersucht wurde.

HER-gerichteter TKI Aktivität gegen ZNS-Metastasen des HER2+ Brustkrebs
Lapatinib (plus Capecitabin)20 % Volumenreduktion nach Radiatio; unbehandelte Hirnmetastasen: 66 % Reduktion
Neratinib (plus Capecitabin)49 % Volumenreduktion bei meist vorbestrahlten Läsionen; PFS: 5,5 Monate
Tucatinib (plus Capecitabin plus Trastuzumab)mit Tucatinib 47,3 % Ansprechen statt 20,0 % ohne Tucatinib; (108/174 Betroffene vorbehandelt); ZNS-spezifisches PFS: 9,5 Monate mit Tucatinib vs. 4,1 Monate (HR 0,36)
Pyrotinib (plus Capecitabin)42,1 % intrakranielle Ansprechrate nach Betrahlung; unbehandelt: 74,6 %

Quelle: Bailleux C, Bachelot T. Lancet Oncol 2022; S1470-2045(22)00022-5; DOI: 10.1016/S1470-2045(22)00022-5

Auch Antikörper-Wirkstoff-Konjugate helfen

Für alle vier Inhibitoren entsprach die Aktivität gegen Hirnmetastasen in etwa derjenigen gegen die extrakranielle Erkrankung. Allerdings beschränke sich die Wirksamkeit HER2-gerichteter Medikamente offenbar nicht auf TKI, so die Kommentatoren: Auch für größere Moleküle wie Trastuzumab-Emtansin oder Trastuzumab-Deruxtecan seien intrakranielle Ansprechraten von bis zu 49 % beschrieben worden.

Für die Hirnaktivität sei daher möglicherweise eher die intrinsische Wirksamkeit der Medikamente ausschlaggebend als deren Fähigkeit, die Blut-Hirn-Schranke zu passieren, schlussfolgerten sie – denn diese bleibe in den ZNS-Läsionen ja meist nicht intakt.

1. Yan M et al. Lancet Oncol 2022; S1470-2045(21)00716-6; DOI: 10.1016/S1470-2045(21)00716-6
2. Bailleux C, Bachelot T. Lancet Oncol 2022; S1470-2045(22)00022-5; DOI: 10.1016/S1470-2045(22)00022-5

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