TKI Erdafitinib ist noch nach immuntherapiehaltigen Vorbehandlungen wirksam

ASCO 2023 Friederike Klein

Ein Pan-FGFR-Inhibitor zeigt bei FGFR-Alterationen von Patient:innen mit metastasiertem Urothelkarzinom (mUC) Wirkung. Ein Pan-FGFR-Inhibitor zeigt bei FGFR-Alterationen von Patient:innen mit metastasiertem Urothelkarzinom (mUC) Wirkung. © takasu – stock.adobe.com

Checkpoint-Inhibitoren sind inzwischen etablierter Bestandteil der Erst- oder Zweitlinientherapie von Patient:innen mit nicht-resektablem oder metastasiertem Urothelkarzinom. Als Folgebehandlung kommt laut den Ergebnissen der THOR-Studie zukünftig auch eine zielgerichtete Strategie infrage. 

Etwa 20 % der Erkrankten mit metastasiertem Urothelkarzinom (mUC) weisen Alterationen der Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptoren (FGFR) auf, berichtete Dr. Dr. ­Yohann ­Loriot vom Institut Gustave Roussy in Villejuif. Der Pan-FGFR-Inhibitor Erdafitinib hat aufgrund der Wirksamkeit in einer Phase-2-Studie in den USA bereits eine beschleunigte Zulassung zur Therapie des fortgeschrittenen UC mit FGFR-Alterationen erhalten. 

Dr. ­Loriot präsentierte die Ergebnisse der bestätigenden Phase-3-Studie THOR. Eingeschlossen wurden 266 Erwachsene mit metastasiertem oder nicht-resezierbarem UC, die einen Progress nach einer oder zwei vorangegangenen Therapien erlitten hatten, die auch einen ­PD(-L)1-Inhibitor umfasste. 136 Patient:innen erhielten randomisiert Erdafitinib – einmal täglich 8 mg mit pharmakodynamischer Titration bis 9 mg – und 130 eine Chemotherapie nach Wahl der Prüf­ärztin/des Prüfarztes. Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben. 

Wie der Referent berichtete, er­gab sich in der Interimsanalyse nach einer medianen Beobachtungsdauer von 15,9 Monaten ein signifikanter Vorteil für die zielgerichtete Therapie. Das mediane OS betrug unter Erdafitinib vs. Chemotherapie 12,1 Monate vs. 7,8 Monate, mit einer Reduktion des relativen Sterberisikos um 36 % (HR 0,64; 95%-KI 0,47–0,88; p = 0,005). Die Studie wurde entblindet und alle Patient:innen der Kontrolle konnten zu Erdafitinib wechseln. 

Auch das mediane PFS war mit 5,6 Monaten vs. 2,7 Monate im Prüfarm länger als in der Kontrolle (HR 0,58; 95%-KI 0,44–0,78; p = 0,0002). 45,6 % der Teilnehmenden sprachen auf Erdafitinib an, davon 6,6 % komplett. Unter der Chemotherapie betrug die ORR 11,5 %, mit einer CR (0,8 %).

Alle Subgruppen profitieren von Erdafitinib

Der OS-Vorteil für den TKI zeigte sich in allen untersuchten Subgruppen und war unabhängig von der Art der FGFR-Alteration (Translokation oder Mutation), der Anzahl der Vorbehandlungen, dem Vorhandensein viszeraler Metastasen oder der Art der Chemotherapie im Kontrollarm. Patient:innen mit Tumoren des oberen Harntrakts schienen besonders von Erdafitinib zu profitieren (HR 0,34). 

Beobachtete Nebenwirkungen

Die Rate ernster unerwünschter Ereignisse (SAE) belief sich mit Erdafitinib und Kontrolle auf 13,3 % vs. 24,1 %. Der FGFR-Inhibitor ging dabei mit spezifischen Toxizitäten einher, die im Therapiemanagement berücksichtigt werden müssen. Neben Nagel- (66,7 %) und Hautveränderungen (54,8%) kam es bei mehr als der Hälfte der Teilnehmenden zu Augenproblemen, von denen insbesondere die zentrale seröse Retinopathie (17,0 %) eine engmaschige ophthalmologische Kontrolle erfordert. Ansonsten umfassten die häufigsten unerwünschten Ereignisse (AE) unter dem TKI Hyperphosphatämie (78,5 %), Diarrhö (54,8 %) und Stomatitis (45,9 %), die aber in weniger als 10 % der Fälle einen Grad 3 oder 4 erreichten. Unter der Chemotherapie kam es am häufigsten zu Anämie (27,7 %), Alopezie (21,4 %), Nausea (19,6 %) und Neutropenien (18,8 %). Die Medikation aufgrund von AE abbrechen mussten 8,1 % der Erkrankten in der Erdafitinibgruppe und 13,4 % im Chemotherapiearm. 

Die wesentliche Konsequenz aus den positiven Studiendaten heißt: Frühzeitig auf ­FGFR-Alterationen testen. Prof. ­Loriot empfahl ein pragmatisches Vorgehen: Sobald bei oder nach Diagnose des mUC genügend Material vorliege, solle man testen, denn im weiteren Verlauf sei dies oft nur noch schwer machbar. Eine Zulassung des TKI in Europa vorausgesetzt, sollte die Entscheidung für Erdafitinib oder für andere Folgetherapien gemeinsam mit den Patient:innen getroffen werden. Zu berücksichtigen sind neben den individuellen Präferenzen der Betroffenen vor allem die unterschiedliche Toxizität der Behandlungen und die Komorbiditäten. Laut Prof. ­Loriot sprechen beispielsweise ein hoher Body-Mass-Index und eine bestehende Diabeteserkrankung eher für Erdafitinib und gegen Enfortumab-Vedotin, eine bestehende Retino­pathie dagegen gegen Erdafitinib. 

Quelle:
Loriot Y et al. 2023 ASCO Annual Meeting; Abstract LBA4619

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