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Wie man Resistenzen umgehen kann

Die Chemoresistenz bei soliden Tumoren wie dem Urothelkarzinom ist multifaktoriell, konstatierte Dr. Felix Wezel vom Universitätsklinikum Ulm.1 Bekannt sei auch, dass die DNA-Reparatur-Response (DDR), gerade in Bezug auf Cisplatin, eine wichtige Rolle spielt. Die DDR gelte beim Urothelkarzinom als prädiktiver Marker: So sprächen Patient:innen mit Mutationen in diesem Signalweg besser auf Cisplatin an als solche, die die entsprechenden Alterationen nicht aufweisen. Es stelle sich nun die Frage, ob man die DDR-Gene nicht nur prädiktiv, sondern auch als therapeutische Targets nutzen könne.
Geringe Dosierung des ATM-Hemmers reicht
Um dieser Hypothese nachzugehen, nutzten Dr. Wezel und sein Team chemoresistente Urothelkarzinom-Zelllinien, in der sie die Zielgene ATM/ATR, die wichtige Mediatoren des DDR-Signalwegs darstellen, hemmten. Die Forschenden behandelten cisplatinresistente, gemcitabinresistente bzw. parentale „chemonaive“ Zellen zunächst mit einem ATM-Inhibitor. „Auffällig war, dass die cisplatinresistenten Zellen sehr schnell bei der ersten getesteten Dosis reagierten“, so der Referent. In Bezug auf die IC50, d.h. die Dosis, mit der 50 % der Zellen abgetötet werden, zeigte sich: Bei den cisplatinresistenten Zellen brauchte es nur eine geringe ATM-Konzentration, um die IC50 zu erreichen. Ganz im Gegensatz zu parentalen und gemcitabinresistenten Zellen, bei denen die IC50 erst mit höheren Dosierungen erzielt wurde. „Das demonstriert, dass das ein cisplatinspezifischer Effekt ist“, erklärte Dr. Wezel. Noch deutlicher waren die Ergebnisse, wenn die Wissenschatler:innen ATR hemmten.
Hier zeigte sich bei den parentalen und gemcitabinresistenten Zellen kein Effekt, während die cisplatinresistenten Zellen schon auf eine geringe Dosis reagierten. Ähnliche Ergebnisse sahen die Wissenschaftler:innen, wenn sie ATM bzw. ATR spezifisch mittels Knock-down/Knock-out ausschalteten.
Bestätigt wurden die Daten im 3D-Zellkukturmodell: Gaben Dr. Wezel und Kolleg:innen Cisplatin auf dagegen resistente Zellen, wuchsen diese weniger als die Kontrolle. Applizierten sie zusätzlich einen ATM- oder ATR-Inhibitor, stellte sich das Wachstum komplett ein.
Die Hemmung von ATM und ATR erhöhte in platinresistenten Urotheltumorzellen signifikant das Ansprechen auf Cisplatin, resümierte der Referent. Der DDR-Signalweg könnte daher als therapeutisches Target dienen, um das Ansprechen auf platinbasierte Chemotherapien in Tumoren ohne DDR-Genmutationen zu verbessern.
Ansprechen auf CDK4/6-Inhibitoren entschlüsselt
Mit dem Ansprechen auf CDK4/6-Inhibitoren beschäftigten sich PD Dr. Roman Nawroth, Technische Universität München, und Kolleg:innen. Bereits zuvor konnten sie belegen, dass Zellen nur auf die zielgerichteten Substanzen reagieren, wenn diese Retinoblastom(Rb)-positiv sind. Die Forschenden demonstrierten in zwei unterschiedlichen Zelllinien, dass die Rb-Expression nach CDK4/6-Inhibitor-Exposition abnimmt. Schalteten die Wissenschaftler:innen verschiedene Teilelemente des Proteasoms aus, verzögerte das den Abbau von Rb. Weitere Versuche ergaben, dass Rb nach Therapieinduktion aktiv in den Nukleus transportiert wird, was dazu führte, dass sich die Menge des Transkriptionsfaktors E2F1 im Zellkern verringerte.
Dr. Nawroth stellte auf Basis dieser Ergebnisse folgende Hypothese auf, die beschreibt, wie eine Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren zellbiologisch wirkt: Nach CDK4/6-Inhibition wird Rb in den Nukleus transportiert und E2F1 herunterreguliert. Das wiederum induziere den G1-Arrest des Zellzyklus. Im Zuge der späten Antwort komme es schließlich zur Herunterregulierung von Rb und E2F und damit zur Induktion von Autophagie, Apoptose und Seneszenz. Der G1-Arrest sei dabei die Voraussetzung, um den zweiten Schritt einzuläuten, resümierte der Referent.
Quelle:
Nawroth R. 74. Kongress der DGU; „Degradation of RB1 is essential for early therapy response to CDK4/6 inhibitors“
Einen weiteren potenziellen Ansatz, eine Resistenz gegen Cisplatin zu umgehen, präsentierte Markus Fortmeyer von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.2 Er und sein Team fokussierten sich auf den CDK12-Inhibitor THZ531. CDK12 reguliere die Transkription von DNA-Reparaturgenen und der Verlust führe etwa in Ovarialkarzinomzellen zu einer eingeschränkten DNA-Reparaturkapazität. Die Forschenden fanden eine erhöhte CDK12-Expression sowohl in Gewebe von Patient:innen mit Urothelkarzinom nach neoadjuvanter cisplatinbasierter Chemotherapie als auch in Urothelkarzinom-Zelllinien im Vergleich zu normalen Zellen.
Inhibitor könnte Apoptose resistenter Zellen induzieren
Cisplatinresistente Zellen reagierten deutlich sensitiver auf THZ531 als parentale cisplatinnaive. Weitere Versuche deuteten darauf hin, dass der Inhibitor die Apoptose in cisplatinresistenten Zellen induziert. CDK12 sei demnach ein vielversprechendes Target beim Urothelkarzinom, schloss der Referent.
Quellen:
1. Wezel F. 74. Kongress der DGU; „Inhibition of ATM/ATR confers cisplatin sensitivity in platinum-resistant bladder cancer cells“
2. Fortmeyer M. 74. Kongress der DGU; „Cisplatin resistant urothelial carcinoma cells are highly sensitive towards CDK12 inhibitor THZ531“
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