Thrombolyse kann sich auch noch neun Stunden nach dem Schlaganfall lohnen

Maria Weiß

Alle 30 Minuten sinkt die Chance auf ein gutes Outcome nach einem Schlaganfall. Alle 30 Minuten sinkt die Chance auf ein gutes Outcome nach einem Schlaganfall. © iStock/Ugreen

Der schnelle Therapiestart ist nach einem ischämischen Hirninfarkt entscheidend. Allerdings sind nicht nur 4,5 Stunden ausschlaggebend sondern auch 45 %. Lässt sich so viel Gewebe retten, kann der Patient auch nach neun Stunden noch von einer Thrombolyse profitieren.

Erhält ein Patient mit isch­ämischem Schlaganfall eine in­travenöse Thrombolyse mit Alteplase in den ersten 4,5 Stunden nach Symptombeginn, hat er die besten Chancen auf ein gutes funktionelles Outcome. Wenn die Therapie innerhalb dieser Zeit startet, wird das einem von elf Patienten ein selbstständiges Leben nach dem Schlaganfall ermöglichen. Zusätzlich fällt die Mortalität um etwa 40 % geringer aus. Der positive Effekt ist allerdings stark zeitabhängig. Nach Symptombeginn sinkt alle 30 Minuten die Chance auf ein gutes Outcome um 15 %, berichtete Professor Dr. Martin Sitzer von der Klinik für Neurologie am Klinikum Herford­.

Bildgebung löst Problem bei unklarem Symptombeginn

Wie geht man vor, wenn der genaue Beginn der Symptome nicht festzustellen ist, z.B. weil der Patient damit aufgewachte? Auch dann sollte man mittels Bildgebung überprüfen, ob der Anteil an rettbarem Gewebe die Grenze von 45 % noch nicht unterschritten hat. Ist das der Fall, bringt eine Thrombolyse (± mechanischer Thrombektomie) auch diesen Patienten einen Vorteil.

Faktoren wie Alter (> 80 Jahre), Diabetes, vormaliger Hirninfarkt oder besonders geringer oder hoher Schweregrad gelten dabei nicht mehr als absolute Kontraindikationen für die Thrombolyse, erklärte Prof. Sitzer. Führt man bei proximalen Gefäßverschlüssen zusätzlich noch eine mechanische Thrombektomie durch, steigen die Erfolgsaussichten weiter. Dabei kann bei Nachweis eines ausreichend großen Anteils „rettbaren“ Gewebes (minderdurchblutet, aber nicht nekrotisch) der Eingriff auch noch nach 16–24 Stunden sinnvoll sein. Auch bei der alleinigen Thrombolyse löst man sich zunehmend von dem starren 4,5-Stunden-Zeitfenster, sagte Prof. Sitzer. Denn auch nach diesem Intervall können Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen noch von der Thrombolyse profitieren. Nach 4,5 bis 9 Stunden steigt der Anteil der Patienten mit einem positiven Outcome noch deutlich an, wenn mittels CT, CT-Angiographie oder MRT ein ausreichender Anteil „rettbaren“ Gewebes (≥ 45 %) nachgewiesen wurde.

Einer von Fünfzehn profitiert von der späten Intervention

In einer aktuellen Metaanalyse dreier Studien konnte durch eine Thrombolyse im Zeitfenster von 4,5–9 Stunden bei 36 % der Patienten ein positives Ergebnis erzielt werden. In der Placebogruppe gelang dies nur bei 29 %. Das entspricht einer Number needed to treat von 15. Auch Patienten mit akuten zerebralen Durchblutungsstörungen der hinteren Zirkulation profitieren von der i.v.-Thrombolyse. Nach einer aktuellen Metaanalyse von Registerdaten und randomisierten Studien mit insgesamt 5146 Patienten wird bei ihnen das funktionelle Endergebnis gebessert. Mit diesen neuen Erkenntnissen sind die Algorithmen zur Thrombolyse-Entscheidung deutlich komplexer geworden, schloss der Neurologe. Größte Herausforderung für die Zukunft wird die konsequente, rasche Umsetzung im klinischen Alltag sein.

Quelle: 11. Interdisziplinäres Update Gefäßmedizin

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Alle 30 Minuten sinkt die Chance auf ein gutes Outcome nach einem Schlaganfall. Alle 30 Minuten sinkt die Chance auf ein gutes Outcome nach einem Schlaganfall. © iStock/Ugreen