
Zuerst lokal versuchen

Das Mammakarzinom ist unter allen soliden Tumoren die zweithäufigste Ursache für Hirnmetastasen – im Wesentlichen getriggert durch HER2+ und tripel-negative Tumoren. Gerade beim HER2+ Brustkrebs treten intrakranielle Absiedelungen oftmals auf, wenn die extrakranielle Erkrankung stabil ist, berichtete Professor Dr. Christian F. Singer, Brustgesundheitszentrum Wien. Wegen potenzieller kognitiver Einbußen sei die Balance zwischen Wirkung und Nebenwirkungen bei der Behandlung von Hirnmetastasen besonders wichtig.
Experte favorisiert die stereotaktische Bestrahlung
Im Falle einer weniger als 3 cm großen solitären Absiedelung gelten chirurgische Resektion bzw. stereotaktische Radiochirurgie als Mittel der Wahl. Das lokale Rezidivrisiko lasse sich durch eine postoperative Ganzhirn- oder stereotaktische Bestrahlung senken, bringe aber keinen Überlebensvorteil, betonte der Referent. Die stereotaktische Radiatio bevorzugt er aufgrund des deutlich niedrigeren Risikos für kognitive Defizite.
Bei maximal vier Hirnmetastasen empfiehlt Prof. Singer primär die Radiatio – vorzugsweise die stereotaktische Radiochirurgie, ggf. ergänzt durch eine Ganzhirnbestrahlung. Die Kombination biete auch hier die beste lokale Kontrolle. Da kein Überlebensvorteil in Studien beschrieben ist, empfiehlt Dr. Singer jedoch, auf die Ganzhirnbestrahlung zu verzichten. Sie sei primär bei multiplen Hirnmetastasen, insbesondere bei leptomeningealen Metastasen und hohem intrakraniellem Gesamtvolumen, indiziert. Sie kommt dann – um Hirnödeme zu reduzieren – in Kombination mit Steroiden zum Einsatz.
Bei leptomeningealer Aussaat könnten zudem die intrathekale Chemo- bzw. HER2-gerichtete Therapie Optionen bieten. Sie seien aber kein Standardvorgehen, die Chemotherapie sei sogar umstritten, wie Prof. Singer betonte. Eine kleine Fallserie hätte auf ein gutes intrakranielles Ansprechen speziell unter intrathekalem Trastuzumab hingewiesen.
Weiterhin stellte Prof. Singer die ESMO 5 ABC* Guidelines vor. Laut ihnen sollte bei progredienten Hirnmetastasen und stabiler extakranieller Erkrankung, die systemische Therapie nicht geändert werden. Sind intrakranielle Metastasen die einzige Metastasenlokalisation, werde dagegen zusätzlich zur lokalen Intervention keine ergänzende Systemtherapie empfohlen. Diese bringe keinen prognostischen Vorteil. Falls allerdings eine vorherige HER2-Therapie beendet wurde, sollte diese wieder aufgenommen werden.
„Systemtherapie erfreut sich steigenden Interesses“
Ist die intrakranielle Progression die dominierende Metastasenlokalisation und kommen lokale Maßnahmen nicht infrage, wechselt man auf eine systemische Therapie – vorzugsweise im Rahmen einer klinischen Studie. Wie der Referent erklärte, bietet die intrathekale Systemtherapie eine Option bei stabiler extrakranieller Metastasierung und normalem Fluss der Cerebrospinalflüssigkeit sowie Hinweis auf maligne Zellen darin.
Laut Prof. Singer besteht ein steigendes Interesse an systemischen Therapieoptionen. Eine primäre Indikation für eine Systemtherapie sieht er bei Patienten mit systemischem Progress und multiplen asymptomatischen oder oligosymptomatischen Hirnmetastasen. Wie die Studie HER2CLIMB ergeben hat, ist nach Vorbehandlung mit Pertuzumab/Trastuzumab sowie Trastuzumab-Emtansin die Systemtherapie mit Tucatinib plus Trastuzumab/Capecitabin eine effektive neue Option. „Das PFS wurde beeindruckend verbessert.“ Dies gelte sowohl für neu diagnostizierte als auch progrediente sowie für stabile Hirnmetastasen.
Als weitere hoffnungsvolle Systemtherapie nannte er Trastuzumab-Deruxtecan. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat wird derzeit in der TUXEDO-1-Studie bei Patienten mit HER2+ metastasiertem Mammakarzinom und neu diagnostizierten und/oder progredienten Hirnmetastasen validiert.
* advanced breast cancer
Quelle: Singer CF. 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie (virtuell); Session „HER2 positives metastasiertes Mammakarzinom – klinische Herausforderungen“
40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie (virtuell)
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).