Was ist bei Schwangeren mit Infekten zu beachten?

Maria Fett

Bei einfachen Atemwegsinfekten reicht es meist schon aus, die schwangere Patientin krank zu schreiben und auf Hausmittel zu setzen. Bei einfachen Atemwegsinfekten reicht es meist schon aus, die schwangere Patientin krank zu schreiben und auf Hausmittel zu setzen. © istock.com/robertkuehne

Gravidität stellt für Ärzte immer eine Risikosituation dar. Im ersten Teil zur Versorgung von Schwangeren schildert eine Kollegin, wie Sie bei Infekten und Hauterkrankungen vorgehen, ohne das Ungeborene zu gefährden.

Schwangere Frauen tragen fast schon per se das Label „Kontraindikation“. Entsprechend dünn ist die Datenlage, auf die Hausärzte in der Behandlung zurückgreifen können. Die langjährige Hausärztin und amtierende DEGAM*-Präsidentin Professor Dr. Erika Baum aus Biebertal gibt Einblicke in 36 Jahre Erfahrung.

Atemwegsinfekte

Eine 27-jährige schwangere Patientin kommt hustend und mit laufender Nase in Ihre Praxis. Was raten Sie ihr? „Schreiben Sie sie krank und schicken Sie sie zurück ins Bett, sie soll sich mal richtig ausschlafen“, antwortet Prof. Baum. Finden sich keine Hinweise für einen bakteriellen Infekt, tun es Nasenspülungen mit 0,9 % NaCl sowie Hausmittel: Zucker bzw. Honig lindern den Hus­ten und wenn man ausreichend trinkt, löst sich der Schleim. Darüber hilft Salbeitee bei Halsschmerzen und Thymiansaft bei starkem Hus­tenreiz. Generell gilt: „Es immer erstmal mit Placebos probieren“, so die Referentin.

Herzfrequenz des Kindes muss 100–160 Schläge/min betragen

Bei komplizierteren Atemwegs­infekten mit Bakterien als Übeltäter gilt: Die Schwelle für eine Antibiose liegt niedriger als gewöhnlich. Das Labor hilft nur bedingt, da sich die Normwerte in der Schwangerschaft verschieben. Führt kein Weg an einer Magnetresonanztomographie vorbei, sollte diese wenn möglich ohne Kontrastmittel durchgeführt werden. Differenzialdiagnostisch ist eine Infarktpneumonie im Hinterkopf zu behalten.

Harnwegsinfekte

Hegen Sie begründeten Verdacht auf einen Harnwegsinfekt, fragen Sie die Frau gezielt nach Ausfluss, vorausgegangenen Infekten, suprapubischem oder Flankenschmerz. In die Anamnese gehören laut Prof. Baum außerdem Fragen nach Fieber, Übelkeit und Erbrechen, dem allgemeinen Krankheitsgefühl und reduzierten Kindsbewegungen.

Eine Urinkultur (auch zur Kontrolle nach der Therapie) sollte stets angelegt werden, ebenso sind Messung von Puls und Temperatur obligatorisch. Auch an eine Tachypnoe gilt es zu denken. Untersuchen Sie zudem den Bauch der Patientinnen sorgfältig und achten Sie darauf, dass die Herzfrequenz des Kindes zwischen 100 und 160 Schlägen/min liegt. Tut sie das nicht oder finden Sie andere Alarmzeichen: sofort in die Klinik!

Herpes kurz vor Geburtstermin systemisch behandeln

Ist eine Antibiose indiziert, sollte diese am besten über sieben Tage erfolgen. Laut einer englischen Studie können neben Cefalexin und Amoxicillin auch Fosfomycin und Pivmecillinam eingesetzt werden, ab dem 2. Trimester zudem Trimethoprim. Cave: Nitrofurantoin nur vor der 36. Woche und nicht in der Stillzeit (Hämolyserisiko!).

Wie ein rohes Ei behandeln

Prof. Baum rät, bei schwangeren Frauen mehr Vorsicht walten zu lassen:
  • Stets den Blutdruck messen und die Unterschenkel ansehen (Gestose, Thrombose?).
  • Keine neuen Medikamente oder Verfahren einsetzen, mit denen die Frauen keine Erfahrungen haben bzw. bei denen keine Indikation für Schwangere vorliegt.
  • Vorsicht auch bei pflanzlichen Präparaten! („Wir wissen nie, was da wirklich drin ist.“)
  • Erhöhte Komplikationsrate bei Infekten beachten.
  • Lieber häufiger als zu selten krankschreiben.
  • Besonders wachsam bei Bauchbeschwerden! Hier sind eine enge Kooperation mit dem Gynäkologen und ggf. eine Überweisung ins Krankenhaus gefragt.

Exantheme

Nicht schön, aber auch nicht tragisch: Lippenherpes. Prof. Baum rät ihren schwangeren Patientinnen stets zu Honig. Tritt er kurz vor dem Geburtstermin auf, empfiehlt sie systemisch Aciclovir zu geben. Ein Ringelrötelverdacht sollte stets serologisch abgeklärt und parallel der Gynäkologe konsultiert werden (Hydrops fetalis). Gegen Mykosen helfen lokal Clotrimazol, zudem wirkt schwarzer Tee (von außen) adstringierend. Kamille trocknet eher aus.

Hauterkrankungen

Viele Schwangere werden von Juckreiz geplagt, besonders im 1. oder 2. Trimester. Gute Erfahrungen hat Prof. Baum mit rehydratisierenden Hautpflegemitteln gemacht. Häufig kann es zu atopischen Eruptionen kommen, wogegen topische Kortikoide helfen. Die Alarmglocken sollten bei Pemphigoid, Pemphigus und Lupus erythematodes schrillen. Diese Autoimmunkrankheiten können auch das Kind gefährden. Behandelt werden können auch sie mit Steroiden sowie systemischen Antihistaminika. Beispielsweise helfen bei Pemphigoid systemische Kortikoide wie Prednisolon, wobei man gewöhnlich mit Dosen von 0,5–1 mg/kg/d startet. Schlagen die Präparate nicht an, kann ein Versuch mit gepulstem Methylprednisolon oder Immunglobulinen i.v. unternommen werden.

* Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Quelle: 43. practica

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Bei einfachen Atemwegsinfekten reicht es meist schon aus, die schwangere Patientin krank zu schreiben und auf Hausmittel zu setzen. Bei einfachen Atemwegsinfekten reicht es meist schon aus, die schwangere Patientin krank zu schreiben und auf Hausmittel zu setzen. © istock.com/robertkuehne