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Was man über die Dialyse bei chronischem Nierenversagen wissen sollte
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Bisher gibt es keinen Schwellenwert für die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR), ab dem eine Dialyse begonnen werden sollte. Ein Kriterium sind Urämiesymptome wie Übelkeit und Fatigue sowie Zeichen der Flüssigkeitsüberlastung (Dyspnoe, periphere Ödeme) – vorausgesetzt, die Erkrankten sprechen nicht auf andere Therapieformen an. Auch eGFR-Abfall, metabolische Azidose und Hyperkaliämie können die Dialyse indizieren, so Dr. Jennifer Flythe vom University of Carolina Kidney Center in Chapel Hill und Dr. Suzanne Watnick von der University of Washington in Seattle.
Erkrankte und Angehörige in die Entscheidung einbeziehen
In Studien konnte kein Mortalitätsunterschied zwischen Hämo- und Peritonealdialyse gezeigt werden. Manche Patientinnen und Patienten möchten oder müssen auch das Verfahren wechseln, z. B. wegen einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder einer schweren Peritonitis. Die Entscheidung sollte mit den Erkrankten und ggf. ihren Angehörigen getroffen werden.
Die Hämodialyse erfolgt über eine arteriovenöse Fistel (AV), ein AV-Transplantat oder einen getunnelten zentralvenösen Katheter. Gelegt wird der Zugang meist am Arm, bei Gefäßproblemen auch am Bein oder an der Brustwand. Unter der Hämodialyse kommt es oft zu Blutstrominfektionen, bei der Bauchfellbehandlung zur Peritonitis.
Als nicht-infektiöse Komplikationen der Hämodialyse treten Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen, Juckreiz, Erschöpfung, Hypotonie und Arrhythmien auf. Zu den nicht-bakteriell bedingten, unerwünschten Folgen der Peritonealdialyse gehören Bauch- und Rückenschmerzen sowie katheterbedingte Probleme (Leckage, Migration und Knickbildung). Außerdem ist mit metabolischen Störungen wie einer Hyperglykämie zu rechnen.
Ein häufiges Problem ist die Anämie. Die Leitlinien der KDIGO* empfehlen eine intravenöse Eisengabe oder erythropoietinstimulierende Therapie bei einem Hb-Wert unter 10 g/dl. Begonnen werden sollte, sobald die Transferrinsättigung unter 20 bis 30 % sinkt. Ziel ist, den Hb-Wert auf 10–11,5 g/dl zu stabilisieren.
Wegen des veränderten Knochenstoffwechsels ist mit einem erhöhten Frakturrisiko zu rechnen. Die Werte für Phosphor, Kalzium, Vitamin D und Parathormon müssen also reguliert werden. Dazu gehört die Reduktion phosphathaltiger Lebensmittel und Getränke (Cola). Viele Nierenkranke benötigen Phosphatbinder wie Kalziumazetat und Sevelamerkarbonat.
Den meisten Dialysepatientinnen und -patienten wird eine Kochsalzreduktion auf 2,3 g/d und eine Flüssigkeitsrestriktion auf 1–1,5 l/d empfohlen. Die Menge hängt von der verbliebenen Organfunktion und der Gewichtszunahme zwischen den Dialysen ab. Die Proteinzufuhr sollte bei 1,0 bis 1,2 g/kg/d liegen. Zusätzlich zu den Routineimpfungen wird eine Impfung gegen Hepatitis B, Pneumokokken und COVID-19 empfohlen, ab 60 Jahren auch gegen das respiratorische Synzytial-Virus.
Um die renale Restfunktion zu erhalten, sollten Betroffene möglichst keine nephrotoxischen Wirkstoffe wie NSAR erhalten und iodhaltige Kontrastmittel nur bei strenger Indikation. Eine Dosisreduktion wird empfohlen für Gabapentin und bestimmte Antibiotika (z. B. Chinolone, Cephalosporine, Sulfamethoxazol und Trimethoprim). Gleiches gilt für Benzodiazepine, Muskelrelaxanzien wie Baclofen und Antidiabetika, etwa Insulin und Sulfonylharnstoffe.
Opioide werden zwar nicht routinemäßig empfohlen, eine zeitlich begrenzte Anwendung bei schweren Schmerzen ist aber möglich, heißt es. Dabei sollten Hydromorphon und Fentanyl (in der niedrigsten wirksamen Dosis) gegenüber Morphin und Codein bevorzugt werden. Denn unter den Letztgenannten droht eine Akkumulation aktivierter Metabolite.
* Kidney Failure Risk Equation
Quelle: Flythe JE, Watnick S. JAMA 2024; DOI: 10.1001/jama.2024.16338
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