Die Prognose stets im Blick

ASH 2022 Dr. Miriam Sonnet

Aktuelle Studiendaten deuten darauf hin, dass Biomarker wie zirkulierende klonale Plasmazellen und die MRD im peripheren Blut womöglich bessere Biomarker sind als die bisher für das Myelom üblichen.
Aktuelle Studiendaten deuten darauf hin, dass Biomarker wie zirkulierende klonale Plasmazellen und die MRD im peripheren Blut womöglich bessere Biomarker sind als die bisher für das Myelom üblichen. © TarikVision – stock.adobe.com

Die minimale Resterkrankung gewinnt für die Prognosevorhersage bei Myelomerkrankten zunehmend an Bedeutung. Aktuelle Studiendaten deuten darauf hin, dass diesbezüglich eine Ganzkörperbildgebung mittels MRT mehrere Vorteile bietet. Weitere Biomarker wie zirkulierende klonale Plasmazellen und die MRD im peripheren Blut scheinen sich ebenfalls als prognostische Faktoren zu eignen.

Eine MRD-Negativität im Knochenmark etabliert sich mehr und mehr als Biomarker für die Prognose von Patient:innen mit Multiplem Myelom. Immer häufiger kommt die diffusionsgewichtete Ganzkörperbildgebung mittels MRT (DW-MRT) zum Einsatz. Unklar ist bisher ihre prädiktive Rolle im Hinblick auf das Therapieansprechen, berichtete Dr. Angelo Belotti, ASST Spedali Civili di Brescia.1

Der Referent und sein Team schlossen in ihre Studie 70 Myelom-Erkrankte ein, die mit einer autologen Stammzelltransplantation (ASZT) und Erhaltungstherapie behandelt worden waren. Sie evaluierten mittels DW-MRT das Ansprechen 100 Tage nach der Transplantation – also vor der Erhaltung – und nach einem Jahr, um die Resterkrankung in der Bildgebung zu monitorieren. Zusätzlich entnahmen sie Knochenmarkproben für die MRD-Bestimmung mittels multiparametrischer Durchflusszytometrie (MFC).

Entsprechend der MY-RADS-Kriterien (s. Kasten) fielen an Tag 100 nach der Transplantation 59 % der Teilnehmenden in die Kategorie RAC1 und 41 % in ≥ RAC2. 64 % waren entsprechend der Ergebnisse der MFC im Knochenmark MRD-negativ. Nach einem Jahr konnten die Forschenden 76 % der Betroffenen der Kategorie RAC1 und 24 % der Gruppe ≥ RAC2 zuordnen. Die Evaluation des Knochenmarks er­gab eine MRD-Negativitätsrate von 83 %. Die Konkordanz zwischen MFC und DW-MRT betrug 85 %. Sowohl PFS als auch OS waren mit RAC1 nach einem Jahr signifikant besser als mit ≥ RAC2. In der Multivariatanalyse erwies sich die Kategorie ≥ RAC2 ein Jahr nach der Transplantation als unabhängig mit PFS und OS assoziiert.

MY-RADS-Empfehlungen

Mittels der MY-RADS*-Kriterien lässt sich das Ansprechen in der Bildgebung anhand einer Skala von fünf Response Assessment Categories (RAC) evaluieren. RAC1 steht dabei für eine hohe Response-Wahrscheinlichkeit, RAC5 für eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Krankheitsprogression.

* Myeloma Response Assessment and Diagnosis System

Eine anhaltende MRD-Negativität in der DW-MRT habe eine prädiktive Relevanz für die Prognose von Patient:innen mit neu diagnostiziertem Multiplem Mye­lom (NDMM) nach einer ASZT, resümierte der Referent, und das unabhängig von verschiedenen Therapiestrategien. Mit der Bildgebung während der Erhaltung könne man das Risikoassessment dynamisch gestalten und Erkrankte mit erhöhter Rezidivwahrscheinlichkeit früh erkennen.

Auf zwei weitere prognostische Faktoren ging Prof. Dr. Prashant R. Tembhare, Homi Bhabha National Institute, Mumbai, in seinem Vortrag ein.2 Wie der Referent erläuterte, reflektieren zirkulierende klonale Plasmazellen (CCPC) die Tumorlast beim Multiplen Myelom. Vorangegangene Studien lieferten bereits Hinweise, dass CCPC das klinische Outcome von Personen, die mit einer Chemotherapie und ASZT behandelt wurden, vorhersagen können. Es handele sich dabei um einen einfachen und nichtinvasiven Biomarker, zählte der Referent die Vorteile auf. Bisher gibt es allerdings kaum Real-World-Daten zum Einsatz der CCPC-Quantifizierung bei Betroffenen mit NDMM ohne ASZT. In dieser Gruppe wurde bislang auch nicht die klinische Relevanz der minimalen Resterkrankung im peripheren Blut (PB-MRD) evaluiert. 

Die besseren Biomarker: CCPC und PB-MRD 

Die Wissenschaftler:innen rekrutierten 141 NDMM-Patient:innen und behandelten sie mit einer bortezomibbasierten Induktion, gefolgt von einer Konsolidierungs-Chemotherapie. Sie analysierten die CCPC zum Zeitpunkt der Diagnose – als Anteil der weißen Blutzellen (WBC) und als absolute CCPC-Anzahl – und die PB-MRD nach drei und sechs Chemotherapie-Zyklen (PB-MRD 1 und 2). 

Nach median 35 Monaten Follow-up erzielten rund 50 % der Teilnehmenden ein komplettes Ansprechen oder ein sehr gutes partielles Ansprechen. Zum Zeitpunkt der Diagnose wiesen 76,6 % CCPC auf und bei 97 % waren klonale Plasmazellen im Knochenmark nachweisbar. Ein Anteil von CCPC an den WBC < 0,01 % war mit einem besseren ereignisfreien Überleben (EFS) assoziiert, berichtete Prof. Tembhare. In dieser Gruppe betrug das EFS 50 Monate vs. 22 Monate für diejenigen Personen mit CCPC/WBC ≥ 0,01 %. Ähnliches galt für das OS (nicht erreicht vs. 52 Monate). In der Multivariatanalyse stellte sich ein Anteil von CCPC ≥ 0,01 % als unabhängiger und besserer prognostischer Faktor heraus als andere Baselineparameter wie R-ISS und zytogenetisches Risiko.

Im nächsten Schritt evaluierten die Forschenden die PB-MRD bei 108 Erkrankten mit detektierbaren CCPC. 43,9 % bzw. 33,3 % wiesen eine PB-MRD zum ersten bzw. zweiten Zeitpunkt auf. Eine nicht nachweisbare PB-MRD ging dabei – egal zu welchem Zeitpunkt – mit einem verbesserten EFS und OS einher. Auch hier erwiesen sich eine messbare PB-MRD 1 & 2 als unabhängige prognostische Faktoren. Zudem war ein negativer PB-MRD-Status zu beiden Zeitpunkten ein starker Indikator für eine bessere klinische Prognose.

Die Schlussfolgerung des Referenten: CCPC und PB-MRD sind womöglich bessere Biomarker als die bisher für das Myleom üblichen verwendeten Parameter. Das Monitoring von CCPC könnte die Notwendigkeit der Bestimmung einer Knochenmark-MRD bei rund einem Drittel der Betroffenen verringern.

Quellen:
1. Belotti A et al. 64th ASH Annual Meeting; Abstract 471
2. Tembhare P et al. 64th ASH Annual Meeting; Abstract 469

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Aktuelle Studiendaten deuten darauf hin, dass Biomarker wie zirkulierende klonale Plasmazellen und die MRD im peripheren Blut womöglich bessere Biomarker sind als die bisher für das Myelom üblichen.
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