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Wann müssen Divertikel behandelt werden?

Divertikel kommen vor allem im Kolon vor. Mit dem Alter nimmt ihre Häufigkeit zu, bei über 70-Jährigen findet der Endoskopiker sie in 60 % der Fälle. Deutlich seltener ist der Dünndarm betroffen und noch seltener Magen oder Speiseröhre.
Entsprechend der Pathogenese unterscheidet man Pulsionsdivertikel, auch Pseudodivertikel genannt, von Traktionsdivertikeln. Pulsionsdivertikel entstehen, weil die Schleimhaut aufgrund eines erhöhten intraluminalen Drucks durch die Muskelschicht prolabiert. Typische Beispiele dafür sind das Zenker- und das seltenere Killian-Jamieson-Divertikel, die beide im Bereich des oberen Ösophagussphinkters aufgrund einer Druckerhöhung im Hypopharynx auftreten. Zu den Pulsionsdivertikeln gehören auch die epiphrenischen Divertikel am distalen Ende der Speiseröhre oberhalb des distalen Sphinkters.
Stau in der Speiseröhre
Bakterielle Fehlbesiedelung gilt als potenzielle Ursache
Bei Traktionsdivertikeln wird die gesamte Darmwand durch Zug von außen, z.B. durch Narbenbildung, ausgestülpt. Dieser Typ findet sich in der mittleren Speiseröhre, im proximalen Duodenum und in Form des angeborenen Meckel-Divertikels im Dünndarm, erläutert Professor Dr. Thomas Frieling vom Helios Klinikum Krefeld. Eine Indikation zur endoskopischen Diagnostik (und ggf. Computer- bzw. Magnetresonanztomographie) besteht nur bei symptomatischen Divertikeln. Mögliche Symptome sind je nach betroffener Region z.B. Schluckbeschwerden, Regurgitation, Druckgefühl, Schmerzen, dyspeptische Beschwerden, Obstruktion, Meteorismus, Stuhlgangsveränderungen, Ikterus, Entzündung, Perforation oder Blutung. Bei symptomatischen Ösophagusdivertikeln sollte auch die Motilität der Speiseröhre untersucht werden. Eine krikopharyngeale Dysfunktion scheint beim Zenker-Divertikel eine Rolle zu spielen. Epiphrenische Divertikel treten überwiegend zusammen mit Ösophagusmotilitätsstörungen wie Achalasie auf. Diese müssen behandelt werden, z.B. mittels pneumatischer Kardiadilatation oder peroraler endoskopischer Myotomie. Manchmal reicht dies allein schon aus und macht eine Resektion der Divertikel überflüssig. Dünndarmdivertikel können unter anderem durch eine bakterielle Fehlbesiedelung symptomatisch werden, die mit einem Wasserstoffatemtest nachweisbar ist. Helfen kann den Patienten eine Behandlung mit Antibiotika, z.B. Rifaximin. Meckel-Divertikel verursachen bei 4–9 % der Patienten Beschwerden. In diesen Fällen sollten sie laparoskopisch reseziert werden.Rechtsseitige Divertikulitis oft als Appendizitis fehlgedeutet
An der Pathogenese von Kolon-Divertikeln scheinen verschiedene Faktoren mitzuwirken, erklärt der Krefelder Kollege: Eine Verdickung der Darmwandmuskulatur, ein gestörter Metabolismus des Bindegewebes sowie eine enterische Neuropathie werden u.a. diskutiert. Der klinischen Relevanz nach wird zwischen der asymptomatischen Divertikulose oder einer Divertikelkrankheit mit Schmerzen, Entzündung und/oder Blutung unterschieden. Ob eine reine Divertikulose ohne Komplikationen (wie Entzündung) Symptome verursachen kann, ist unklar. Nur ca. 20 % der Kolondivertikel machen sich irgendwann mit Komplikationen bemerkbar, insbesondere mit einer Divertikulitis. Die Entzündung kann auf die Darmwand übergreifen und zu Abszessen, Perforation, Blutungen oder einer Stenosierung führen. Die meisten Kolondivertikel befinden sich auf der linken Seite. Wenn rechtsseitige Divertikel eine Entzündung entwickeln, wird dies häufig als Appendizitis fehlgedeutet. Zur Diagnose der Divertikulitis bedarf es eines Schnittbildverfahrens zusätzlich zur Endoskopie.Quelle: Frieling T. Internist 2021; 62: 277-287; DOI: 10.1007/s00108-021-00942-0
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