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Wie können Angehörige und Pflegepersonal Dehydratation bei Senioren verhindern?
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Häufigste Ursache der Dehydratation bei Älteren ist die unzureichende Trinkmenge. Dies ist nicht nur durch ein vermindertes Durstempfinden der älteren Menschen begründet. Auch kognitive Einschränkungen, die das Trinken vergessen lassen, Dysphagie und ein Widerwille gegenüber bestimmten Getränken können eine Rolle spielen, schreibt Professor Dr. Ute Hoffmann von der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder in Regensburg. Zudem können Schamgefühle – z.B. bei Inkontinenz oder Tremor (Verschütten) – dazu führen, dass lieber vorsorglich das Trinken vermieden wird.
Viele Ältere sind auch in ihrer Mobilität eingeschränkt. Sie können nicht allein ausreichend Getränke einkaufen oder in Reichweite bereitstellen und haben Angst, nicht schnell genug zur Toilette zu kommen. Eine Dehydratation durch vermehrten Flüssigkeitsverlust droht zusätzlich durch Diarrhö, Erbrechen, Fieber und Schwitzen, aber auch bei Diuretikatherapie, Abnahme der Nierenfunktion und Hyperglykämie.
Verschlechtert sich bei einem geriatrischen Patienten der Allgemeinzustand oder nimmt das Körpergewicht ab, sollte ein Screening auf Dehydratation und ausreichende Trinkmenge erfolgen, betont Prof. Hoffmann. Einfache klinische Zeichen wie Hautturgor, trockene Zunge, Mundtrockenheit, Gewichtsveränderungen und Urinfarbe oder Osmolarität lassen aber als Parameter keine eindeutigen Rückschlüsse auf die nicht ausreichende Trinkmenge zu. Empfohlen wird daher die Bestimmung der Serumosmolarität, die bei Werten > 300 mOsm/kg auf eine zu geringe Trinkmenge deutet.
Bei Dehydratation durch erhöhten Flüssigkeitsverlust ist die Serumosmolarität dagegen oft normal. In diesen Fällen sind daher die klinischen Kriterien richtungsweisend:
- Verwirrtheit
- undeutliche Sprache
- Extremitätenschwäche
- trockene Mundschleimhäute
- trockene Zunge
- gefurchte Zunge
- eingefallene Augen
Wer mindestens vier dieser sieben Kriterien erfüllt, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine mittlere bis schwere Dehydratation. Weitere Hinweise können kollabierte Halsvenen und ein niedriger Blutdruck sein.
Die Folgen der Exsikkose sind vielfältig. Es drohen eine orthostatische Hypotonie mit erhöhter Sturz- und Frakturgefahr sowie die Entwicklung und Verschlechterung kognitiver Einschränkungen bis hin zum Delir. Auch Müdigkeit, Tagesschläfrigkeit, Tachykardie, verringerte Ganggeschwindigkeit und Obstipation sind mögliche Symptome.
1,6 Liter am Tag für Frauen, 2,1 Liter täglich für Männer
Unter dem Strich hat die Dehydratation negative Auswirkungen auf die Lebensqualität und es kann zu gehäuften stationären Aufnahmen, schlechteren Rehabilitations-Outcomes und nicht zuletzt einer erhöhten Mortalität kommen.
Aber welcher Richtwert gilt nun für die Trinkmenge bei Älteren? Bei den Frauen werden in den neuen ESPEN-Leitlinien täglich 1,6 l empfohlen, bei den Herren 2 l. Hat die Person Fieber, Erbrechen, Durchfall oder schwitzt (u.a. bei Hitze), muss mehr getrunken werden, ebenso bei einer Serumosmolarität > 300 mOsm/kg (oder errechnet > 295 mmol/l). Wurde eine Dehydratation bereits festgestellt und verschlechtert sich der Allgemeinzustand deutlich und/oder kommt es zu schweren Elektrolytentgleisungen, ist eine zusätzliche subkutane, intravenöse oder nasogastrale Flüssigkeitsgabe erforderlich.
Die einfache therapeutische Aufforderung „Sie müssen mehr trinken“ wird im Praxisalltag oft nicht ausreichen, betont Prof. Hoffmann. Angehörige und Pflegepersonal sollten eingebunden werden, da man die Älteren immer wieder zum Trinken animieren muss. Hilfreich kann hier das Führen eines Trinkprotokolls (Getränkezeiten) sowie das Bereitstellen von Lieblingsgetränken in Reichweite und in bevorzugten bzw. bedarfsgerechten Trinkgefäßen sein. Entsprechende Maßnahmen wie ein Toilettenstuhl oder Kontinenztraining können einem Vermeidungsverhalten entgegenwirken.
Ob Kaffee oder Bier – alles ist erlaubt
Diuretika-Dosis regelmäßig ans Körpergewicht anpassen
Je nach Ödemkonstellation fallen eGFR-Bestimmung, Echokardiographie und Langzeit-EKG sowie bei Hypalbuminämie eine Lebersonographie, die Bestimmung der Lebersyntheseparameter und des Eiweiß/Kreatinin-Quotienten im Urin an. Sind all diese Untersuchungen unauffällig, kann es sich bei der Hypalbuminämie auch um eine Folge von Malnutrition bzw. Malabsorption handeln. Bei überwässerten Patienten sollte neben der Behandlung der Grunderkrankungen die Trinkmenge individuell festgelegt werden. Die bei Herz- und/oder Niereninsuffizienz häufig notwendige Schleifendiuretika-Therapie muss gerade bei Älteren regelmäßig an das Körpergewicht angepasst werden, um eine Dehydratation zu vermeiden. Den Einnahmezeitpunkt stimmt man am besten mit dem Patienten ab, um ihn in seinen Alltagsaktivitäten nicht zu stark einzuschränken. Auch der Elektrolythaushalt muss bei diesen Patienten engmaschig überwacht werden.Quelle: Hoffmann U. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 513-517; DOI: 10.1055/a-1267-4727
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