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Antikörpertherapien können Polyneuropathien verursachen oder lindern

Neuigkeiten gibt es z.B. bei den immunvermittelten Neuropathien wie der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIPD). Bei einigen Patienten wurden spezifische Antikörper gegen Moleküle des nodalen/paranodalen Komplexes (Neurofascin NF-155, NF-186 und Contactin-1) entdeckt. Nach diesen Antikörpern sollte insbesondere dann gefahndet werden, wenn die Patienten einen besonders aggressiven Krankheitsbeginn und ZNS-Beteiligung, Ataxie, Tremor oder schwere neuropathische Schmerzen aufweisen.
Patienten mit diesem CIPD-Phänotyp sprechen oft schlecht auf Standard-Therapien z.B. mit Immunglobulinen, aber sehr gut auf Rituximab an, heißt es in der Leitlinie unter Federführung von Professor Dr. Dieter Heuß von der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Erlangen. In den letzten Jahren wurden vermehrt auch CIPD-Fälle nach Organtransplantationen beschrieben.
Checkpoint-Inhibitoren als auslösende Arzneien
Bei der Frage nach möglichen auslösenden Medikamenten einer Polyneuropathie hat sich das Spektrum erweitert. Die in der Krebstherapie zunehmend eingesetzten Immun-Checkpoint-Inhibitoren wie Ipilimumab, Nivolumab und Pembrolizumab können in seltenen Fällen schwere zentrale und periphere neurologische Nebenwirkungen hervorrufen. Dazu gehören auch akute inflammatorische demyelinisierende (AIDP) oder axonale Polyneuropathie, CIPD und sogar enterische autonome Neuropathien. Eine AIDP – auch Guillain-Barré-Syndrom – kann zusätzlich durch Infektionen mit Hepatitis-E-Viren und Zika-Viren ausgelöst werden.
Bei Patienten mit progredientem akutem oder subakutem Verlauf einer sensiblen Neuropathie/Neuronopathie sollten heute neben Ausschluss eines Sjögren-Syndroms und Bestimmung antineuraler Antikörper auch nach dem neu entdeckten Antikörper anti-FGF3 (Antifibroblast growth factor receptor 3) gefahndet werden. 10 von 17 Patienten mit diesen Antikörpern entwickeln im Verlauf noch eine andere Autoimmunerkrankung, was auf eine immunvermittelte Neuropathie weist.
Bei ausgeprägten Schmerzen auf M.-Fabry-Gendefekt testen
Für genetische Ursachen einer Polyneuropathie sprechen positive Familienanamnese, in der Regel jüngeres Alter und typische Anzeichen wie Hohlfuß und Krallenzeh. Auch bei diesen hereditären Formen gibt es Neuigkeiten: So konnte bei 10–30 % der Patienten mit Small-fiber-Neuropathie durch Analyse der für die spannungsgesteuerten Natriumkanäle kodierenden Gene eine kausale Mutation nachgewiesen werden. Insgesamt wurde der Algorithmus bei Verdacht auf hereditäre Polyneuropathien in der Leitlinie um Genanalysen beispielsweise um speziell kombinierte Testpanels erweitert.
Bei Polyneuropathie-Patienten mit ausgeprägten neuropathischen Schmerzen sollte ein M. Fabry durch ein mutiertes GLA-Gen ausgeschlossen werden, da es für diese Patienten mittlerweile eine Enzymersatztherapie gibt. Ähnliches gilt auch für die Diagnose einer hATTR-Neuropathie. Diese kann auf molekularer Ebene therapiert werden, indem man die Synthese der krankheitsrelevanten Proteine hemmt.
Neuigkeiten gibt es ebenfalls bezüglich der apparativen Diagnostik. Mittels Ultraschall oder MRT lässt sich heute die Nervenquerschnittsfläche bestimmten, die bei CIDP und Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung deutlich vergrößert ist.
Quelle: S1-Leitlinie Diagnostik bei Polyneuropathien, AWMF-Register Nr. 030/067, www.awmf.org
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