Tinea capitis mit systemischer plus adjuvanter lokaler Therapie behandeln

Dr. Dorothea Ranft

Microsporum canis dominiert unter den Erregern, die eine Tinea capitis verursachen.
Microsporum canis dominiert unter den Erregern, die eine Tinea capitis verursachen. © wikimedia/Roberto J. Galindo

Von der leichten Schuppung bis zur massiven eitrigen Sekretion: Die Tinea capitis zeigt die verschiedensten Gesichter. Eine neue Leitlinie fasst zusammen, was hartnäckige Mykosen vom Kopf vertreibt und wie sich eine Kontaktinfektion verhindern lässt.

Kinder sind besonders häufig von einer Tinea capitis betroffen. Unter den Erregern dominierte in Mitteleuropa bisher Microsporum canis, der neben Hunden auch Katzen, Pferde, Affen und Kaninchen befällt (mitunter ohne Symptome auszulösen). Allerdings gewinnen anthropophile Erreger wie Trichophyton tonsurans zunehmend an Bedeutung, heißt es in der neuen S1-Leitlinie „Tinea capitis“, deren Abfassung der Dermatologe Professor Dr. Peter­ Mayser­ aus Biebertal koordiniert hat.

Beim Verdacht auf eine Tinea capitis sollte der gesamte Körper nach weiteren Manifestationen einschließlich der Onychomykose abgesucht werden. Der Erregernachweis ist wichtig für die Wahl des Antimykotikums und zum Aufdecken von Infektionsketten. Zur Sicherung der Diagnose dienen Schuppen und/oder Haarstümpfe aus den Läsionen, die z.B. mit einem Skalpell (stumpfe Seite) oder einer sterilen Pinzette gewonnen werden. Alle Proben sollten mikroskopisch, kulturell und/oder mit molekularen Verfahren untersucht werden. Eine Resistenztestung ist nicht erforderlich.

Die Therapie verfolgt vier Ziele:

  • klinische und mykologische Heilung erreichen (Nativpräparat und Kultur negativ)
  • Symptome lindern
  • bleibenden Haarverlust verhindern
  • Infektionsketten unterbrechen

Für eine erfolgreiche Therapie müssen Patienten mit Tinea capitis sowohl systemisch als auch adjuvant topisch behandelt werden. Eine alleinige Lokaltherapie genügt nicht. Bei einem Kerion celsi (tiefe Trichophytie) oder hochgradigem klinischem Verdacht auf Tinea capitis darf man die Therapie schon vor dem Ergebnis der Kultur beginnen, falls eine PCR-Schnelldiagnostik nicht verfügbar und/oder der mikroskopische Befund unklar ist.

Für die Lokalbehandlung werden Shampoos eingesetzt, die Selensulfid, Ketokonazol, Clotrimazol oder Ciclopirox enthalten. Das Shampoo sollte auf das gesamte Kopfhaar – nicht nur die Läsionen – aufgetragen werden (zweimal wöchentlich über zwei bis vier Wochen).

In der systemischen Therapie richtet sich die Wahl des Antimykotikums nach dem Erreger. Wegen der stärkeren Wirksamkeit sollten Trichophyton-Infektionen vornehmlich mit Terbinafin behandelt werden. Microsporum/Nannizzia-Spezies sprechen besser auf Itraconazol und Griseofulvin an. Das Problem dabei: Zur Behandlung von Kindern mit Tinea capitis ist als einziges Antimykotikum in Deutschland bisher nur Griseofulvin zugelassen. Der Wirkstoff wurde aber 2018 aus dem Handel genommen, sodass er lediglich über internationale Apotheken bezogen werden kann.

Dosierungen für Kinder

  • Terbinafin:
    < 20 kgKG: 62,5 mg,
    21–40 kgKG: 125 mg,
    > 40 kgKG: 250 mg
    (jeweils einmal täglich)
  • Itraconazol:
    5 mg/kgKG einmal täglich mit der Hauptmahlzeit, Suspension nüchtern einnehmen (1 Stunde keine Nahrungsaufnahme),
    alternativ < 20 kgKG: 50 mg/Tag,
    > 20 kgKG: 100 mg/Tag
  • Griseofulvin:
    20 mg/kgKG in ein bis zwei Einzeldosen täglich mit der Hauptmahlzeit

Regelmäßige mykologische Kontrollen ab der 4. Woche

Mangels Zulassung ist die Therapie von Kindern mit Terbinafin oder Itraconazol ein individueller Heilversuch nach AMG. Allerdings haben Studien gezeigt, dass diese neueren Antimykotika höhere Ansprechraten haben und eine bessere Therapiesicherheit bieten als Griseo­fulvin, heißt es in der Leitlinie. Die initiale Dauer der Behandlung beträgt vier Wochen. Eine mögliche Fortsetzung richtet sich nach dem Ergebnis der mykologischen Kontrollen, die ab der vierten Woche alle 14 Tage durchgeführt werden sollten. Auch wenn sich der klinische Befund bessert, rät die Leitlinie, die Behandlung zwei bis vier Wochen fortzusetzen, sofern der Erregernachweis noch positiv ist. Bei fehlendem klinischem Ansprechen wird ein Wechsel auf eine Second-Line-Therapie empfohlen: Hat Itraconazol primär versagt, sollte bei Trichophyton-Spezies in der Zweitlinie Terbinafin eingesetzt werden. Bei Infektionen durch Microsporum-Spezies empfiehlt die Leitlinie Griseofulvin. Für therapierefraktäre Fälle kommen Fluconazol und Voriconazol infrage.

Anti-Pilz-Shampoos für Kontaktpersonen

Kinder, die eine geeignete systemische und topische Therapie erhalten, können Kindergarten und Schule meist sofort wieder besuchen, heißt es in der Leitlinie. Bei anthropophilen Erregern (T. tonsurans, T. violaceum, T. soudanense und M. audouinii) genügt eine Woche Karenz. Ein Screening sämtlicher Familienmitglieder und enger Kontaktpersonen ist vor allem bei anthropophilen Erregern erforderlich. Eine systemische Antimykotikatherapie wird allerdings nur bei der manifesten Tinea capitis empfohlen. Asymptomatischen Kontaktpersonen raten die Autoren, antimykotisch wirksame Shampoos zu verwenden. Kontaminierte Gegenstände (Kämme etc.) sollten desinfiziert bzw. entsorgt und durch Einmalutensilien ersetzt werden. Meldepflichtig gemäß Infektionsschutzgesetz ist die Tinea capitis nur, wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer, zeitlicher und räumlicher Zusammenhang vermutet wird, sodass man von einer schwerwiegenden Gefahr für die Allgemeinheit ausgehen kann. 

Quelle: S1-Leitlinie Tinea capitis, AWMF-Register-Nr. 013-033, www.awmf.org

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Microsporum canis dominiert unter den Erregern, die eine Tinea capitis verursachen.
Microsporum canis dominiert unter den Erregern, die eine Tinea capitis verursachen. © wikimedia/Roberto J. Galindo