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Wenn monoklonale Antikörper zur Anaphylaxie führen

Monoklonale Antikörper sind aus der Therapie von malignen und schweren entzündlichen Erkrankungen nicht mehr wegzudenken. Sie binden an spezifische Antigene und beeinflussen damit gezielt bestimmte Prozesse des Krankheitsgeschehens. Vereinzelt können sie aber auch allergische Reaktionen hervorrufen, erklären die Immunologen Dr. David Hong vom Brigham and Women’s Hospital in Boston und Dr. David E. Sloane vom Dana Farber Cancer Institute, Boston. In Abhängigkeit von Molekül, Applikationsweg und der Grunderkrankung kommen solche Hypersensitivitätsreaktionen (HSR) unterschiedlich häufig vor. In der Literatur ist Rituximab der Spitzenreiter – mit einer HSR-Inzidenz von 5–10 %.
Wichtig für das weitere Vorgehen bei HSR ist die Abklärung des zugrunde liegenden Pathomechanismus bzw. der Art der Hypersensitivitätsreaktion. Die Symptome der klassischen durch Mastzellen vermittelten allergischen Typ-1-Reaktion treten akut oder subakut auf und manifestieren sich mit den bekannten Anaphylaxiezeichen von leichtem Flush und Juckreiz bis hin zum Herz-Kreislauf-Versagen. Ein weiterer, bei monoklonalen Antikörpern zu beobachtender HSR-Pathomechanismus ist die Zytokinfreisetzungsreaktion.
Zytokinstürme u.a. bei Checkpointhemmern
Erste Beschwerden treten innerhalb von Minuten bis einigen Stunden auf. Symptome sind u.a. Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen, Kopf- und Muskelschmerzen. In schweren Fällen entwickeln die Patienten zusätzlich eine aseptische Meningitis, Krämpfe sowie Hypotonien bis hin zum Atemversagen. Berichtet werden solche „Zytokinstürme“ u.a. in der Antikörpertherapie von B-Zell-Malignomen sowie unter Rituximab oder Immun-Checkpointinhibitoren, bei Letzteren aufgrund des erwünschten Wirkmechanismus in Form einer Enthemmung des Immunsystems.
Daneben kommen vereinzelt Typ-3-Immunkomplex-Reaktionen (Serumkrankheit) mit Hautausschlag, Arthralgien/Arthritis, Fieber und Lymphadenopathien sowie die immunzellvermittelte Typ-4-Reaktion (Spättyp) vor. In die Spättyp-Gruppe fallen neben dem Erythema multiforme auch das Stevens-Johnson-Syndrom oder die toxische epidermale Nekrolyse.
Unter einer Monotherapie kann das auslösende Medikament meist sicher identifiziert werden. Etwas komplizierter wird es, wenn der Patient mehrere verschiedene Medikamente erhält. Hier hilft dann die genaue Beschreibung der HSR durch Patient, Angehörige oder medizinisches Personal im Zusammenhang mit der erstmaligen Applikation des verdächtigten Wirkstoffs. Hauttestungen können im Einzelfall bei Typ-1-Reaktionen helfen, sind aber vergleichsweise kostenintensiv, da monoklonale Antikörper in der Regel nicht in den für den Test benötigten geringen Mengen zur Verfügung stehen.
Stehen gleichwertige Ersatztherapien zur Verfügung, ist Mittel der Wahl bei allen HSR der Verzicht auf den die Reaktion auslösenden Antikörper (Auslöser-Karenz). Gibt es keine adäquate Alternativbehandlung und liegt eine klassische Typ-1-Reaktion vor, ist die schnelle Desensibilisierung gegebenenfalls eine Option, berichten die Experten. Dabei wird unter engmaschiger ärztlicher Betreuung das Medikament beispielsweise in zwölf Schritten innerhalb von fünf bis sieben Stunden bis zur therapeutischen Dosis aufdosiert.
Reaktionen durch Prämedikation abmildern
Für Zytokinfreisetzungsreaktionen scheint sich die Medikamentendesensibilisierung weniger gut zu eignen. Hier kann versucht werden, die Reaktionen durch Prämedikation mit oralen oder parenteralen Steroiden oder nicht-steroidalen Antirheumatika abzumildern, den Antikörper durch zusätzliche Flüssigkeit zu verdünnen bzw. Dosis und Applikationshäufigkeit anzupassen, empfehlen die Autoren. Bei Reaktionen vom Typ 4 muss der auslösende monoklonale Antikörper dagegen strikt gemieden werden.
Quelle: Hong D. Sloane DE. Ann Allergy Asthma Immunol 2019; 123: 35-41; DOI: 10.1016/j.anai.2019.04.015
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